Milena lässt sich das Stück Wassermelone im Café Asyl schmecken. Foto: Dietrich - Dietrich

Mehr als zwei Jahre nach Eröffnung ist das Café Asyl in Altbach ein beliebter Treffpunkt. Flüchtlingskinder finden eine Oma zum Knuddeln, Alteingesessene Gesellschaft das Gefühl, gebraucht zu werden.

AltbachBrezeln? Ja, die mag die siebenjährige Sanarya aus dem Irak gerne, und die bekommt sie auch im monatlichen Café Asyl im Bürgerzentrum Altbach. Rote Wurst und Kartoffelsalat mag sie übrigens auch, aber die gibt es im Café Asyl natürlich nicht. Mit Maultaschen kann sie sich dagegen nicht anfreunden. Schon viel mehr mit Irma Huttenlocher, der Oma. Eine Großmutter zum Knuddeln ist Huttenlocher im Café Asyl für ganz viele Kinder. Wie alle im siebenköpfigen Café-Team – fünf Frauen, zwei Männer – ist sie seit Anbeginn dabei, das sind nun zwei Jahre und zwei Monate.

So einiges andere hat sich aber verändert in dieser Zeit. Musste Irma Huttenlocher anfangs die Kuchenspender noch zum Backen überreden, backen diese inzwischen von sich aus. Wurde am Anfang noch in Englisch und Arabisch übersetzt, ist das heute nicht mehr nötig. Anfangs war die Fluktuation groß. Da heute etwa die Hälfte der Besucher Stammgäste sind, gibt es bei der Ankunft ein freudiges Hallo: „Sie kommen her und kennen uns.“ Manche kommen später, weil sie eine Ausbildung begonnen oder eine Arbeitsstelle gefunden haben. Insgesamt sind jedes Mal etwa 40 bis 60 Besucher da. Sie kamen aus Syrien, dem Irak, Eritrea, Gambia oder Afghanistan nach Deutschland. Unter ihnen sind aber auch alte Altbacher. So wie die Seniorin, die einmal zum Schnuppern vorbeischaute und seitdem immer wieder kommt: „Die Namen behalte ich nicht alle, aber die Gesichter erkenne ich wieder. Es macht Spaß, die Kinder zu beobachten.“ Ob einer viel Geld hat oder wenig, spielt keine Rolle, wer kann, wirft etwas in den Spendenbär.

Zusammenarbeit Hand in Hand

Gesungen wird zwischendurch auch, diesmal ist es der Kanon „Froh zu sein bedarf es wenig.“ Die Atmosphäre ist entspannt wie bei einem Gemeindefest, es gibt Spielzeug, gerade basteln die Kinder an einem Extratisch eine Sommerdekoration aus Papier. Da es im Team einige Pädagogen gibt, ist die Betreuung natürlich professionell. Ein paar Kinder haben große Freude daran, mit einem Mitarbeiter quer durch den großen Raum Fangen zu spielen. Sie sind sich nicht ganz einig: Die Kinder wollen keine Pause, der Mitarbeiter schon: „Alter Mann kaputt.“ Aber ernsthafte Probleme oder Streit? So etwas gab es noch nie, sagt Annelie Seitz-Sorg. Sie muss es wissen, denn sie hat das Café Asyl erfunden, sprach mit dem schon zuvor aktiven AK Asyl und der Gemeinde und suchte nach Räumen. „Das Bürgerzentrum liegt sehr zentral.“ Unterstützung kam auch aus dem Gemeinderat, so stieß Monika Glück (UWV) zum Team.

Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde läuft prima. Wer durch die Anschlussunterbringung nach Altbach kommt, bekommt das Werbeblatt für das Café Asyl und hat eine erste Anlaufstelle gefunden. Ein gute Unterstützung gefunden hat das Mitarbeiterteam in Karolina Altenburger, seit eineinhalb Jahren Koordinatorin für ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit in Deizisau und Altbach. Nebenher spricht sie im Café Termine ab, hält die Fäden zusammen. „Man freut sich auf dieses Treffen, es ist ein Geben und Nehmen“, sagt sie. Sie weiß, wie gut es Älteren tut, etwas zu tun zu haben, gebraucht zu werden, mitten in der Einsamkeit einen festen Termin zu haben.

Kuchen auch zum Mitnehmen

Karolina Altenburger kam mit 15 Jahren aus Polen nach Deutschland. Im Café Asyl erzählt sie von ihrem ersten Schultag in Deutschland, den sie nie vergessen wird. In ihrer Heimat war es üblich, in der Schule extra Schuhe zu tragen: „Das ist aus Respekt vor den Leuten, die putzen.“ Also nahm sie ihre Schulschuhe mit und wurde beim Wechseln ausgelacht. Was die anderen Besucher wohl für vergleichbare Erfahrungen zu erzählen hätten? Manchmal muss man bei kulturellen und religiösen Unterschieden improvisieren. Wie vor Kurzem, als das Café Asyl in den Fastenmonat Ramadan fiel. Da bekamen die Muslime ihren Kuchen eingepackt und konnten sich nach Sonnenuntergang darüber freuen.

Beachtlich war, wie schnell nach zwei Stunden das Aufräumen ging, alle halfen zusammen. Einer der Flüchtlinge kannte sich ganz besonders aus: Er macht gerade eine Ausbildung zum Konditor.

Die nächsten Altbacher Termine sind am 19. Juli, 16. August und 20. September. In Deizisau gab es für einige Zeit kein Café Asyl, nun gibt es einen Neustart für ein monatliches Treffen, wie in Altbach donnerstags von 16 bis 18 Uhr. Der erste Deizisauer Termin ist am 5. Juli in der Zehntscheuer.