Die Natur erweist sich im ewigen Eis immer wieder als eine große Künstlerin. Quelle: Unbekannt

Klaus und Solveig Hummel erfüllten sich einen alten Lebenstraum und bereisten drei Wochen lang die Antarktis. Seither geben sie im Freundeskreis, Schulen und der VHS ihre Erfahrungen weiter.

EsslingenEs gibt Träume, die begleiten einen seit Kindertagen. Manche werden irgendwann wahr. Und manchmal bleiben sie ein Leben lang unerfüllt. Solveig und Klaus Hummel haben sich einen ihrer Lebensträume erfüllt. Schon in jungen Jahren haben sie fasziniert die Geschichten großer Polarforscher wie Ernest Henry Shackleton oder Otto Nordenskjöld gelesen. Und stets schwang der Gedanke mit, genau wie diese beiden ins ewige Eis der Antarktis zu reisen. Vor Jahresfrist machten sich die beiden Esslinger mit der MS Bremen auf den Weg in Richtung Südpol, und was sie dort drei Wochen lang sahen, erlebten und erfuhren, hat Solveig und Klaus Hummel seither nicht mehr losgelassen. „Wer diese einzigartige Landschaft jemals auf sich wirken lassen durfte, wird für immer mit anderen Augen durch die Welt gehen. Man spürt, wie klein der Mensch angesichts der Großartigkeit der Schöpfung ist“, sagt Klaus Hummel. Und weil seine Frau und er gespürt haben, dass nicht nur sie vom Gedanken an die Antarktis fasziniert sind, halten sie seither im Freundeskreis, in Schulen und am kommenden Freitag ab 19 Uhr auch in der Esslinger Volkshochschule Vorträge über ihre Reise ans Ende der Welt. „Wir wollen etwas von unseren Eindrücken weitergeben und für mehr Achtsamkeit gegenüber unserem Planeten aufrufen“, erklärt Solveig Hummel. „Wer sich mit der Antarktis beschäftigt, der weiß, wie viel für uns alle auf dem Spiel steht, wenn wir nicht sorgsam mit dieser besonderen Region umgehen.“

Kreuzfahrt mit Expeditionscharakter

Unsere Welt ist im Zeitalter der Globalisierung zusammengerückt. Entfernungen spielen keine entscheidende Rolle mehr – selbst Reisen in weite Ferne wirken wie ein Katzensprung. Eine Reise in die Antarktis ist jedoch immer noch ein Abenteuer – nicht nur der hohen Kosten wegen. Diese Gewässer dürfen nur von etwa 20 Kreuzfahrtschiffen wie der MS Bremen für Kreuzfahrten mit Expeditionscharakter angesteuert werden. Mit Klaus und Solveig Hummel waren nur etwa 100 Privatreisende an Bord – jeder musste seine Konstitution per ärztlichem Attest nachweisen. Hinzu kamen etwa 100 Besatzungsmitglieder, darunter auch eine ganze Reihe honoriger Wissenschaftler, die den Reisenden Tag für Tag in fachkundigen Vorträgen die unterschiedlichsten Geheimnisse der Antarktis nahebrachten.

Unterwegs galten strenge Regeln: Anders als gewöhnliche Kreuzfahrtschiffe wird die MS Bremen nicht mit Schweröl, sondern mit saubererem Diesel angetrieben. Müll durfte nicht einfach ins Meer geworfen werden, wie das bei üblichen Kreuzfahrten schlechter Brauch ist. Und wenn das Schiff irgendwo Halt machte, gab’s für die Passagiere klare Vorgaben, wohin sie gehen durften und welchen Bereichen sie fernbleiben mussten, um Tier- und Pflanzenwelt nicht zu gefährden. „Wenn man bedenkt, dass es dort Pflanzen gibt, die in zehn Jahren nur fünf Zentimeter wachsen, passt man selbst am besten auf, damit man nur ja nichts mit einem unbedachten Schritt zerstört“, erzählt Solveig Hummel. Dazu gehört auch, dass vor und nach jedem Landgang Schuhe und Sicherheitskleidung peinlich genau gereinigt wurden, damit die Reisenden zum Beispiel keine Samen von einem Ort zum anderen tragen konnten, die das jeweilige Ökosystem gefährden würden. Die Vorsorge geht so weit, dass Hunde an Bord sind, die vor jedem Landgang das Schiff durchsuchen, damit sich keine Ratten eingeschlichen haben, die an Land gehen und die wenigen Pflanzen oder die Eier der Pinguine fressen könnten.

