Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt braucht Zeit. Foto: dpa - dpa

Von Sabrina Erben

Esslingen/Göppingen - Die Zahl der arbeitslosen Menschen im Landkreis Esslingen hat im Vergleich zum Vorjahr leicht zugenommen. Das liegt unter anderen an geflüchteten Menschen, die sich vermehrt arbeitslos melden. Wilfried Hüntelmann, der Leiter der Arbeitsagentur in Göppingen, betont aber: „Wir haben eine stabile Arbeitsmarktlage.“

Vor einem Jahr, im Herbst 2015, wusste bei der Arbeitsagentur in Göppingen niemand so recht, ob die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt gelingt. Aber man gab sich optimistisch. Schließlich sprach Behördenchef Fran Jürgen-Weise aus Nürnberg von „Fachkräften von übermorgen“. Die Erwartungen waren groß. Heute, ein Jahr später, ist man in Göppingen schlauer. „Wir wollen niemanden überfordern, damit tut man den neuen Bürgern keinen Gefallen“, sagt Hüntelmann. Fünf Jahre dauere der Weg zur ausgebildeten Fachkraft. Im optimalen Fall. Man stehe also noch am Anfang.

Von den 3231 geflüchteten Menschen, die von der Agentur für Arbeit und den Jobcentern im Kreis Esslingen betreut und damit als „arbeitssuchend“ erfasst werden, sind drei Viertel jünger als 35 Jahre alt. 85 Prozent haben keinen formalen Bildungsabschluss. Eine Ausbildung kommt für viele aber noch nicht in Frage. „2016 ist das Potenzial ausbildungsreifer Flüchtlinge gering, weil die Sprachkenntnisse für die Berufsschule nicht ausreichen“, sagt Hüntelmann. Beispiele von Firmen, die Praktika für Flüchtlinge anbieten, kennt der Agenturleiter viele. Er lobt die engagierten Betriebe. „Es braucht aber einfach Zeit. Die Sprache ist das A und O.“ Das Problem: Die Sprachkurse waren in den vergangenen Monaten überfüllt. Es gab nicht genug Kapazitäten. „Die Lage hat sich entspannt“, sagt Werner Schreiner, Leiter des Jobcenters in Esslingen. Die Zahl der arbeitslosen Flüchtlinge wird sich nach Prognose der Arbeitsagentur noch erhöhen. „Im Landkreis gibt es noch etwa 5000 Menschen in den Unterkünften.“

Gestern wurden die Zahlen für den Arbeitsmarkt im November veröffentlicht: Die Zahl der Arbeitslosen ist im Agenturbezirk Göppingen, der die Landkreise Esslingen und Göppingen umfasst, im Vergleich zum Vormonat saisonbedingt zwar leicht gesunken, der Rückgang war allerdings nicht so stark wie in den vergangenen Jahren. „Wir haben eine insgesamt stabile Arbeitsmarktlage mit hoher Nachfrage nach Arbeitskräften“, sagt Hüntelmann. Der Zuwachs an Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahr sei überwiegend migrationsbedingt. Im Landkreis Esslingen betrug die Arbeitslosenquote 3,5 Prozent (Esslingen: 3,9 Prozent; Kirchheim: 3,2 Prozent; Leinfelden-Echterdingen: 2,9 Prozent und Nürtingen: 3,4 Prozent). Im November 2015 lag sie noch bei 3,3 Prozent. Insgesamt waren diesen November 10 198 Menschen im Landkreis Esslingen arbeitslos gemeldet, vor einem Jahr waren es 689 weniger.

Für Flüchtlinge gibt es spezielle Maßnahmeangebote zur Berufsvorbereitung. „Integration gelingt nur im Netzwerk“, sagt Hüntelmann. Viele Menschen mit Fluchthintergrund wollen keine Ausbildung machen und schnell Geld verdienen, beobachtet Hüntelmann. „Wir müssen Überzeugungsarbeit leisten. Wir wollen nicht, dass das Gros in Helfertätigkeiten arbeitet.“ Eines ist Hüntelmann sehr wichtig: „Die Integration von Flüchtlingen und die Betreuung geht nicht zu Lasten anderer Arbeitsloser.“ Die personelle und finanzielle Ausstattung der Arbeitsagentur und Jobcenter sei gut.

Bundesweit waren im November 2,532 Millionen Männer und Frauen ohne Arbeit. Das sind 8000 weniger als im Oktober und 101 000 weniger als vor einem Jahr. Die Quote ging um 0,1 Punkte auf 5,7 Prozent zurück. In der Landeshauptstadt Stuttgart sank die Arbeitslosenquote um 0,1 Punkte auf 5,0 Prozent. „Seit dem Jahr 2000 war die Quote nicht mehr so niedrig“, sagte ein Sprecher der Arbeitsagentur in Stuttgart.

Flüchtlinge im Landkreis Esslingen

3231 geflüchtete Menschen werden im November im Kreis Esslingen von der Agentur für Arbeit und den beiden Jobcentern betreut.

842 Frauen und Männer sind davon arbeitslos gemeldet.

Die meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien, Irak, Pakistan, Iran, Eritrea und Somalia. „Im Kreis Esslingen sind es vor allem Flüchtlinge aus Syrien“, sagt Werner Schreiner, Leiter des Jobcenters Esslingen.

Drei Viertel der geflüchteten Menschen sind jünger als 35 Jahre.

Rund 80 Prozent der Flüchtlinge sind Männer.

85 Prozent haben keinen formalen Bildungsabschluss.