Die alte Linde an der Berkheimer Brunnenstraße ist nicht mehr zu retten. Am Stamm sind schon große Teile der Borke abgestorben. Eine Kaiserlinde soll nun für Ersatz sorgen. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Harald Flößer

Jede Gemeinde hat Interesse daran, dass sich auf ihrem Gebiet neue Betriebe ansiedeln. Denn sie bringen mit der Gewerbesteuer Geld in die kommunale Kasse. Geld, das dringend benötigt wird für Investitionen und um die Infrastruktur erhalten zu können. Aber vielerorts ist das Angebot erschöpft. Es gibt kaum Flächen, die Bürgermeister ansiedlungswilligen Firmen offerieren können. Die meisten sind froh, wenn wenigstens die ansässigen Unternehmen Entwicklungsmöglichkeiten erhalten. Das ergab eine EZ-Umfrage bei einigen Städten und Gemeinden im Landkreis.

Aichwald: „Alles verkauft“, heißt es in der Schurwaldgemeinde. Im Augenblick sehe er kein Entwicklungspotenzial für die Ansiedlung neuer Firmen, sagt Bürgermeister Nicolas Fink. Aber das sei sowieso nicht das vorrangige Ziel der Kommune. Natürlich müsse man langfristig nach neuen Gewerbeflächen Ausschau halten. Aber wichtiger sei, dass die ortsansässigen Firmen Perspektiven für ihre Expansionspläne haben, so Fink. Und da finde man in Aichwald immer kreative Lösungen. Der Rathauschef ist froh, dass es in der Schurwaldgemeinde einen guten Branchenmix gibt. „Damit sind wir bei der Gewerbesteuer nicht abhängig von ein paar Großen.“

Plochingen: „Gewerbegrundstücke sind bei uns absolute Mangelware“, räumt Bürgermeister Frank Buß ein. Im Filsgebiet soll mit Landesmitteln eine Brachfläche in ein Gewerbegebiet umgewandelt werden. „Aber da kommen nicht die Riesenhektar raus“, dämpft Buß die Erwartungen. Eine zweite Option sieht er in der Eisenbahnstraße. Wenn sie verlängert wird, gebe es dort Flächen für kleinere Betriebe. Im Hafen sei es das Ziel, die wenigen Restflächen höherwertig zu nutzen. „Wir müssen halt mit dem auskommen, was wir haben“, sagt der Bürgermeister.

Ostfildern: Bei großen Flächen für ansiedlungswillige Unternehmen muss auch OB Christof Bolay passen. In den Wittumäckern in Scharnhausen habe man alles verkauft. Auch für ihn gilt deshalb das Motto: „Wir denken vor allem an die Firmen, die schon da sind.“ Deshalb lege man den Schwerpunkt auf die Bestandspflege. Weil es viele Nachfragen gebe, habe sich der Gemeinderat vor kurzem entschlossen, den Flächennutzungsplan zu ändern. Im Gebiet „Unter dem Plieninger Weg“ in Scharnhausen sollen wegen der idealen Verkehrsanbindung mittelfristig nicht drei, sondern sechs Hektar für Gewerbe bereitgestellt werden.

Reichenbach: Große Sprünge sind auch in Reichenbach nicht möglich. „Wir haben dazu einfach eine zu kleine Gemarkung“, sagt Bürgermeister Bernhard Richter. Deshalb konzentriere man sich darauf, den ansässigen Betrieben gute Voraussetzungen zu schaffen. Wenn gelegentlich Gewerbeflächen frei werden, beispielsweise durch Betriebsaufgaben, mache man sich schnell Gedanken, wie diese Flächen für neue Vorhaben recycelt werden können. Sehr kritisch sieht Richter, dass wegen immer neuen Vorschriften, beispielsweise zum Natur- und Artenschutz, Gewerbeansiedlungen verhindert werden. „Jedem fällt etwas ein, warum es nicht geht.“ Das könne er nicht nachvollziehen. Denn immerhin gehe es da um Arbeitsplätze. Vor 20 Jahren seien Unternehmen noch viel weniger durch „unbändige Vorschriften“ gebremst worden.

Wernau: Ja, es gebe „Nachfragen ohne Ende“, sagt der Wernauer Bürgermeister Armin Elbl. Doch die Möglichkeiten in seiner Stadt seien begrenzt. „Und man kann es auch nicht verzwingen.“ Mit dem Gebiet „Untere neue Wiesen“ gehe man nun mit einer Teilfläche in die Vermarktung. Das sei „das letzte Sahnestückchen“, sagt Elbl. Das werde man nicht verschleudern. Genauso habe man das im Gebiet „Brühl/Winkeln“ am Ortsausgang Richtung Kirchheim gemacht, wo man sich gute Firmen ausgesucht habe. Doch auch dort gebe es keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr, so der Bürgermeister.

