Von Himat Ghulami

Schulleiter, Lehrer und Sozialarbeiter der Albert-Schweitzer-Schule Denkendorf und des Georgii-Gymnasiums Esslingen schauen nicht weg, wenn es um Sucht und Abhängigkeit geht. Sie setzten in einem gemeinsamen Projekt auf Prävention und Aufklärung ihrer Schüler. Junge Leute aus beiden Schulen fuhren zu einem Schülermultiplikatoren-Seminar in Bempflingen, das von der Jugend- und Drogenberatungsstelle entwickelt, organisiert und durchgeführt wurde. Begleitet wurden die Schülergruppen von Birgit Schmidt, der Sozialarbeiterin der Albert-Schweitzer-Schule, und Norman Begemann, dem präventionsbeauftragten Lehrer des Georgii-Gymnasiums.

Anfangs saßen die 14 Schüler im Kreis und lauschten Sabine Breitenbach und Christiane Heinze vom Esslinger Landratsamt. „Was sind Drogen und was denkt ihr darüber?“, wollte eine der Trainerinnen wissen. Dann durfte jeder Schüler in einen „Suchtsack“ greifen und einen Gegenstand herausziehen. So setzten sich die Schüler damit auseinander, welche Suchtmittel konsumiert werden. Kulturelle Unterschiede im Umgang mit Drogen kamen auch zur Sprache. „Ich frage mich, warum in Deutschland alle sagen, dass Drogen nicht gut sind, wenn man überall Alkohol kaufen kann?“, überlegte ein Jugendlicher mit Migrationshintergrund. Die Schüler diskutierten intensiv, warum jemand zu Drogen greift. Um Sorgen und Probleme zu vergessen, um andere zu beeindrucken, um Spaß zu haben und weil man nicht mehr ohne Drogen auskommt - so lauteten einige Antworten.

Tipps für die Arbeit in der Schule

Das Seminar sollte die Suchtprävention an der Schule anstoßen. Dabei hat sich der so genannte Peer-Ansatz bewährt. „Peer-Education-Strategien bedeuten den Einsatz speziell geschulter Jugendlicher, die zu Multiplikatoren ausgebildet werden“, erklärte Birgit Schmidt. Man wolle damit eine bestimmte Gruppe über die Suchtproblematik aufklären und informieren. Dabei setze man auf den Multiplikatoren-Effekt: Jugendliche lernen von Jugendlichen. Das hat sich bewährt. Die jungen Multiplikatoren bringen Ansätze, Ideen und Aktionen der Suchtprävention in ihre Schule und beteiligen sich aktiv an Projekten zur Suchtvorbeugung. Sie setzen sich mit anderen Jugendlichen über ihr Konsumverhalten auseinander und beraten. Während des Mentorenseminars wurden die Schüler auch über rechtliche Konsequenzen des Drogenkonsums aufgeklärt.

Doch wie können sich die Schüler selbst vor Drogenmissbrauch schützen? Das Seminar bot Antworten: Jeder Schüler baut sich einen eigenen Tank. Dieser wird individuell mit Dingen gefüllt, die ihm guttun. „Sport tut mir gut, denn dadurch geht es mir besser“, sagte einer der Schüler - prompt landete das Stichwort Sport in seinem Tank. Eine andere Schülerin schrieb das Wort Tanzen aufs Papier, denn das sei ein guter Ausgleich zum Alltagsstress. Am Ende hatte jeder Schüler einen Tank voller Alternativen. Darauf könnten sie zurückgreifen, wenn es ihnen mal nicht so gut geht, erklärten die Fachfrauen.

„Das ‚Tankmodell’ ist sehr gut, um diese Problematik schüler- und altersgerecht zu vermitteln“, findet Norman Begemann. Es versuche einerseits, die Komplexität und Dynamik der Entstehung süchtigen Verhaltens zu beschreiben, und es zeige andererseits Möglichkeiten auf, wie der Weg in die Sucht vermieden werden kann. Die Schüler reflektieren über ihren „Tank“ und erkennen, welche „Treibstoffe“ wie Liebe, Anerkennung und Geborgenheit sie brauchen, um sich wohl zu fühlen. „Wichtig ist auch, dass sich die Schüler über ihre ‚Tankstellen’ wie Familie, Freunde, Hobbys bewusst werden, die genau diese ‚Treibstoffe’ liefern“, erklärt der Präventionsbeauftragte. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen „Seelentank“ und den dazugehörigen „Tankstellen“ sei elementarer Bestandteil einer dauerhaften Suchtprophylaxe.

Am Ende des Seminars erarbeiteten die Schüler einen Maßnahmenkatalog für ihre Schulen. So soll es einen „Klarsichtparcours” geben, mit dem die jungen Mentoren ihre Mitschüler über Sucht und deren Auswirkungen aufklären. Bei Schulfesten soll künftig auch ein Stand mit antialkoholischen Cocktails angeboten werden, und man will aktiv vor allem in die siebten Klassen hineingehen, um Fragen der Schüler zum Thema Sucht zu beantworten und sie aufzuklären.

Himat Ghulami hat im vergangenen Schuljahr die Internationale Klasse der Albert-Schweitzer-Schule besucht.