Alles hat ein Ende, selbst die Wurst: Sabine und Andreas Heinzelmann schließen ihre Metzgerei am 24. Februar. Foto: Kaier Quelle: Unbekannt

Von Miriam Steinrücken

Schinkenwurst, Leberkäse, Hühnerschlegel: Die Theke der Metzgerei Heinzelmann in Plochingen ist prall gefüllt. Doch Inhaber Andreas Heinzelmann steht meist allein im Laden. Kunden kommen nur noch wenige. Darum wird das Traditionsgeschäft auf dem Stumpenhof nach rund 50 Jahren am 24. Februar schließen.

Der Laden war nicht immer so leer. Als Heinzelmanns Mutter die Metzgerei 1970 übernahm, kauften dort die Hausfrauen aus dem Viertel Schnitzel fürs Mittagessen, während ihre Männer beim Daimler in Untertürkheim Mercedes-Karosserien zusammenschraubten. „Damals standen so viele Leute vor dem Laden, dass wir Jungs auf dem Gehweg nicht Fahrrad fahren durften“, erinnert sich Heinzelmann heute.

Seine Kindheit verbrachte er im Geschäft, später absolvierte er eine Ausbildung zum Metzgermeister. Mittlerweile führt er den Laden selbst seit 25 Jahren. Das Fleisch bezieht er von einem Schlachthof in Göppingen und verarbeitet es anschließend selbst in einer kleinen Küche hinter dem Verkaufsraum. Vorne bedient Heinzelmanns Frau Sabine die Kunden.

Die Zukunftsperspektive fehlt

Der Handwerker nimmt morgens auf dem Weg zur Arbeit ein Leberkäsweckle mit. Die Mutter auf dem Sprung zum nächsten Termin besorgt ihren Kindern mittags schnell Maultaschen. Und die Oma kauft jeden Tag 100 Gramm Presswurst. „Ich kenne meine Kunden persönlich“, berichtet Sabine Heinzelmann stolz. „Viele kommen seit 15 Jahren her und erzählen mir ihre Lebensgeschichte.“

Doch es werden weniger. „Derzeit rentiert sich das Geschäft zwar noch“, räumt Andreas Heinzelmann ein. „Doch langfristig fehlt die Zukunftsperspektive.“ Obwohl die Stumpenhöfer auf dem Teckplatz alles bekommen könnten, was sie zum Leben brauchen: Bäckerei, Frisör und Schreibwarenladen säumen das Carré. Um die wenigen Besucher, die den Parkplatz in der Mitte überqueren, wetteifert die Kirche mit der Kneipe. Auf dem Spielplatz-Karussell drehen sich drei Kinder im Kreis. Sie wohnen in den eintönigen Reihenhäusern ringsum, die mit ihrem beigen Anstrich recht trostlos wirken.

„Zu den Nachbarn zählen viele Witwen“, sagt Sabine Heinzelmann. Die hätten früher zu ihren Stammkunden gehört; heute dagegen bestellten sie Essen auf Rädern. „Die jungen Leute, die herziehen, arbeiten auswärts und kaufen abends nach Dienstschluss auf dem Heimweg ein“, ergänzt ihr Ehemann. Da haben die kleinen Läden auf dem Teckplatz schon längst geschlossen. Im Supermarkt muss es dann schnell gehen: Einmal durch die Gänge düsen, Brot, Duschgel und Notizblock in den Wagen werfen, und schon ist der Einkauf erledigt. Dafür hätten die eiligen Kunden auf dem Teckplatz drei verschiedene Läden aufsuchen müssen.

Da verfangen auch Heinzelmanns Qualitätsversprechen Regionalität, Frische und Gesundheit nicht. Am Ende setzt sich der niedrigere Preis durch. Und den haben nun einmal Edeka in Baltmannsweiler, Aldi in Plochingen und Rewe in Deizisau. Die kleinen Familienbetriebe sind laut Heinzelmann angezählt. Sie würden nicht nur von Supermärkten verdrängt, sondern auch von großen Ladenketten. Der Gemüsehändler um die Ecke zum Beispiel hat vor drei Jahren geschlossen, das Sanitärgeschäft nebenan steht leer.

Am 24. Februar gibt nun auch das Ehepaar Heinzelmann sein Geschäft auf. Den Ausschlag gab das Stellenangebot einer Großmetzgerei. „Mit 52 Jahren kann ich beruflich noch mal neu anfangen“, erklärt Andreas Heinzelmann. „Als Selbständiger konnte ich es mir in den vergangenen 25 Jahren nicht leisten, krank zu werden. Um durchzuhalten, habe ich mir notfalls Paracetamol eingeschmissen“, berichtet der Unternehmer. „Ich habe nur für den Betrieb gelebt, neun Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.“ Doch damit soll nun Schluss sein: Zwar bleibt der Metzger der Branche treu - aber nicht mehr als Selbstständiger, sondern als Angestellter.