Von Hermann Dorn

Zielsicher greift der 100 Tonnen schwere Bagger mit seinen 30 Meter langen Armen in die Front des Gebäudes, das mehr als vier Jahrzehnte lang der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen als zentrale Anlaufstelle in Esslingen gedient hat. Mit großem Druck rütteln die Scheren an einem großen Fenster, reißen es aus der Brüstung. Schließlich stürzen der Rahmen und die Scheibe krachend auf den Boden. Szenen wie diese werden in den nächsten Wochen das Bild in der Bahnhofstraße bestimmen. Die Kreissparkasse macht dort ihren Hauptsitz dem Erdboden gleich. Laut Zeitplan soll der Neubau, der im Anschluss entsteht, im Sommer 2018 bezogen werden.

Mit der Großbaustelle am Tor zur Innenstadt beginnt für das Unternehmen die zweite Halbzeit eines umfangeichen Programms, das Investitionen von insgesamt 65 Millionen Euro vorsieht. Erklärtes Ziel ist es, die bisher auf fünf Adressen verteilten 700 Arbeitsplätze an zwei Standorten zu konzentrieren. In einem ersten Schritt wurde in der Nähe der Maille auf dem Vogelsang-Areal bereits ein Verwaltungsgebäude errichtet. Parallel stand die Sanierung des „Falken“ auf der Tagesordnung. Mit großem Aufwand hat die Kreissparkasse dem ehemaligen Gasthaus neues Leben eingehaucht. Die Arbeiten, die eine Antwort auf heftige Proteste der Öffentlichkeit gegen einen zunächst vorgesehenen Abriss bilden, sollen in den nächsten Wochen abgeschlossen werden.

Abschied vom Kompromiss

Mit dem Neubau der Zentrale strebt das Institut jetzt den Schlusspunkt der Investitionen am Standort Esslingen an. Mehr als 40 Jahre hat sich das Unternehmen mit den Einschränkungen arrangiert, die mit dem Umstand verbunden waren, dass der Baukörper ursprünglich für ein Kaufhaus konzipiert war. Die Kreissparkasse hat den bereits fertigen Rohbau übernommen und für die eigenen Zwecke umgeplant. Richtig glücklich ist das Unternehmen mit dieser Lösung nie geworden. „Da sind viele Kompromisse gemacht worden“, sagt Stefan Eitel, der Teamleiter des technischen Gebäudemanagements. Als jetzt eine umfangreiche Sanierung wartete, fiel die Entscheidung für einen radikalen Neuanfang. Die Architektur für das „Haus der Kunden“, die eine geschwungene Fassade vorsieht, stammt aus dem Büro Auer Weber Assoziierte.

Neue Übersichtlichkeit

Die Pläne versprechen große Fortschritte. Eitel hebt hervor, dass die Nutzfläche um 1000 Quadratmeter wächst. Damit entsteht der Raum für 400 Arbeitsplätze. Zuletzt waren es 320. Gleichzeitig kann die Höhe des Gebäudes gesenkt werden. Möglich wird dieses Kunststück, weil die überdimensionierte Höhe der einzelnen Geschosse korrigiert wird. „Wir schaffen in dem Gebäude eine neue Übersichtlichkeit“, betont Eitel weiter. Wichtig ist ihm außerdem die Aussicht, dass die Energiekosten um 35 Prozent sinken werden.

Bevor es soweit ist, gilt es zunächst aber, den Altbau abzubrechen. Vier Monate veranschlagt der Teamleiter für die Aufgabe, die Baumaterialien zu trennen, das Gebäude zu entkernen und anschließend das Betonkorsett abzubrechen. „Wir gehen davon aus, dass insgesamt 500 Lastwagen beladen werden“, rechnet er vor. Der damit verbundene Verkehr, die laufenden Abbrucharbeiten sowie die Eingriffe in die Bahnhofstraße bringen für Nachbarn und Passanten spürbare Einschränkungen. „Wir tun aber alles, um die Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten“, versichert Eitel.

Im Vorhinein hat die Kreissparkasse die Anlieger ausführlich über ihre Pläne informiert und um Verständnis für die Begleitumstände geworben. Das gesamte Quartier werde von der Aufwertung profitieren, behauptete Eitel damals wie heute. Nach seinen Eindrücken ist das Echo positiv. Jetzt will er alles tun, damit das so bleibt.

die konzepte

Zwei Standorte: Die Kreissparkasse konzentriert ihre 700 Arbeitsplätze, die es in Esslingen gibt, auf zwei Standorte. Im Gegenzug gibt sie drei Mietobjekte auf. Auf dem Vogelsang-Areal bringt sie in einem neuen Verwaltungsgebäude, das 2016 bezogen worden ist, 300 Arbeitsplätze unter. In dem Neubau, der 300 Meter entfernt in der Bahnhofstraße vorbereitet wird, gibt es Platz für 400 Mitarbeiter. Im „Haus der Kunden“ entsteht auch ein Veranstaltungssaal für 600 Besucher. Im „Falken“ bringt die KSK künftig ihre Immobilienabteilung unter. Überdachte Stege werden ihn mit der neuen Zentrale verbinden. Während der Bauarbeiten befindet sich das Kundenzentrum in der Neckarstraße 1.

Verkehr: Mit Rücksicht auf den Verkehr schreibt die Stadt vor, dass maximal drei Lastwagen gleichzeitig im Bereich der Baustelle stehen dürfen. Neben Lastwagenfahrern dürfen nur Anlieger und Zulieferer von der Ringstraße in die Bahnhofstraße abbiegen. Fußgänger müssen auf dem Weg in die Bahnhofstraße teilweise Umwege in Kauf nehmen.