„Nah an den Menschen“ möchte er als Bürgermeister sein, sagt Lorenz Kruß. Hier vor dem alten Rathaus in Aichschieß. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Seit sieben Jahren ist Lorenz Kruß Bürgermeister in Aichtal. Aber der 53-Jährige möchte nach Aichwald wechseln, weil er dort bessere Verhältnisse vorfindet.

AichwaldRuhig und gelassen, so präsentiert sich Lorenz Kruß, ob auf dem EZ-Podium bei der Kandidatenvorstellung in der Schurwaldhalle oder im persönlichen Gespräch auf der Straße. Er weiß, was es heißt, Bürgermeister zu sein. Seit 2012 hat er diese Rolle in Aichtal inne. Er kennt das kommunalpolitische Geschäft, nicht nur als Rathauschef, sondern auch als langjähriger Kämmerer an gleicher Wirkungsstätte. Seine Kompetenzen macht dem 53-Jährigen niemand streitig. Dass er sich nun von Aichtal mit seinen 10 000 Einwohnern wegbewerben und im deutlich kleineren Aichwald (7600 Einwohner) als Bürgermeister anheuern will, macht ihn aber streitbar. Denn es ist ein ungewöhnlicher Karriereschritt. Immer wieder wird er auf seine Wechselabsichten angesprochen. Und immer wieder muss er die Gründe für sein ungewöhnliches Vorhaben erklären.

Nein, es sei keine Flucht und schon gar nicht ein Scheitern. „Ich kann nicht schlecht schwätzen über Aichtal und ich werde es auch nicht nun“, betont Kruß. „Ich hatte dort bisher eine unheimlich schöne Zeit.“ Zu Beginn seiner Kandidatur für die Schurwaldgemeinde hatte sich das noch anders angehört. Von einem Klima des Misstrauens im Aichtaler Gemeinderat hatte er damals gesprochen. Und dass es zwischen den Stadtteilen Aich, Grötzingen und Neuenhaus oft ein Konkurrenzdenken gebe, das nicht nur die Stadtentwicklung bremse, sondern auch ihm die Arbeit als Bürgermeister schwer mache. In Aichtal sind diese Aussagen bei vielen Bürgern nicht gut angekommen. Auch in Aichwald muss sich der 53-Jährige bei jeder Gelegenheit rechtfertigen: Ob es nicht auch an ihm liege, dass es immer wieder Zerwürfnisse im Gemeinderat gibt? Ob er meine, dass die Amtsgeschäfte in Aichwald wirklich besser und leichter liefen? Auch dort gebe es selbstbewusste Ortsteile mit Eigeninteressen und kritischen Bürgern.

Lorenz Kruß wird nicht müde, seine Wechselambitionen in ein positiveres Bild zu rücken. Die besseren Verhältnisse in Aichwald reizten ihn, „die bessere Ausgangslage“, wie er sagt. Dass Verwaltung und Gemeinderat an einem Strang zögen. Dass die Finanzlage entspannter sei und man damit zukunftsorientierter und nachhaltiger agieren könne. Dass unter den Vorgänger-Bürgermeistern Richard Hohler und Nicolas Fink „Großartiges geschaffen“ worden sei, auf das er mit seiner Kompetenz und Erfahrung aufbauen könne. „In Aichwald funktioniert einfach alles“, sagt Kruß. Das imponiere ihm. Außerdem reize ihn die Schurwaldgemeinde, weil er eine gewisse Harmonie um sich herum brauche.

„Nah an den Menschen“ wolle er sein, verspricht er im Wahlkampf. Zusammen mit ihnen möchte er, wenn er zum Bürgermeister gewählt wird, an einer „nachhaltigen Zukunft von Aichwald“ arbeiten. Kruß schwebt ein Gemeindeentwicklungsplan für die nächsten zehn bis 15 Jahre vor. „Ich bin einer, der gerne mal weiter denkt“, sagt er von sich. Bürgerworkshops könne er sich vorstellen, „in denen man auch mal phantasieren kann“. Wichtig sei, dabei „so viele Leute wie möglich mitzunehmen“. Die Senioren und gehandikapten Menschen mit ihren speziellen Bedürfnissen sollten in diesen gemeinsamen Entwicklungsprozess genauso eingebunden werden wie Jugendliche. Gerade ihnen, den Jungen, möchte er ein Heimatgefühl geben, so dass sie immer wieder gerne in den Ort zurückkehren. Für ältere Menschen müsse man Rahmenbedingungen schaffen, dass sie so lange wie möglich in ihren gewohnten Umfeld leben können. Vor allem das Thema Kurzzeitpflege ist ihm wichtig. Auf diesem Gebiet müsse in den nächsten Jahren erheblich nachgebessert werden. Außerdem stellt er sich die Entwicklung eines Altenhilfeplans vor. Kruß sieht sich bei all diesen Themen als Ideensammler, Mediator und Impulsgeber. Vor allem sieht er sich als sozialen Menschen. „Das Miteinander ist mir wichtig.“

Ein zentrales Anliegen ist ihm die Unterstützung der Vereine. Nicht nur, weil sie der Kitt für die Gesellschaft seien, sondern weil gerade junge Leute in den Vereinen viel fürs Leben lernen könnten. Einsetzen möchte sich Kruß für bezahlbaren Wohnraum. „Es darf keiner hinten runterfallen.“ Weitere Ziele sind die bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Kindertageseinrichtungen und die Stärkung der Schulstandorte in Schanbach, Aichschieß und Aichelberg.

Beim öffentlichen Nahverkehr habe es zum Jahreswechsel deutliche Verbesserungen gegeben, weiß Kruß, doch dürfe man sich darauf nicht ausruhen. Genauso möchte er sich als Bürgermeister für die Förderung der Elektromobilität und den Ausbau des Radwegenetzes einsetzen.

Im Wahlkampf werde er immer wieder auf seine Zugehörigkeit zu den Freien Wählern angesprochen. „Für sie bin ich im Kreistag“, betont Kruß. „Aber ich bin absolut parteilos und bleibe es auch.“

In der gleichen Reihenfolge wie auf dem offiziellen Stimmzettel für die Wahl am 17. März stellt die EZ in einer Serie die sieben Kandidaten für das Bürgermeisteramt in Aichwald vor.

Noch mehr Infos zur Bürgermeisterwahl in Aichwald

Die Kandidaten im Überblick