Ein gefährliches Eck in Kemnat: Vor allem Kinder kommen hier nicht sicher über die Franziskastraße. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Warum kann die Stadt einmal gemachte Fehler nicht einfach korrigieren?“ Christian Sichel ist frustriert. Seit Jahren kämpft er für mehr Verkehrssicherheit im Kemnater Baugebiet Grund.

OstfildernWarum kann die Stadt einmal gemachte Fehler nicht einfach korrigieren?“ Christian Sichel ist frustriert. Seit Jahren kämpft er zusammen mit anderen Eltern für mehr Verkehrssicherheit im Kemnater Baugebiet Grund. Selbst den Bürgerbeauftragten des Landes Baden-Württemberg hat er bereits eingeschaltet.

Vor allem die Kinder seien auf den Straßen der Neubausiedlung wegen städtischer Fehlplanungen vielen Gefahren ausgesetzt, kritisiert der dreifache Familienvater. Was Sichel und seine Mitstreiter aus der Nachbarschaft besonders ärgert, ist die Ohnmacht gegenüber den Verantwortlichen in der Stadt: Alle von den Eltern gestarteten Initiativen, die Situation zu entschärfen, seien abgeblockt worden. „Da bewegt sich gar nichts. Die Stadt stellt sich stur. Und die Leute werden für blöd verkauft.“ Als größten Gefahrenpunkt sehen die Eltern die Einmündung Heumadener/Franziskastraße. Dort müsse dringend etwas getan werden, um den Kindern ein sicheres Überqueren der Straße zu ermöglichen.

Im Technischen Rathaus wehrt man sich gegen den Vorwurf der Untätigkeit. Man habe schon einiges getan, um die Kreuzung übersichtlicher zu machen, erklärt Baubürgermeisterin Monika Bader. „Und im Laufe des Oktober“ werde es weitere Verbesserungen geben. Ja, die Verkehrslösung an der Ecke sei „nicht glücklich“, räumt sie ein. Das liege auch daran, dass die Stadt keine Möglichkeit habe, dort Grund zu erwerben, mit dem sich die bauliche Situation verbessern ließe.

Die Franziskastraße bei der Einmündung in die Heumadener Straße als Fußgänger zu überqueren, ist derzeit nicht gefahrlos möglich. Vor allem, wenn man ortseinwärts unterwegs ist. Denn dort, wo der Gehweg aufhört, kann man wegen einer steinernen Brüstung nicht auf Anhieb erkennen, ob gerade ein Fahrzeug aus der Franziskastraße kommt. Kindern ist wegen ihrer Größe die Sicht noch mehr versperrt als Erwachsenen. Fast jeden Tag seien an der Ecke gefährliche Situationen zu beobachten, berichtet Sichel. Vergangenen Juni sei es dort schon zu einem Unfall gekommen. Ein Zehnjähriger war nach einer Kollision mit einem Auto vom Fahrrad gestürzt. Sein Vater Matthias Huhnke ist froh, dass ihm nichts wirklich Schlimmes passiert ist. Zum Glück hatte der Junge nur eine Schürfwunde. „Das ist ein total blödes Eck“, kritisiert er. „Auch wenn man als Autofahrer langsam rausfährt, ist es gefährlich, weil man Fußgänger nicht sieht.“

Dass die Stadt vor nicht allzu langer Zeit erst den Kurvenradius auf der anderen Seite der Einmündung vergrößert hat, sehen die Eltern als Verschlechterung. Denn dadurch habe man den Querungsweg verlängert – und die Gefahren erhöht.

Das sieht man im Ostfilderner Rathaus nicht so. „Mit dem weiteren Kurvenradius ist die Einmündung für Autofahrer übersichtlicher geworden“, erklärt die für den Straßenverkehr zuständige Fachbereichsleiterin Stephanie Wunderle. Die vor kurzem aufgestellte Barke stellt nach Ansicht der Eltern eine zusätzliche Gefahr dar. Sichel: „Die Kinder verschwinden dahinter und werden von den Autofahrern noch schlechter gesehen.“ Auch dem widerspricht Fachbereichsleiterin Wunderle: Mit der Barke zwinge man die Autofahrer, ihr Tempo zu verlangsamen. Für die Kinder stelle sie einen Schutz dar, dem sie sich nähern könnten.

Eine wirkliche Verbesserung brächte nach Meinung der Eltern beispielsweise ein schmaler Bürgersteig auf der Nordseite der Franziskastraße. Damit würde man die Straße verengen. Und die Autofahrer würden die Fußgänger besser sehen. Deutlich entschärfen ließe sich das Gefahrenpotenzial aber auch, wenn man die Franziskastraße zu einer Einbahnstraße machen wurde. Als dritte für sie denkbare Variante nennen die Eltern die Umgestaltung in eine Spielstraße.

Letztere Lösung scheide aus, weil es sich bei der Franziskastraße um eine Erschließungsstraße handle, so Stephanie Wunderle. „Deswegen kann sie niemals Aufenthaltsfunktion haben, was für einen verkehrsberuhigten Bereich notwendig ist.“ Den Eltern sei man entgegen gekommen, weil man schon vor dem Ende der Bautätigkeit in den Nebenstraßen verkehrsberuhigte Bereiche ausgewiesen habe. Auch der andere Vorschlag, einen zweiten Gehweg zu bauen, sei nicht realisierbar, erklärt Baubürgermeisterin Bader. Dafür sei der Straßenraum einfach zu schmal. Ebenfalls nicht möglich sei es, eine Ampel in der Heumadener Straße zu versetzen. Denn an vielen Grundstücken müsse man Zufahrten freihalten. Bader: „Das scheitert schon an den Eigentumsverhältnissen.“

Die aufgezeigten Verbesserungen seien „das, was wir als Stadt machen können“, betont Fachbereichsleiterin Wunderle. Für die Verkehrssicherheit müssten vor allem die Anlieger mit angepasster Geschwindigkeit sorgen. Sie wüssten am besten um die Gefahrenstellen. Klar sei auch, dass sich zum allergrößten Teil Anlieger aus dem Baugebiet Grund in der Franziskastraße mit ihren Fahrzeugen bewegen. Auch in Sachen sicherer Schulweg komme die Stadt ihren Verpflichtungen nach. „Ein sicherer Schulweg muss nicht der kürzeste sein“, erklärt sie. „Wir müssen nur sichere Übergänge gewährleisten. Und das tun wir.“ Wunderle rät den Eltern, mit ihren Kindern den Schulweg zu erlaufen und gemeinsam zu schauen, wo sich die Kinder am sichersten bewegen.

Zufriedenstellend sind die Antworten für die Eltern nicht. Auch auf die Hilfe des Bürgerbeauftragten des Landes können sie nicht hoffen. Denn der sei bei Gemeindestraßen nicht zuständig, ließ er über seinen Büroleiter mitteilen. Das sei eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung.