So glänzend wie auf dem gestellten Bild läuft der Wechsel vom Senior- zum Juniorchef nicht immer ab. Foto: pict rider/stock.adobe - pict rider/stock.adobe

Der Führungs- und Besitzerwechsel in Unternehmen ist oft eine komplizierte Angelegenheit. Im Kreis Esslingen stehen in den kommenden Jahren 20 Prozent aller Betriebe vor einer Übergabe.

Kreis Esslingen Wer für sein Unternehmen einen Nachfolger sucht, sollte rechtzeitig mit den Vorbereitungen starten. Unterstützung bei der Frage, was es dabei zu beachten gilt, bekommen Unternehmer beim 2014 gegründeten Bündnis Unternehmensnachfolge. Auch all jene, die sich dazu entschlossen haben, ein Unternehmen zu übernehmen, sind hier richtig.

Zu den mittlerweile 18 Bündnispartnern gehören die IHK und die Handwerkskammer Region Stuttgart, die Kreishandwerkerschaft, der Landkreis Esslingen, verschiedene Banken, die großen Kreisstädte Esslingen, Filderstadt, Kirchheim, Leinfelden-Echterdingen, Nürtingen und Ostfildern sowie die Städte Plochingen und Wendlingen inklusive der jeweiligen Wirtschaftsförderer. Zum gemeinsamen Angebot gehören eine Orientierungsberatung vor Ort, die Vorbereitung auf Bankgespräche, die Beratung zu Finanzierung und Fördermitteln, die Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger, verschiedene Veranstaltungen und Infomaterialien sowie bei Bedarf die Vermittlung an weitere Fach- und Finanzierungsspezialisten. Die Beratungen bietet das Bündnis kostenlos an. Die Nachfrage ist groß.

Fachkräftemangel in der Region

„Ein Problem ist der Fachkräftemangel in der Region. Es gibt zu wenig qualifizierte Personen am Markt, die einen Betrieb kaufen. Eine familieninterne Übergabe ist nach wie vor die Wunschlösung, doch auch hier sinken die Zahlen jener, bei denen das tatsächlich funktioniert hat. Es fehlen immer mehr die Selbstständigen. Viele wagen diesen Schritt nicht mehr“, weiß Michael Kuschmann, der bei der IHK Esslingen-Nürtingen für das Thema verantwortlich ist und zudem die Angebote der Bündnispartner koordiniert.

Probleme bei der Nachfolgersuche gebe es branchenübergreifend sowohl im Handwerk als auch bei den mittelständischen IHK-Betrieben. „Zur Beratung kommen im Schnitt Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl bis etwa 50“, so Kuschmann. Viele starten zu spät damit, sich mit einer Übergabe auseinanderzusetzen: „Man muss immer bedenken, dass man dafür bis zu fünf Jahre einkalkulieren sollte. Sprich, Mitte oder Ende 50 sollte man sich schon Gedanken um die Nachfolge machen – zumal es manchmal, beispielsweise aufgrund von Krankheit, unerwartet schnell gehen muss“, weiß Kreiswirtschaftsförderer Markus Grupp. Ganz wichtig sei es, dass die Betriebe stets innovativ und am Puls der Zeit bleiben, damit sie gut aufgestellt und für potenzielle Nachfolger attraktiv sind, wenn die Übergabe aktuell wird, betont Grupp. Das fange bereits bei der Ausbildung an. Zudem gehe es um aktuelle Themen wie die Digitalisierung. „Es darf zu keinem Sanierungsstau kommen.“

Thema "Nachfolge" ist elementar

„In den kommenden Jahren stehen im Landkreis Esslingen etwa 20 Prozent der Betriebe zur Übergabe an, also etwa 1000 Unternehmen“, sagt Jens Schmitt, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Esslingen-Nürtingen. Im Handwerk seien gut 70 Prozent der Betriebe eigentümergeführt. „Einer Studie der IHK zufolge stehen in der Region Stuttgart jährlich über 3000 Unternehmen vor der Übergabe. Bei der Nachfolgesuche konkurrieren diese mit vielen attraktiven, gut bezahlten Arbeitsplätzen in der Region“, ergänzt Michael Kuschmann.

Das Thema Nachfolge ist elementar, sagt Jens Schmitt: „Wir brauchen auch in Zukunft Unternehmer, Innovatoren und Arbeitgeber, all das vereint ein Nachfolger. Eine Unternehmensnachfolge muss attraktiver werden, etwa mit der Förderung des Unternehmertums in Form einer Meisterprämie. Zur Diskussion stehen hier 1000 bis 1500 Euro für all jene, die ihren Meisterabschluss machen und so später einen Betrieb übernehmen können.“ Gibt es familienintern keinen, könnte es auch in der Belegschaft geeignete Kandidaten geben oder eben extern. „Grundsätzlich gilt: rechtzeitig die Antennen ausfahren“, betont Schmitt. In der Region seien es derzeit etwa 40 Prozent familieninterne Übergaben, 60 Prozent der Firmen werden von externen Nachfolgern übernommen. Einmal jährlich bietet das Bündnis Unternehmensnachfolge eine Infoveranstaltung im Landratsamt an, die laut Jens Schmitt immer gut besucht ist.

www.nachfolgen-es.de

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rät Unternehmern für die Übergabe zu folgendem Zeitplan:

Etwa zehn Jahre vor der geplanten Übergabe starten, die Firma für die Nachfolge zu rüsten. Dazu gehören auch Investitionen in den Betrieb.

Spätestens drei Jahre vorher sollte mit der Suche nach einem Nachfolger begonnen werden. Unterstützung gibt es zum Beispiel bei der IHK oder der Unternehmensbörse www.nexxt-change.de.

Etwa ein Jahr bevor sich der Unternehmer zurückzieht beginnt der Übergabeprozess. Jetzt gilt es, alle Details festzulegen und vertraglich festzuhalten. Auch die Finanzierung muss stehen. Ab dem Tag der Übergabe trägt der Nachfolger die alleinige Verantwortung.

Für eine ungeplant notwendige Übergabe, etwa wegen Krankheit oder im

Todesfall, sollte jeder Unternehmer alle wichtigen Unterlagen und Vollmachten

zusammengestellt haben, die zur Fortführung des Betriebs relevant sind.