In der Straße Lange Äcker ist es eng, Fahrzeuge kommen kaum oder gar nicht aneinander vorbei. Sie soll als Zufahrt zum neuen Wohngebiet dienen Foto: Ulrike Rapp-Hirrlinger - Ulrike Rapp-Hirrlinger

Eine Initiative verstärkt in Denkendorf den Widerstand gegen das geplante Baugebiet „Wasserreute“. Sie hat ein Bürgerbegehren gestartet.

DenkendorfEtwa 400 Unterschriften hatte eine Initiative gegen das geplante Wohngebiet „Wasserreute“ gesammelt und an Bürgermeister Ralf Barth übergeben. „Wir fühlen uns von der Gemeinde nicht gehört“, sagt Judith Skrtic. Die Initiative richtet sich gegen die Versiegelung von Ackerland, zudem befürchten Anwohner eine wesentlich höhere Verkehrsbelastung. „Weder vom Gemeinderat noch von der Verwaltung kam irgendeine Reaktion“, sagt Jakob Henzler, der gemeinsam mit Skrtic und weiteren Mitstreitern ein Bürgerbegehren initiiert hat.

Die Mehrheit des Gemeinderats stimmte ungeachtet des Bürgerprotests dafür, einen Bebauungsplan für das Gebiet aufzustellen. „Sind Sie dafür, dass der Aufstellungsbeschluss für das geplante Wohngebiet ‚Wasserreute‘ aufgehoben wird?“, werden die Bürger im Bürgerbegehren nun gefragt.

Die Pläne der Gemeinde sehen vor, dass nördlich des Wohngebiets Lange Äcker auf knapp 2,5 Hektar rund 160 Wohnungen entstehen. Damit gingen wertvolle Ackerflächen verloren, beklagt Jakob Henzler, dessen Familie einen Biolandhof in Denkendorf betreibt und auf Pachtflächen angewiesen ist. Ein Hektar würde Henzlers durch das Neubaugebiet verloren gehen. Der Student plant, den Hof einmal zu übernehmen, und sieht sich in seiner Existenz bedroht. Er will jedoch nicht nur die eigenen Interessen im Blick haben, sondern ganz allgemein gegen die Versiegelung landwirtschaftlicher Flächen kämpfen. „Deutschland kann heute schon seine Bevölkerung nicht mehr durch seine Landwirtschaft ernähren. Da können wir uns eine weitere Flächenversiegelung nicht leisten.“

Erschlossen würde das neue Wohngebiets über die Straßen Lange Äcker und Wasserreute. Schon jetzt seien sie viel befahren und zugeparkt. In der „Wasserreute“ werde beidseitig und teilweise sogar auf dem Gehweg geparkt, berichtet Anwohnerin Judith Skrtic. Zudem gebe es kaum Parklücken, um dem Gegenverkehr auszuweichen, was dazu führe, dass über den Gehweg gefahren werde. Auch die Zufahrt der Feuerwehr sei zeitweise durch die parkendenden Autos nicht gewährleistet. Es sei deshalb grob fahrlässig, weiteren Verkehr zu schaffen, sagt Skrtic. Zwar habe die Gemeinde versprochen, ein Verkehrskonzept zu entwickeln, „doch das heißt nicht, dass es eine andere Lösung für die Verkehrserschließung geben wird“, befürchten sie und weitere Anwohner, die sich für das Bürgerbegehren engagieren.

Sieben Prozent der wahlberechtigten Denkendorfer müssen sie für ihr Anliegen gewinnen, damit das Bürgerbegehren Erfolg hat. Die 605 Unterschriften werden sie gut zusammenbringen, sind sich Henzler und Skric einig. Haben sie doch innerhalb von rund einer Woche damals die 400 Unterstützer hinter sich geschart. Sie haben bis zum 17. Januar 2020 Zeit, die nötigen Unterschriften zu sammeln. Wer unterschreibt, muss mindestens 16 Jahre alt sein, seinen Hauptwohnsitz in Denkendorf haben und die Staatsbürgerschaft Deutschlands oder eines anderen Landes der Europäischen Union besitzen.

„Wir möchten 1000 Unterschriften sammeln, um auf der sicheren Seite zu sein“, sagt Skrtic. Denn sie rechnen damit, dass Fehler passieren. Die Namen auf den Listen werden dann im Rathaus mit dem Einwohnerverzeichnis verglichen. Die größere Hürde wäre der Bürgerentscheid, der auf ein erfolgreiches Bürgerbegehren folgen würde, sind sich Skrtic und Henzler einig. 20 Prozent der Wahlberechtigten oder 1728 Bürgerinnen und Bürger müssen sich für ihr Anliegen aussprechen. Den Bürgerentscheid würde die Gemeinde organisieren, er müsste spätestens am 17. Juli 2020 stattfinden. Derzeit bekämen sie viel Zuspruch für ihr Engagement, sagen die beiden Initiatoren. Ursprünglich hatten sich neun Engagierte zusammengefunden, um von Haus zu Haus zu gehen und Unterschriften zu sammeln. „Das wurde rasch zum Selbstläufer und immer mehr Leute beteiligen sich nun am Unterschriftensammeln“, berichtet Henzler. Außerdem liegen die Listen in der Klosterapotheke, in der Metzgerei Mezger und im Hofladen Henzler aus.

Auch wenn ihr Anliegen den Plänen der Gemeinde zuwiderläuft, ist der Initiative ein gutes Verhältnis zur Kommune wichtig. Deshalb haben sie im Vorfeld den Bürgermeister über ihr Vorhaben informiert. „Wir suchen den guten Kontakt mit dem Rathaus, ein Streit bringt nichts“, sagt Henzler. „Egal wie es ausgeht, wir wollen uns nachher noch in die Augen blicken können“, ergänzt Skrtic.

Alternativen zur bisherigen Planung hätten sie durchaus gesehen. So werde das Grundstück des Bauhofs frei, sobald dieser ins geplante Gewerbegebiet „Nördlich Albstraße“ umsiedelt. Das Areal habe in etwa die gleiche Fläche des gemeindeeigenen Grundstücks, das in der „Wasserreute“ bebaut werden soll, und könnte für Wohnungsbau genutzt werden, meint Skrtic. Henzler hätte sich gewünscht, dass entlang der noch unbebauten Seite der Uhlandstraße und der Straße Lange Äcker nur eine Häuserreihe entsteht statt das ganze Quartier zum Baugebiet zu machen. „Doch jetzt gibt es keine Kompromisslösungen mehr. Da hätte man sich im Vorfeld einigen müssen“, sagt Henzler. Er und Skrtic befürchten außerdem, dass das Gebiet „Wasserreute“ später erweitert wird.

Wohngebiet „Wasserreute“

Das geplante Neubaugebiet „Wasserreute“ liegt nördlich des Wohngebiets „Lange Äcker“. Der westliche Bereich mit knapp 1,6 Hektar Fläche befindet sich in Privateigentum. Hier sollen etwa 110 Wohneinheiten in Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern sowie etwa 80 Geschosswohnungen entstehen. Im Osten schließt sich am Rand des Wohngebietes Lange Äcker ein Grünstreifen an, in dessen Fortsetzung etwa 50 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern gebaut werden sollen. Diese beiden Grundstücke sind im Eigentum der Gemeinde. Dort ist geförderter oder sozialer Wohnungsbau vorgesehen.