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Die Bürger im Kreis Esslingen wählen am Sonntag auch das Regionalparlament. Dieses Gremium entscheidet zum Beispiel über den S-Bahn-Verkehr im Raum Stuttgart.

Kreis EsslingenDie Bürger in der Region Stuttgart dürfen am 26. Mai ein Kreuz mehr machen als der Rest des Landes. Denn für die fünf Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg, Rems-Murr und die Landeshauptstadt gibt es seit 25 Jahren das einzige direkt gewählte „Regionalparlament“ in Baden-Württemberg. 1994 wurde der Verband Region Stuttgart (VRS) gegründet, um die Zusammenarbeit in der Region zu verbessern, insbesondere in der Verkehrs- und Bauflächenplanung sowie der Wirtschaftsförderung.

628 Kandidatinnen und Kandidaten bewerben sich um die 80 Sitze in der Regionalversammlung, der Landkreis Esslingen schickt 16 Vertreter in diese Runde. Die bereits vertretenen Parteien und Wählervereinigungen CDU, SPD, Grüne, Freie Wähler, FDP, Die Linke, AfD, ÖDP und Piraten treten wieder an. Darüber hinaus haben die Tierschutzpartei in Stuttgart und die Freie Regionale im Rems-Murr-Kreis Kandidaten aufgestellt.

Die Region stellt die Weichen beim öffentlichen Nahverkehr. Die Bürger und Bürger konnten das am 1. April feststellen: Die Tarife für die S-Bahn sind günstiger und übersichtlicher geworden. Diese Reform im Verkehrs- und Tarifverbund VVS beschloss das Regionalparlament, weil der Regionalverband der größte Anteilseigner des VVS ist. Der Verband bestellt den S-Bahn-Verkehr bei der DB Regio AG und kümmert sich um die Finanzierung. Die fünf Kreistage und der Stuttgarter Gemeinderat müssen zustimmen, denn sie füllen per Umlage die Kasse des VRS. Da muss in den nächsten Jahre viel fließen, denn die Region will die Leittechnik ETCS für 600 Millionen Euro einführen und 58 zusätzliche S-Bahnzüge bestellen.

Plan für Verlängerung der S-Bahn nach Neuhausen fast fertig

Für den Kreis Esslingen spielen zwei Projekte eine große Rolle. Die Verlängerung der S-Bahn von Bernhausen nach Neuhausen ist fast fertig geplant, auch die Finanzierung steht, aber der Baubeginn wird ständig verschoben: Im Herbst soll die Erörterungsverhandlung stattfinden, eine wichtige Station im Genehmigungsverfahren. Mitte 2023 soll dann die erste S-Bahn fahren. Bislang nur ein Wunsch ist die Schienenstrecke von den Fildern bis ins Neckartal. Alle bekunden ihr großes Interesse. Nächster Schritt ist die genauere Untersuchung der Trassenvarianten.

Während das Regionalparlament einmütig für eine Schiene ins Neckartal ist, gerät man sich beim Straßenbau stets in die Haare. CDU, Freie Wähler und FDP wollen nach wie vor eine Filderauffahrt von Wangen bis Möhringen. Den flächendeckenden Glasfaserausbau steuert die Region ebenfalls. Der Verband hat einen Vertrag mit der Telekom abgeschlossen, damit die ganze Region ihr Gewicht in die Waagschale werfen konnte. Bisher haben 173 Städte und Gemeinden entsprechende Beschlüsse gefasst und sind den fünf Breitband-Zweckverbänden der Landkreise beigetreten. Der Esslinger OB Jürgen Zieger (SPD) äußerte sich im Regionalparlament distanziert zu diesem Weg: „Die meisten großen Kreisstädte und die SPD-Fraktion sind mit der Faust in der Tasche der Kooperation beigetreten.“ Die Kommunen müssten nun das Markt- und Politikversagen der Vergangenheit bezahlen. Für Andreas Hesky (Freie Wähler), OB in Waiblingen, ist die Kooperation mit der Telekom ein sinnvoller Rahmen, „der mit Inhalt und Leben gefüllt werden muss“. Am 24. Mai soll der Vertrag zwischen der Telekom und der Gigabit Region Stuttgart GmbH symbolisch unterzeichnet werden.

In der Vergangenheit hat die Verband Region Stuttgart immer wieder als übergeordnete Planungsebene eingegriffen: Grünzüge schützen, Neubaugebiete vorrangig entlang von Siedlungsachsen anlegen, also möglichst mit Schienenanschluss. Zum Schutz der Ortskerne bremste der VRS öfters Pläne für Einzelhandel auf der „grünen Wiese“ aus.

Zwei Millionen Menschen können wählen

Aktuell hat der Kreis Esslingen sechs CDU-Vertreter im Regionalparlament. Fraktionschef Roland Klenk, OB in Leinfelden-Echterdingen zieht sich aus der Region zurück. Die CDU-Liste wird nun von Tim Hauser aus Esslingen angeführt. Bei der SPD, derzeit mit drei Köpfen vertreten, führt erneut OB Zieger die Liste an. Bei den Freien Wählern, bisher ebenfalls drei Vertreter, steht der Plochinger Bürgermeister Frank Buß auf Rang 1, gefolgt von Esslingens Erstem Bürgermeister Wilfried Wallbrecht. Die Grünen haben zwei Regionalräte. Ingrid Grischtschenko aus Leinfelden-Echterdingen führt die Liste wieder an. Die Kreis-FDP wird bislang von einem Sindelfinger Regionalrat vertreten. Auf der Liste steht Rena Farquhar aus Esslingen oben. Die Linke schickt erneut den Nürtinger Regionalrat Peter Rauscher auf Platz 1 ins Rennen. Regionalrat Ingo Mörl aus Leinfelden-Echterdingen will den Sitz der Piraten halten. Die AfD, bisher nicht vertreten, setzte Vera Kosova aus Leinfelden-Echterdingen auf Platz 1. Mathias Rady aus Ostfildern steht bei der ÖDP vorne. Die REP, bislang ein Sitz, tritt nicht an.

Zur Regionalwahl sind etwa zwei Millionen Menschen aufgerufen. Wahlberechtigt sind deutsche Staatsbürger ab 16 Jahren mit Wohnsitz in der Region, im Gegensatz zu den Kommunalwahlen keine EU-Bürger. Jeder Wähler hat eine Stimme (Listenwahl).