Baltmannsweiler: Dort ist man in der glücklichen Lage, noch einige Gewerbegrundstücke anbieten zu können. Im Gebiet „Escherländer“ im Ortsteil Hohengehren gebe es noch Potenzial, berichtet Bürgermeister Simon Schmid. Kleinere und mittlere Betriebe könnten sich dort niederlassen. „Natürlich können wir nicht mit einer Autobahn oder einem S-Bahn-Anschluss punkten“, weiß der Rathauschef. Dennoch habe das Gebiet direkt an der Landesstraße eine verkehrsgünstige Lage.

Köngen: Nicht ein einziges kommunales Gewerbegrundstück kann Köngen anbieten. Bürgermeister Otto Ruppaner findet das „außerordentlich bedauerlich“. Wegen der Topografie seien in Köngen Entwicklungsmöglichkeiten sehr beschränkt. „Unser Flächennutzungsplan ist ausgereizt“, so Ruppaner. „Da gibt es kein Potenzial.“ Im Neckartal gebe es private Grundstücke, weil diese jedoch in einem Überschwemmungsgebiet liegen, bestehe dort ein Bauverbot. Daran werde sich erst etwas ändern, wenn die Nachbarstadt Wendlingen Maßnahmen zum Hochwasserschutz realisiert hat.

Filderstadt: Von einer schwierigen Situation spricht auch OB Christoph Traub. „Wir hinken da mit unserem Flächennutzungsplan hinterher.“ Große Gewerbegrundstücke könne er derzeit nur auf dem Filder Airport Areal südlich des Flughafens anbieten. Traub verweist auf die Top-Lage. Außerdem habe man dort gleich Glasfaserkabel für ein schnelles Internet verlegen lassen. Traub bedauert, dass er sich derzeit sogar schwer tut, den heimischen Betrieben Entwicklungsflächen zu geben. Kritisch sieht der die Expansion auf dem Flughafen-Areal, wo sich unter anderem Ernst & Young mit einem riesigen Neubau niedergelassen hat. „Man kann schon fragen, ob das Aufgabe eines Landesflughafens ist“, meint Traub.

Leinfelden-Echterdringen: OB Roland Klenk von der Nachbarstadt Leinfelden-Echterdingen sieht das nicht so skeptisch. Der Flughafen sei nicht isoliert zu betrachten. „Er ist ein Magnet, der vieles auch im Umfeld anzieht“, so Klenk. Nur müsse man darauf achten, dass sich die Neuansiedlungen am Flughafen nicht negativ auf die Parkplatzsituation in den Nachbarkommunen auswirken. Weil er eine Anfrage nach der anderen auf den Tisch bekommt, drängt Klenk seit ein paar Jahren darauf, neue Gewerbeflächen auszuweisen. Etwa neun Hektar könne man in den Rötlesäckern am östlichen Ortsrand von Leinfelden erschließen, bei Bedarf auch stufenweise. Im aktuellen Gebiet Schelmenäcker habe er nur wenige Grundstücke zur Verfügung. Das Areal in der Max-Lang-Straße in Leinfelden sei noch nicht spruchreif. Und das sogenannte Renault-Gelände brauche man für die Unterbringung von Flüchtlingen. Wenig Chancen sieht Klenk für das vor Jahren angedachte interkommunale Gewerbegebiet Echterdingen-Ost. „In Stuttgart wird das derzeit auf kleiner Flamme gekocht.“

Gewerbeflächen im Fokus

In einer vierteiligen Serie berichtet die EZ über die Gewerbeentwicklung im Kreis Esslingen und richtet den Blick dabei vor allem auf das Flächenangebot in einigen Städten und Gemeinden. Denn die Verfügbarkeit von Grundstücken entscheidet letztlich auch über die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit in der Region.

Im ersten Teil analysierte OB Jürgen Zieger die Lage in Esslingen. Heute geben wir einen Überblick über die Perspektiven in Kommunen im Kreisgebiet.

Wie die Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer das Thema beurteilen, wird in der dritten Folge beleuchtet.

Den Abschluss bildet ein Gespräch mit einem Experten von der Hochschule Nürtingen über Gewerbeansiedlungen.