Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Im Laufe eines Menschenlebens schlägt das Herz im Schnitt drei Milliarden Mal. Wie man den größten Muskel unseres Körpers lange leistungsfähig halten kann, erklärt Professor Matthias Leschke.

Vieles hängt an einer gesunden Lebensweise, an Dingen, die ich gezielt beeinflussen kann. Gibt es daneben individuelle Risikofaktoren für Herzerkrankungen, so etwas wie eine erbliche Vorbelastung?
Wo nahe Angehörige wie Vater oder Mutter schon mit unter 55 Jahren einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten haben, besteht ein deutliches familiäres Risiko. Umso wichtiger ist für diese Menschen, immer darauf zu achten, ob ihre Cholesterinwerte adäquat sind und ob sie einen erhöhten Blutdruck haben.

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Ab wann ist mein Blutdruck erhöht?
Der systolische, also der erste Wert, sollte nicht höher als 140 mmHg sein. Beim diastolischen, dem zweiten Wert, gilt 90 mmHg als Grenze zur Hypertonie, also zum Hochdruck. Wichtig ist bei der Untersuchung von Risikopatienten eine 24-Stunden-Messung. Nur auf dieser Grundlage lässt sich eine gezielte Therapie einleiten, denn es ist wichtig, dass der Blutdruck in der Nacht abfällt.


Welche Gefahr bedeutet Rauchen für mein Herz?
Rauchen ist ganz schlecht, denn es erhöht nicht nur die Gefahr eines Herzinfarktes in ganz erheblichem Maße. Das Gleiche gilt für Krebserkrankungen, chronische Bronchitis oder arterielle Verschlusserkrankungen an den Beinen. Generell gilt: Erst nach fünf Jahren ohne Zigaretten ist der Körper wieder auf dem Niveau eines Nichtrauchers. Aber das Risiko für einen Bronchialkarzinom bleibt trotz alledem bestehen. Eine Faustregel, die das Gefahrenpotenzial gut wiedergibt: Mit jeder Zigarette reduziert sich die Lebenserwartung um etwa acht Minuten.


Was muss ich bei der Ernährung beachten, um mein Herz leistungsfähig zu halten?
Wir sollten auf eine vitaminreiche mediterrane Kost mit vielen Ballaststoffen achten. Generell essen wir zu viel Fleisch und zu wenig Fisch. Schlecht ist, sich abends den Ranzen vollzuhauen. Ich empfehle, mehr kleine als wenig große Portionen zu essen . Und natürlich hat die alte Regel nach wie vor Gültigkeit: Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König, Abendessen wie ein Bettler.


Raten Sie ganz von Alkohol ab?
Nein, in Maßen ist Alkohol okay. Wenn jemand damit eine gewisse Lebensfreude verbindet, kann er ruhig ein bis zwei Gläser Wein trinken, ohne dass daraus ein vermehrtes gesundheitliches Risiko resultiert. Aber Alkohol aus Frust oder zum Stressabbau ist schädlich für den Körper.


Und welche Rolle spielt bei der Prävention die Bewegung?
Bestens geeignet sind Sportarten wie Gehen, Laufen, Rudern, Fahrradfahren und Schwimmen, vielleicht auch Golfen. Alles, was man körperlich tut, sollte dem Alter angepasst sein. Drei bis fünf Einheiten, jeweils eine halbe Stunde und gut auf die Woche verteilt, sind ideal. Von einer maximalen Anstrengung ist abzuraten, besser ist, sich so zu bewegen, dass man ein bisschen außer Atem kommt. Bewegung und Anstrengung dürfen kein Zwang sein, sie müssen Spaß machen.


Wie wichtig ist ein guter Schlaf?
Sehr wichtig für unsere Gesundheit. Starke Schlafstörungen können zu Herz-Kreislauf-Problemen führen. Zu einer Gefahr können Atem-Aussetzer in der Nacht, bekannt als Apnoe-Phasen, werden. Betroffen davon sind vor allem Übergewichtige und Hochdruck-Patienten. Bei einer starken Sauerstoffuntersättigung besteht die Gefahr einer Herzschwäche, aber auch eines Schlaganfalls. Aber eines ist zu bedenken: Schnarchen an sich ist nicht pathologisch.


Ist es schädlich, ein paar Kilo mehr auf den Rippen zu haben?
Nein, ein bisschen Übergewicht ist gar nicht schlimm. Landläufig gilt ein Body-Maß-Index von 25 als normal, aber gegen einen Wert von 27 ist auch nichts einzuwenden. Selbst 30 halte ich für nicht bedenklich, wenn man mobil ist und einen trainierten Körper hat. Gefährlich ist zu viel Bauchfett.


Was bedeutet Diabetes für das Herz?
Wer an Diabetes leidet, ist enorm gefährdet für Schlaganfall oder Herzinfarkt. Diabetes ist ein Riesenproblem, die Zivilisationskrankheit schlechthin. In Deutschland steuern wir mittlerweile auf zehn Millionen Diabetes-Kranke zu. Oft sind schon 16- bis 18-Jährige betroffen. Das halte ich für erschreckend.


Wie wirkt sich Stress auf das Herz aus?
Stress an sich ist gar nicht schlecht. Nur muss die Grundhaltung stimmen. Wer optimistisch veranlagt ist, steckt schwierige Situationen und Phasen besser weg. Wichtig sind außerdem Spaß am Leben und eine intakte Partnerschaft. Chronischer Beziehungsstress macht krank. Im Beruf wird Stress oft durch mangelnde Wertschätzung erzeugt. Mehr Anerkennung für die geleistete Arbeit würde viele Probleme verhindern und trotz Stress weniger krank machen.

Das Interview führte Harald Flößer.