Bücherei-Leiterin Gudrun Fuchs. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Die Viertklässler der Grundschule St. Bernhardt sind nicht nur historisch interessiert - sie wollten in der Esslinger Stadtbücherei auch erfahren, was eine moderne Bibliothek leistet. Deshalb bombardierte die Klasse 4c Bücherei-Leiterin Gudrun Fuchs mit vielen Fragen.

Was genau war früher im Gebäude der Stadtbücherei?

Fuchs: Der Bebenhäuser Pfleghof wurde 1257 erstmals in einer Urkunde erwähnt. Wenn ein Haus so eine lange Geschichte hat, haben dort die unterschiedlichsten Menschen gelebt und gearbeitet. Wir wissen, dass das Haus zunächst dem Zisterzienserkloster Bebenhausen gehörte, dann ging es in württembergischen Besitz über, später wurde es von Gewerbebetrieben genutzt. So war dort mal ein Teppichlager untergebracht. 1980 hat die Stadt den Pfleghof gekauft und erst die Volkshochschule und dann die Bücherei dort untergebracht. Wenn ich durchs Haus gehe, habe ich das Gefühl, dass mir überall die Stadtgeschichte begegnet. Es ist ein großes Glück, dass dieser Pfleghof weitgehend erhalten ist. Hier kann jeder Geschichte hautnah erleben, weil eine Bücherei für alle offen ist. Wir wissen aus Gesprächen mit unseren Kunden: Die Menschen lieben ihre Bücherei.

Was ist ein Pfleghof?

Fuchs: Im Mittelalter hatten auch weiter entfernte Klöster Besitz in Esslingen, der verwaltet werden musste. Deshalb richteten sie Pfleghöfe ein. Dort war die Verwaltung untergebracht, die Gebäude dienten aber auch als Lagerhäuser und Handelszentralen. Elf Klöster hatten damals in Esslingen Pfleghöfe, zehn dieser Gebäude sind erhalten.

Sind alle Teile des Bebenhäuser Pfleghofes noch erhalten?

Fuchs: In weiten Teilen. Obwohl unser Haus im Lauf der Jahrhunderte wiederholt umgebaut wurde, kann man hier noch sehen, was einen Pfleghof damals ausgemacht hat.

Haben im Gebäude der Bücherei früher auch Menschen gelebt?

Fuchs: Als unser Pfleghof noch im Besitz des Klosters Bebenhausen war, haben dort die Mitarbeiter der klösterlichen Verwaltung gewohnt. Ihr Chef nannte sich Pater Pfleger. Später haben ganz unterschiedliche Menschen dort gewohnt, zu manchen Zeiten mehrere Familien mit vielen Kindern. Und bis vor wenigen Jahren hat bei uns im Haus noch eine ältere Dame gewohnt.

Bis wohin reichte früher das Grundstück des Pfleghofs?

Fuchs: Das Grundstück war früher noch größer. Die Gärten unseres Pfleghofs reichten im Mittelalter bis hinauf zur heutigen Ringstraße.

Seit wann wird das Haus als Bücherei benutzt und wie kam es dazu?

Fuchs: Die Aufgaben der Esslinger Stadtbücherei sind mit der Zeit immer größer geworden. Man leiht sich bei uns nicht nur Bücher aus, sondern nutzt unser Haus auch als Treffpunkt, man lernt oder möchte in Ruhe lesen. Und es sind mit der Zeit immer mehr Bücher geworden, CDs und Filme kamen auch hinzu. Deshalb hat die Stadt Mitte der 80er-Jahre erkannt, dass wir mehr Platz brauchen, wenn wir all das anbieten wollen, was die Esslinger von uns erwarten. Man hat den Bebenhäuser Pfleghof umgebaut, 1988 konnten wir hier einziehen. Viele Esslinger finden bis heute, dass es eine kluge Entscheidung der Stadt war, in diesem ganz besonderen Gebäude eine Bücherei einzurichten. Wir freuen uns über jeden, der gerne zu uns kommt - ganz egal, ob er bei uns Bücher ausleihen oder lesen möchte, ob er sich mit anderen treffen will oder ob er durchs Haus geht, um ein Stück von der mittelalterlichen Geschichte Esslingens zu erleben. Denn auch das kann man bei uns sehr gut.

Sind an diesem historischen Gebäude öfter Reparaturen nötig?

Fuchs: Wenn ein Haus so alt ist und so eine lange Geschichte hat wie der Bebenhäuser Pfleghof, gibt es viel zu tun. Ihr habt ja während des Projekts „Zeitung in der Schule“ aufmerksam die Eßlinger Zeitung gelesen, und da habt ihr sicher den einen oder anderen Artikel entdeckt, in dem stand, dass sich die Stadt jetzt überlegt, was sie tun muss, damit die Bücherei auch in Zukunft funktionieren kann.

Wie viele Medien haben Sie und gibt es dafür überhaupt genug Platz?

Fuchs: Wir haben etwa 190 000 Bücher, Zeitschriften, CDs, DVDs und andere Medien. Da wird der Platz manchmal knapp. Deshalb sind wir sehr froh, dass Stadtverwaltung und Gemeinderat überlegen, wie wir mehr Platz bekommen. Das ist auch für all die Schüler wichtig, die bei uns in Ruhe lernen wollen. Wenn ihr in den Osterferien durchs Haus gegangen seid, habt ihr bemerkt, wie viele Abiturienten zu uns kommen, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten.

Wie viele Bücher werden jeden Tag bei Ihnen verliehen?

Fuchs: Jedes Jahr werden etwa 1,2 Millionen Medien bei uns ausgeliehen. Wie viele das pro Tag sind, könntet ihr vielleicht mal im Mathematikunterricht ausrechnen.

Gab es schon mal einen Brand und hatte er Folgen für die Bücherei?

Fuchs: Einen Brand hatten wir zum Glück noch nicht, seit die Bücherei im Bebenhäuser Pfleghof untergebracht ist. Und wir passen auch gut auf, damit das möglichst so bleibt.