Niemand will nach der Arbeit zuhause rumsitzen müssen. Für mehr Teilhabe auch für Behinderte setzt sich deswegen das Projektteam „Inklusives Plochingen“ ein. Foto: Zimmermann Quelle: Unbekannt

Allein die Arbeit macht auch sie nicht glücklich: Das haben Menschen mit Behinderung aus Plochingen am Mittwochabend beim Auftakt des Projekts „Inklusives Plochingen“ deutlich gemacht. Die Werkstätten Esslingen Kirchheim (WEK) fragen nach ihren Wünschen und laden die Mitbürger ein, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um sie umzusetzen.

Von Greta Gramberg

50 bis 60 Menschen mit und ohne Handicap haben im Alten Rathaus ihre Ideen, Forderungen und Angebote ausgetauscht. Darunter vor allem Behinderte, Angehörige, Ehrenamtliche und Vertreter der bereits gewonnenen Kooperationspartner. Der Projektinitiator, die WEK, ist einer der großen Arbeitgeber im Landkreis für Behinderte. Auch im Café Morlock und dem Laden „Um’s Eck“ auf dem Stumpenhof hat er etwa zwei Dutzend Beschäftigte. Den WEK ist Stadtteilorientierung wichtig, erklärte Geschäftsführer Volker Ditzinger: Das bedeute, dass Menschen dort, wo sie arbeiten, auch leben können. Um das in Plochingen besser zu ermöglichen, hat sich die gemeinnützige Firma Förderhilfe von der Aktion Mensch geholt. 15 000 Euro hat sie für die Vorbereitung des Projektes erhalten. Bis Ende Februar 2018 muss ein Konzept eingereicht werden, für dessen Realisierung die Soziallotterie noch mal bis zu 300 000 Euro bewilligen kann.

„Ziel unseres Projekts ist es, die Leute zusammenzubringen und aus den Ideen etwas Gemeinsames zu machen“, erklärte Projektleiterin und WEK-Jobcoach Mireille Stabingis. Bereits vor dem Auftaktabend wurden die Plochinger Mitarbeiter befragt, was ihnen in der Stadt fehlt, und einige Wünsche auch zur Einführung den anderen Besuchern im Alten Rathaus vorgestellt. Dabei spielte etwa die Möglichkeit, wie jeder andere in seinen Traumjob zu arbeiten, eine Rolle. „Ich bin in einem Kindergarten und es macht mir Spaß“, erzählt Sibel Kordhaku, die zuvor im hauswirtschaftlichen Bereich der WEK gearbeitet hatte und nun auf ihren Wunsch hin ein Praktikum im Parkkindergarten macht. Ein weiterer Traum der jungen Frau, die im Rollstuhl sitzt, ist, dass sie nicht mehr bei ihrem Vater, sondern in einer eigenen Wohnung leben kann.

Neben den Themenbereichen Arbeit und Wohnen, zu denen an diesem Abend Ideen auf bunten Kärtchen an Pinnwände geheftet werden, stehen aber auch Bildung und Freizeit zur Diskussion. Er wolle Französisch lernen erzählt ein Mann. Er suche Kontakt zu Vogelzüchtern, sagt ein anderer. Eine Frau, die gerne nach der Arbeit ausgeht, berichtet wie schwierig das für sie als Rollstuhlfahrerin ist: Es gebe kaum barrierefreie Möglichkeiten, etwa was Toiletten in Cafés angeht. In den Diskussionsrunden im Anschluss zeigten die Teilnehmer besonders am Thema Freizeit Interesse. Das sei ein Bereich, in dem es sehr wenig Angebote gebe, erklärt Stabingis. „Das heißt, unsere Leute sitzen nach der Arbeit alleine zuhause.“

Stabingis ist positiv überrascht, dass trotz hoher Temperaturen so viele teilgenommen haben. Die Besucher konnten sich in Listen für Arbeitsgruppen zu den vier Diskussionsthemen eintragen. Sie treffen sich im Juli, um konkrete Aktionen aus den nun gesammelten Ideen abzuleiten. Bis Oktober soll das Konzept stehen, um den Förderantrag stellen und ab Frühjahr 2018 mit der Umsetzung beginnen zu können. Neben Einzelpersonen sind größere Projektpartner im Boot: CVJM und Turnverein Plochingen, die VHS, die Lebenshilfe Esslingen und Kirchheim sowie die Stadt Plochingen. Bürgermeister Frank Buß lobte das Engagement vieler in den vergangenen Jahren, in denen ihm zufolge schon viel im Bereich Inklusion erreicht wurde. Im Projekt „Inklusives Plochingen“, sieht er „die Chance, etwas Großartiges zu schaffen“.