Wenn Vea Kaiser von ihrer Arbeit erzählt, wird Literatur für ihre Zuhörer lebendig. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Anke Cordes, Carolin Stiebing, Tom Hagedorn und Meike Krejtschi

Wer mit 24 Jahren einen überaus erfolgreichen Debütroman mit dem Titel „Blasmusikpop“ veröffentlicht hat, wird sich kaum wundern, wenn ihn das Wort „Pop“ fortan wie ein Anhängsel ständig begleitet. Inzwischen ist Vea Kaiser 26 - und sie sieht sich dem Pop - wie auch immer gemeint - richtiggehend ausgesetzt. Doch sie erklärt augenzwinkernd, dass sie aus der Not eine Tugend macht. Sie tut alles, um dem Etikett zu entsprechen - leitet sich Pop doch vom englischen Wort „popular“ ab, was mit „beliebt, bekannt und Beifall findend“ übersetzt wird. Und so empfindet sie es als durchaus aufregend, mit „Pop“ verbunden zu werden. Was es heißt, als Schriftstellerin schon in jungen Jahren gefeiert zu werden, und wie ihr Roman „Makarionissi oder Die Insel der Seligen“ entstanden ist, verriet Vea Kaiser den Schülerinnen und Schülern der Kursstufe am Esslinger Georgii-Gymnasium, denen sie spannende Einblicke in die Werkstatt einer Autorin gewährte.

Prominente Autoren kommen gern

Den Vorzug, eine Schriftstellerin leibhaftig vor sich zu haben und mit ihrem neuesten Werk bekannt gemacht zu werden, genießen die Georgii-Schüler nicht zum ersten Mal. Denn ihr Lehrer David Engelmann holt seit Jahren prominente literarische Gäste an seine Schule.

Vea Kaiser stellte sich locker und selbstbewusst vor ihre aufmerksam lauschenden Zuschauer, und niemand hätte sich ob des couragierten Auftretens gewundert, wenn Musik eingespielt worden wäre und die Autorin zu singen begonnen hätte. Doch statt zu singen, erzählte sie quirlig von ihren eigenen Schulerfahrungen und vom Schreiben, wobei sie witzig und durchaus auch selbstironisch ihre Pointen setzte.

Vea Kaiser bezeichnete sich als verhaltenskreative Schülerin, mit der ihre Lehrerinnen und Lehrer so ihre liebe Not gehabt hätten. Sie verriet, dass Deutsch nicht gerade ihr Lieblingsfach war - ganz im Gegensatz zum Fach Griechisch, das sie konsequenterweise nun auch an der Universität in Wien studiert. Das Schreiben habe sie schon sehr früh angefangen, erzählte Vea Kaiser den Georgii-Gymnasiasten. Ihre erste Kurzgeschichte habe sie mit elf Jahren verfasst - nur drei Jahre später gewann sie mit einer anderen Geschichte bereits einen in Niederösterreich angesehenen Preis. Geschichten zu erfinden und niederzuschreiben sei ihr immer schon ein besonderes Anliegen gewesen, dem sie sich oft und gern hingegeben habe, erzählte die Autorin. In ihren frühen Geschichten begegnen dem Leser bisweilen recht ausgefallene und abstruse Figuren - wie der Achillessehnen-Schlitzer, der Skifahrern auflauerte und ihnen die Achillessehne mit einem Messer durchtrennte.

Mit ihrem zweiten Roman „Makarionissi oder Die Insel der Seligen“ hat Vea Kaiser ein richtiges Familienepos geschaffen, das insgesamt fünf Generationen umspannt und in dessen Zentrum das Schicksal von Eleni und Lefti steht. Deren Beziehung ist höchst verschlungen, und so führt der Roman zwei Lebensläufe vor, deren Schauplatz sich von einem Dorf in den Bergen an der griechisch-albanischen Grenze über Österreich, Deutschland, die Schweiz, die Vereinigten Staaten und weitere Länder bis auf die (erfundene) griechische Insel Makarionissi erstreckt.

Ungeahnte Dimensionen des Lebens

Hört man Vea Kaiser aus ihrem Roman lesen, so spürt man, wie sie mit ihren Figuren lebt, sich in sie hineinversetzt und sie plastisch werden lässt. Es animiert, mehr über die Figuren erfahren zu wollen, diesen Roman selbst zu lesen, sich in seine Welt zu begeben und eine Lektüreerfahrung zu machen, die zum Besten gehört, was Literatur erreichen kann: Im Leser eine Welt zu erschaffen, die er seinen Erfahrungen hinzufügen kann, die seinen Blick öffnet, die ihm bisher ungeahnte Dimensionen des Lebens erschließt.

Wenn Vea Kaiser von sich erzählt, wenn sie aus ihrem Roman liest, so gelingt es ihr in bestechender Weise, Interesse am Lesen nicht nur ihrer Bücher zu wecken. Und sie erweist sich als eine Schriftstellerin, die unumwunden Beifall findet und überaus beliebt ist, weil sie so ungezwungen, authentisch, quicklebendig und sprühend vor Energie auftritt. Begeisterter, lange anhaltender Applaus, allseitige Anerkennung und uneingeschränkte Bewunderung zollten die Schülerinnen und Schüler dieser so ganz anders als erwartet auftretenden Autorin, von der man einiges mitbekommt und noch mehr mitnehmen kann. Wenn das nicht wirklich und eigentlich Pop ist - was dann?

Vea Kaiser persönlich

Die österreichische Schriftstellerin Vea Kaiser wurde am 21. Dezember 1988 in St. Pölten geboren und begann schon in ihrer Jugend, sich Geschichten auszudenken und zu Papier zu bringen. 2012 erschien ihr Debütroman „Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam“, der Platz 1 der ORF-Bestenliste erreichte und von Presse und Publikum hoch gelobt wurde. Ihr zweiter Roman „Makarionissi oder Die Insel der Seligen“ erschien im Mai 2015 und ist ebenfalls sehr erfolgreich. Zurzeit wohnt die 27-Jährige in Wien und studiert Altgriechisch, während sie an ihrem dritten Roman arbeitet.