Mit Klampfe im Wohnzimmer: Rainer Arnold kehrt zurück zu seinen Wurzeln. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Nach seiner Zeit im Bundestag ist Rainer Arnold auf vielen Bühnen unterwegs – am liebsten als Musiker.

WolfschlugenLangeweile? Dieses Gefühl kennt Rainer Arnold gar nicht. „Ich mache eher ein bisschen zu viel als zu wenig.“ Gut anderthalb Jahre ist es her, dass der SPD-Mann die große politische Bühne verlassen hat. Keine Gefechte mehr mit der Verteidigungsministerin, keine TV-Interviews mehr, ganz weg vom hektischen Betrieb rund um den Bundestag. Arnold hat diese aufreibende Zeit hinter sich gelassen. Doch wirklich zur Ruhe gesetzt hat er sich nicht. Dazu ist der 69-Jährige einfach zu fit, zu neugierig und zu lebenshungrig. 60 bis 80 Stunden sei er während seiner Bundestagszeit pro Woche unterwegs gewesen, erzählt der Wolfschlugener zuhause im Wohnzimmer seines Reihenhauses. Und man spürt die Energie, die noch immer in ihm steckt. Klar, ein wenig ruhiger und gelassener sei er schon geworden, beschreibt er selbst den Unterschied zu früher. „Ich habe nicht mehr den Druck.“ Das genieße er: Tun, wonach ihm ist. Und da fällt einem Mann, der so viele Hobbys hat wie Rainer Arnold, viel ein.

19 Jahre lang nahm er die Aufgaben des Bundestagsabgeordneten für den Wahlkreis Nürtingen wahr. Mit großem Einsatz und Blick auf die Bedürfnisse der Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, wie es sich für einen guten Sozialdemokraten gehört.

In den Fokus der Öffentlichkeit gelangte der gelernte Fernmeldetechniker, als er für die SPD-Bundestagsfraktion das Amt des verteidigungspolitischen Sprechers übernahm. Da sah man ihn oft im Fernsehen als Kritiker des jeweiligen Verteidigungsministers. Für klare Worte war er bekannt. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Dass der gewählte Interimsvorstand seiner Partei nicht von sich aus einen schlüssigen Vorschlag gemacht hat, wer die Sozialdemokraten künftig führen soll, ärgert ihn. Ihm wäre Stefan Weil in der Rolle des Bundesvorsitzenden am liebsten. Denn der habe schon Wahlen gewonnen, sei „pfiffig im Auftreten“ und habe Autorität.

Die Parteiarbeit kann Arnold nicht lassen. Von seinem Sohn Jens, 34 Jahre alt und Mitglied des Wolfschlugener Gemeinderats, hat er das Amt des SPD-Ortsvereinsvorsitzenden übernommen. „Generationswechsel einmal anders herum“, sagt er und lacht. In der Lokalpolitik noch ein bisschen mitzumischen, reizt den 69-Jährigen. Vor ein paar Wochen hat er bei der Arbeitsgemeinschaft 60 plus, der größten innerhalb der SPD, den Landesvorsitz übernommen. Allerdings nicht, um dort nur Seniorenthemen zu diskutieren, wie Arnold betont. „Was für die Jungen gut ist, ist auch für uns Ältere gut.“ Gerne organisiert er für die Partei Kulturveranstaltungen, wo er zuweilen seine alten Beziehungen spielen lässt. Jüngst präsentierte er Kurt Beck als Überraschungsgast.

Auch außerhalb der Partei ist Arnold ehrenamtlich aktiv. Er gehört dem Kreisvorstand der Arbeiterwohlfahrt an. Und beim Kreisseniorenrat hat man ihn zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Immer wieder wird der Wolfschlugener für Vorträge angefragt. „Das mache ich sehr gerne“, sagt Arnold. Doch halte er sich dabei aus dem aktuellen politischen Tagesgeschäft heraus. Sein Thema ist allgemein die Sicherheits- und Außenpolitik. In Vorträgen wirbt er zudem für ein engagiertes Mitwirken an der Demokratie.

Die Parteiarbeit sei ein wichtiger Teil seines Lebens, sagt Arnold. Mit 22 Jahren ist er in die SPD eingetreten und hat dort „fast alles gemacht, außer Kassier“. Er habe dabei viel für das eigene Leben gelernt: „argumentieren, motivieren, andere überzeugen“. In der Welt herumzuvagabundieren, macht ihm großen Spaß. Gleich nach seiner letzten Legislaturperiode in der Bundeshauptstadt hat er sich zusammen mit seiner Frau ein Wohnmobil angeschafft. Seither sind sie viel in Europa herumgekommen: Holland, Belgien, Österreich, einmal rund um den italienischen Stiefel. Die Ziele gehen Arnolds nicht aus. Als nächste stehen Schottland und die iberische Halbinsel auf ihrer Wunschliste.

Eine zentrale Rolle in Arnolds Leben spielt seit eh und je die Musik. Mit seiner Gruppe „Acoustic Tree“ trat er vor kurzem bei der Bundesgartenschau in Heilbronn auf. „Handmade live music“, darauf steht der 69-Jährige, der sich auf der von ihm gestalteten Band-Homepage als „der Amateur im Trio“ beschreibt. Was natürlich tief gestapelt ist, denn Arnold tourte vor seiner Zeit im Bundestag schon zwei Jahrzehnte lang als Drummer der „Butterflies“ durch alle Tanzsäle der Region.

Bei einem Thema kann Rainer Arnold beides verbinden, Partei und Musik. Er hat ein Faible für Arbeiterlieder, die er nicht nur selbst spielt und singt, sondern auch erklärt – eben durch und durch Sozialdemokrat.