Dank der zahlreichen Imker sind Honigbienen vom Insektensterben weniger bedroht. Foto: Holzwarth - Holzwarth

Immer mehr Bienen sterben, weil Pestizide sie gefährden. Auch der Flächenverbrauch schränkt ihre Lebensräume ein. Zwar hat die Zahl der Imker deutlich zugenommen, sodass Honigbienen weniger vom Aussterben bedroht sind. Wildbienen und Hummeln aber sind stark gefährdet.

Kreis EsslingenBienen sind unverzichtbar. Gäbe es sie nicht mehr, würde rund ein Drittel des Nahrungsangebots wegfallen, sagt der Bienensachverständige des Bezirksimkervereins Nürtingen, Rainer Blubacher. Nicht nur als Bestäuber werden die fleißigen Insekten von vielen Pflanzenarten benötigt, die Bienen stehen auch am Beginn der Nahrungskette. „Wenn das erste Glied der Kette wegfällt, hat das Konsequenzen bis an deren Ende“, so Blubacher. Doch das Artensterben bei Insekten macht vor den Bienen nicht halt. Das gilt vor allem für die Wildbienenarten, es betrifft weniger die Honigbienen.

Bei Bienen denkt beinahe jeder an die Honigbiene. „Die sogenannte Westliche Honigbiene wird ausschließlich von Imkern gehalten“, erklärt Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim. Neben der Honigproduktion sind sie für die Bestäubung des Großteils der heimischen Nutz- und Wildpflanzen verantwortlich. „Dadurch zählt die Honigbiene zu den drei wichtigsten Nutztieren neben Rind und Schwein“, sagt Rosenkranz.

Daneben gibt es aber noch rund 580 Arten von Wildbienen, zu denen auch die Hummel gehört. „Diese Arten sind keineswegs weniger wichtig als die Honigbiene“, sagt Blubacher: „Viele Wildbienenarten sind Spezialisten für bestimmte Pflanzenarten, die nur durch diese bestäubt werden können und die sich ohne sie nicht mehr fortpflanzen könnten.“ Doch sie sind stark gefährdet, stellt Rosenkranz fest: „Allgemeine Zahlen zum Bienensterben gibt es nicht, da es hierbei auf die Region und die spezielle Wildbienenart ankommt. Pauschal kann man aber sagen, dass die Anzahl der stark gefährdeten Wildbienenarten zunimmt.“ Ein Dorn im Auge ist ihm, dass im Fokus des Bienensterbens meist die Honigbiene stehe. Dadurch werde versucht, bei einem breiten Publikum Emotionen zu wecken, da sterbende Honigbienen den Menschen näher gingen als Wildbienen, kritisiert er: „Jeder liebt Biene Maja, aber fast niemand interessiert sich für Hummeln.“

Unter anderem setzen Pestizide und die Varroa-Milbe den Wildbienen zu. Bei der Varroa-Milbe handelt es sich um einen Parasiten, der sich bevorzugt an den Bienenlarven festbeißt und diese aussaugt, erläutert Blubacher: „Dieser Schädling ist weltweit ein Problem und verbreitet sich seit den 70er-Jahren in Europa.“ Durch den Einsatz von organischen Säuren kämen die Imker bei den Honigbienen dem Problem aber relativ gut bei. Noch weitere Faktoren setzen den Bienen zu: „Die Bodenversiegelung durch zunehmende Bebauung von Grünflächen und Streuobstwiesen und die allgemeine Luftverschmutzung durch Industrie und Straßenverkehr sind nicht zu vernachlässigen“, sagt Rosenkranz. Auch die Honigbiene habe mit diesen Widrigkeiten zu kämpfen, stellt er klar: „Jedoch können die Schäden an den Bienenvölkern durch die Pflege der Imker und durch die Wahl eines geeigneten Standorts minimiert werden.“

Weltweites Umdenken ist nötig

Bei den Honigbienen steigt die Zahl der Völker sogar weiter stark an, da die Imkerei als Hobby voll im Trend liegt. In Baden-Württemberg stieg die Zahl der Imker in den vergangenen zehn Jahren von 16 000 auf über 24 000 an. „Dabei handelt es sich aber nicht nur um junge Menschen. Vom Teenie bis zum Rentner ist alles dabei“, berichtet Blubacher. Dass viele für die Imkerei schwärmen, erklärt er sich damit, dass die Berichterstattung über das Bienensterben ein neues Bewusstsein für die Bedeutung der Tiere geschaffen hat. Zudem wurde die Imkerei vereinfacht durch Magazinbauten, ein Steckkastensystem, in dem die Bienen gehalten werden. Das Hobby biete zudem den Anreiz, eigenen Honig zu ernten und auch zu verkaufen. Das sei „Natur pur“. Er betonte jedoch, dass es ein zeitintensives Hobby sei, in das man auch Geld investieren müsse und für das man zu Hause genügend Stauraum haben sollte.

Auch die Temperaturschwankungen stellen für die Bienen ein Problem dar. „Mit höheren Minusgraden kommen die Bienen ohne Weiteres klar“, sagt Blubacher: „Die gesamten Bienen eines Stocks formen eine Traube, deren Inneres durch die Bewegungswärme der Bienen auf konstant 20 Grad gehalten wird.“ Die äußeren Bienen rotieren, wenn sie auf zehn Grad abgekühlt sind, in das Innere der Traube, um sich aufzuwärmen.

Problematisch werde es nur, wenn auf eine wärmere Phase eine Kaltphase folge, wie es im Februar der Fall war, da die Bienen dann zu früh aktiv werden und sich vermehren. Der frische Nachwuchs benötige jedoch höhere Temperaturen, um zu überleben, weshalb die Bienen mehr fressen müssen, um sich warm zu halten. Deshalb könne es passieren, dass die Bienenvölker ihre Reserven zu schnell aufbrauchen und verhungern. Imker können dann zufüttern, Wildbienen sind den Witterungsbedingungen aber ausgesetzt.

Um die Wildbienen zu retten, reicht es nicht, ein paar Wildblumenwiesen anzupflanzen, meint Rosenkranz. Wenngleich er betont: „Jede blühende Pflanze ist besser als keine blühende Pflanze.“ Dann komme es aber auf drei Faktoren an: die Flächen müssten langfristig angelegt sein, es müssten große Flächen zur Verfügung gestellt werden und sie müssten optimal für die Insekten strukturiert werden. Notwendig seien ein weltweites Umdenken und entsprechender Umweltschutz. Bessere Lebensräume und eine Minimierung des Kohlendioxid-Ausstoßes dürften keine Zukunftsmusik bleiben, wenn man die Artenvielfalt erhalten wolle.