Im Supermarkt geht der Griff zum Produkt meistens schnell, ohne dass der Verbraucher genau hinschaut, was eigentlich alles in den Lebensmitteln drin ist. Foto: dpa - dpa

Von Lorena Greppo

Kreis Esslingen – 2009 ging ein Aufschrei durch die Gesellschaft. Analogkäse war das Stichwort – also ein Käse, der eigentlich gar keiner ist. Aus Wasser, Pflanzenfett, Milcheiweiß, Stärke und Geschmacksverstärkern hergestellt, enthält er keinen oder nur einen geringen Anteil an Milch und ist somit in der Herstellung um einiges billiger. „Das teure Milchfett tauschen die Hersteller gegen billigeres Pflanzenfett aus. Das ist zwar erlaubt, das Produkt darf dann aber nicht mehr als „Käse“ bezeichnet werden“, informiert die Stiftung Warentest.

Was Verbraucher vor acht Jahren noch empörte, ist heutzutage zum Alltag geworden. Unter Namen wie „Pizza-Mix“ oder als lactosefreie und vegane Alternative zum Käse wird das Imitat weiterhin vertrieben, mitunter sogar noch zu höheren Preisen als herkömmlicher Käse. Der Skandal hat sich in Luft aufgelöst. Der Schwindel der Lebensmittelindustrie bleibt. Und der Analogkäse ist bei Weitem kein Einzelfall. In Vanilleeis steckt oftmals kaum echte Vanille, sondern stattdessen Aroma. Die aus Fisch hergestellte Eiweißmasse Surimi wird gewürzt, gefärbt und geformt, um als Hummer- oder Garnelenimitat auf den Tellern der Verbraucher zu landen.

Schwindel auf der Verpackung

Verkauft wird das Ganze dann oftmals in irreführenden Verpackungen, mit appetitlichen Bildern und Namen. Ein Beispiel hierfür war der Tee „Landlust Mirabelle & Birne“ von Teekanne. Darauf abgebildet: Saftige Mirabellen am Baum hängend, vor blauem Himmel. Nur: Im Tee waren überhaupt keine Mirabellen, lediglich Aroma. Und gerade einmal acht Prozent der namensgebenden Birne. Den Tee hat Teekanne inzwischen vom Markt genommen, den Schwindel zugegeben hingegen nicht.

Und auch andersherum ist Schwindel möglich, das zeigen die meisten alkoholfreien Biere. Die Organisation Foodwatch prangert hier zum Beispiel die Marke „Radeberger“ an, deren alkoholfreies Bier gar nicht wirklich alkoholfrei ist, sondern einen Alkoholgehalt von 0,45 Volumenprozent aufweist. Damit bewegt sich das Unternehmen allerdings innerhalb des vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmens. Denn diese Beschreibung dürfen Hersteller auch bei einem Alkoholgehalt von bis zu 0,5 Volumenprozent noch verwenden. Der Deutsche Brauer-Bund erklärt hierzu: „Alkoholfreie Biere enthalten nur Spuren von Alkohol, die keinerlei physiologische Auswirkungen auf den Körper haben.“ Eine im Januar 2013 veröffentlichte repräsentative Umfrage im Auftrag der Verbraucherzentralen hat allerdings bestätigt: Etwa 70 Prozent der Befragten erwarten, dass ein als „alkoholfrei“ bezeichnetes Bier keinen Alkohol enthält.

Tricksen mit Beschreibungen und Bildern

Aber nicht nur mit wörtlichen Beschreibungen wird getrickst – auch mit Bildern. Hat schon mal irgendjemand einen Eierkarton gesehen, auf dem zusammengepferchte Hühner in der Legebatterie zu sehen sind? Vermutlich nicht. Verkauft sich schließlich nicht gut. Der Verbraucher will ein gutes Gewissen beim Kauf haben, dabei helfen ihm die produzierenden Unternehmen gerne. Auf Milchkartons finden sich deshalb nur friedlich weidende Kühe auf scheinbar endloser grüner Wiese.

Mit dem trickreichen Design der Verpackung hört es nicht bei den idyllischen Bildern auf. Denn oftmals geht mit dem veränderten Äußeren auch ein verändertes Inneres einher. In zahlreichen Flaschen, Gläsern, Kartons und Tuben mit neuem Design ist dann nämlich weniger Inhalt zu finden. Beispielsweise hat Miracoli für seine Tomatensoßen im November 2016 neue Gläser präsentiert – statt ehemals 530 Gramm passen dort nur noch 400 Gramm hinein. Bei gleich bleibendem Preis zahlt der Verbraucher somit 32,5 Prozent mehr, will er die gleiche Menge erwerben. Die Verbraucherzentrale aus Hamburg kürte die Tomatensoßen deshalb zur „Mogelpackung des Jahres“. Noch dreister ist die Entdeckung der Verbraucherzentrale in der Drogerieabteilung von Aldi Nord: In der neuen Verpackung der Carefree-Slipeinlagen sind seit Sommer vergangenen Jahres nicht nur zwei Einlagen weniger enthalten, gleichzeitig wurde der Preis pro Packung um satte 80 Cent angehoben – eine doppelte Preiserhöhung. Laut Hersteller wurde das Produkt „optimiert“.

Irreführende Gesundheitsversprechen

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, bewerben viele Hersteller ihre Produkte noch mit irreführenden Gesundheitsversprechen. So weißt etwa Nestlé bei den Frühstücksflocken Nesquik auf den Verpackungen großflächig auf enthaltene Mineralstoffe, Vollkorngetreide und Vitamine hin. „Tatsächlich besteht das Schoko-Frühstück aber zu einem Viertel aus Zucker – und ist damit keineswegs ein ausgewogener Start in den Tag für Schulkinder, sondern schlicht eine Süßigkeit“, urteilt Foodwatch. Damit steht Nestlé bei weitem nicht allein da. Für ähnliche Lügen prämierte die Verbraucherschutzorganisation bereits die Milchschnitte von Ferrero und den Monte-Drink von Zott mit dem „Goldenen Windbeutel“. Die Schnitte enthalte „mehr Fett und Zucker als eine Schoko-Sahnetorte“ und führe den Slogan „Schmeckt leicht. Belastet nicht. Ideal für zwischendurch.“ somit ad absurdum. Der Drink sei ebenso völlig überzuckert.

Lorena Greppo . . . schaut als Vegetarierin beim Einkauf sowieso schon genau auf die Zutatenlisten der Produkte. Jetzt voraussichtlich mehr denn je.