Claudia Schimkowski ist seit elf Jahren selbstständig und will Frauen ermutigen, es ihr gleich zu tun. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Manchen kommt sie wie der Salto Mortale ohne Auffangnetz vor: die Selbstständigkeit. Das gilt besonders für Frauen. Dabei hat sie durchaus ihre Vorteile gegenüber der Festanstellung, findet Claudia Schimkowski. Die 47-Jährige ist Teilhaberin einer kleinen Firma, die auf Werbung und Marketing in einer Männerdomäne spezialisiert ist, die A-Ha! Agentur fürs Handwerk. Neben dem Tagesgeschäft unterstützt ihr Betrieb auch soziale Projekte. Als vom Bundeswirtschaftsministerium ausgewählte Vorbild-Unternehmerin macht Schimkowski Frauen Mut, es ihr gleich zu tun. Denn an weiblichen Vorbildern mangele es.

Handwerk und Frauen: Passt das zusammen?

Schimkowski:Das Spannende ist, dass meine Arbeit eigentlich genau das ausmacht: dass ich eine Frau bin. Durch die weibliche Art, die Dinge zu sehen oder etwas anders zu machen, habe ich den Blick von außen auf den Handwerksbetrieb; mehr wie eine Kundin. Oft sind es ja die Frauen, die in der Familie entscheiden, wenn ein Auftrag vergeben wird. Und es ist nicht dieses Konkurrenzdenken da. Andererseits habe ich ja einen Geschäftspartner. Oft machen wir das erste Kundengespräch gemeinsam, um das Thema mit Mann und Frau am Ende so spielen zu können, dass es passt.

Das Handwerk ist aber eine Männerdomäne. Stoßen die da auch auf Probleme als Frau?

Schimkowski:Wenn ich Seminare gebe und eine Männergruppe vor mir habe, testen die Teilnehmer mich oft. Sie schauen, ob ich von dem, was ich sage, etwas verstehe. Mein Vorteil ist, dass ich aus einer Handwerkerfamilie komme. Ich kann diese Tests oft aussitzen, weil ich genau weiß, wovon die sprechen. Ich muss aber auch sagen: Die Leute, die von sich aus zu mir in die Beratung kommen, wollen etwas verändern. Für die spielt das Geschlecht keine Rolle.

Nun haben sie einen Mann als Geschäftspartner. So im Vergleich: Hat er es leichter als sie?

Schimkowski: Nein. Ich glaube es ist nicht abhängig davon, ob Mann oder Frau, sondern von der Persönlichkeit. Mit manchem liegt man auf einer Wellenlänge und mit dem anderen nicht. Wobei es doch gerade bei großen Kunden, Konzernen, für ihn manchmal einfacher ist, ernstgenommen zu werden.

Sie sind sehr rührig, was ihr Geschäft und soziale Projekte angeht und gehen damit an die Öffentlichkeit. Müssen Frauen mehr Präsenz zeigen, um erfolgreich zu sein?

Schimkowski: Ich glaube, dass es generell so ist, dass ich, wenn ich in der Geschäftswelt erfolgreich sein möchte, mich rühren und sichtbar sein muss. Für mich liegt der Vorteil, selbstständig zu sein, darin, dass ich Farbe bekennen kann. Sie sehen das Pink in unserem Firmen-Erscheinungsbild. Das ist eine Farbe, die im Handwerk nicht so vertreten ist und damit positioniere ich mich. Das heißt: Entweder man findet es toll oder man findet es kacke. Damit kommen die Kunden, die zu mir passen, zu mir. Für mich gilt aber die Reihenfolge: Ich tue Dinge, um sichtbar zu sein, und dann kommt das soziale Engagement; ich engagiere mich nicht, um sichtbar zu sein.

Die Agentur ist mit dem Lea-Mittelstandspreis wegen Ihres sozialen Engagements ausgezeichnet worden. Sie haben kürzlich etwa eine Spendenaktion für die Plochinger Jugendfarm organisiert. Ist es etwas speziell Weibliches in der Geschäftswelt, sich auch persönlich zu engagieren?

Schimkowski: Wenn ich schaue, wer mit dem Preis ausgezeichnet oder nominiert wurde, kann ich nicht bestätigen, dass da ein Schwerpunkt bei Frauen oder Männern liegt.

Was können Unternehmerinnen besser oder schlechter als Unternehmer?

Schimkowski: Es ist bekannt, dass Männer risikofreudiger sind, sie eher in Wettkampf gegeneinander antreten. Und es gibt viele Frauen, die sich diese männlichen Eigenschaften angeeignet haben. Aber ich glaube, dass das Miteinander, auch im Netzwerk, kontinuierliches Wachstum, Sicherheit wichtig sind. Es ist nicht so, dass Frauen nicht groß denken können. Die Herangehensweise ist eine andere und ein Stück weit kooperativer. Ich glaub, dass beide Arten notwendig sind.

Welche Vorteile hat die Selbstständigkeit als Frau?

Schimkowski:Für mich war die Selbstständigkeit die Möglichkeit, berufstätig zu sein, obwohl ich Familie hab’. Bei freier Zeiteinteilung, immer auch mit dem eigenen Risiko. Aber in der heutigen Zeit ist es ja nur eine vermeintliche Sicherheit, angestellt zu sein. Ich kann meinen Job genauso schnell verlieren. Ich habe zudem den Vorteil, dass ich die Rückmeldungen, wenn ich etwas gut gemacht habe, direkt bekomme und nicht über den Chef. Aber nicht jeder ist dafür geeignet, selbstständig zu sein. Mir sagt niemand mehr, was ich tun muss. Unternehmerin zu sein, ist eine fortwährende Schulung. Ich eigne mir Qualifikationen an, die über das Fachliche hinausgehen. Das ist das Reizvolle, dass ich mich als Persönlichkeit weiterentwickeln kann und muss. Aber nur, wenn ich die Voraussetzung mitbringe, mich weiterentwickeln zu wollen, für etwas zu brennen.

Hat eine selbstständige Mutter die gleichen Voraussetzungen wie ein Mann?

Schimkowski: Ich glaube bestimmt, dass es eine andere Herausforderung für Mütter ist. Aber man muss differenzieren, ob man in einem Angestelltenverhältnis oder Unternehmerin ist. Bei einer Veranstaltung in Berlin habe ich zu dem Thema zwei Diskussionsrunden mit Unternehmerinnen und Angestellten in Führungsebene großer Konzerne geführt. Letztere hatten alle bestätigt, dass wenn sie für eine Zeit ausgestiegen wären, nicht mehr in ihre Position zurückgekommen wären. Während es bei den Unternehmerinnen an der Stelle keinen Bruch bedeutet hat.

Woran liegt es, dass verhältnismäßig wenig Frauen Unternehmen gründen?

Schimkowski: Frauen trauen sich das eben oft nicht. Sie haben ein Sicherheitsbedürfnis. Und irgendwie hängt in den Leuten noch immer fest, dass die Frau irgendwann bei den Kindern daheim ist. In dieses Rollenbildfügen sich die Frauen immer noch. Und werden auch oft von den Eltern und ihrem Umfeld nicht richtig unterstützt. Es gibt ja auch wenig Unternehmerinnen, die man kennt und die als Vorbild agieren.

Welche Nachricht haben Sie als Vorbild-Unternehmerin an Frauen, die sich überlegen, selbstständig zu machen?

Schimkowski: Tut das wofür ihr brennt, traut euch. Aber lernt von denen, die vor Euch den Weg schon gegangen sind.

Das Interview führte Greta Gramberg