Apropos Pinguine: Flora und Fauna der Antarktis haben den beiden Esslingern größten Respekt abgenötigt. Sie sind Zehntausenden Pinguinen begegnet, haben Wale, Robben, Seebären und eine Vielzahl von Seevögeln aus nächster Nähe beobachtet und viel über die Geheimnisse dieser Tiere erfahren. Vor allem die See-Elefanten haben es Solveig Hummel angetan: „Wenn man bedenkt, dass diese Tiere bis zu eineinhalb Kilometer tief tauchen und sich mit bis zu 150 Kilometern in der Stunde fortbewegen können, kann man nur staunen“, erinnert sie sich. „Es ist unglaublich, mit welchen Fähigkeiten die Natur diese Tiere ausgestattet hat.“ Mindestens ebenso spannend findet Klaus Hummel die Tatsache, dass es tief unter dem Eis einen verborgenen Lebensraum gibt, von dessen Existenz nur die wenigsten etwas ahnen: „Wenn man all das gesehen hat, versteht man, weshalb die Antarktis das größte Naturschutzgebiet unseres Planeten ist und weshalb wir alles tun müssen, um diesen einzigartigen Lebensraum zu erhalten“, ergänzt Klaus Hummel.

Die beiden Esslinger sind in ihrem Leben weit herumgekommen. Sie haben in jüngeren Jahren in der Kalahariwüste in Afrika gearbeitet, sie waren zum Wandern im Himalaja und lieben es, überall dorthin zu fahren, wo sich keine Touristenmassen tummeln. Doch ihre Expedition in die Antarktis nötigt ihnen auch ein Jahr danach noch immer großen Respekt ab: „Die absolute Ruhe, wie man sie nur dort erlebt, bleibt für immer im Gedächtnis“, sagt Klaus Hummel. „Man liest die Geschichten von Abenteurern und Entdeckern ganz anders, hat plötzlich das Drama des Walfangs und der blutigen Robbenjagd vor Augen, man begreift, was die Menschheit der dortigen Tierwelt angetan hat und erinnert sich an unvergessliche Begegnungen mit friedvollen Tieren.“

„Die Faszination ist riesengroß“

Vor allem aber ist den Hummels ein tiefes Gefühl von Verantwortung geblieben, die jeder für die Bewahrung dieses höchst sensiblen Ökosystems übernehmen sollte. „Man spürt Demut angesichts des Reichtums unserer Schöpfung“, erzählen sie. „Wenn man bedenkt, wie wichtig diese Region für unser Klima ist und was eine Zerstörung dieses Lebensraums für unseren Planeten bedeuten kann, darf man nicht wegschauen, wenn man um die Gefahren weiß, die der Antarktis drohen.“ Dabei denkt Klaus Hummel nicht nur an die Bedrohungen der dortigen Tierwelt oder die Jagd nach verborgenen Rohstoffen, sondern auch an den Klimawandel, der gerade die Antarktis treffen könnte: „Wenn rein hypothetisch das ganze Eis der Antarktis schmelzen würde, dann stiegen die Weltmeere um 60 Meter an. Realistisch werden unsere Weltmeere bis 2100 um 60 Zentimeter ansteigen. Dann würde zum Beispiel Bangladesch zu drei Vierteln überflutet sein. Das hätte auch für unser Leben Folgen von unfassbarem Ausmaß.“

Deshalb wollen die beiden Esslinger auch andere an ihren Erlebnissen und Einblicken teilhaben lassen – zum Beispiel am Freitag, 25. Januar, ab 19 Uhr in der Esslinger Volkshochschule. Die gesamten Einnahmen des Abends gehen an Greenpeace, um Projekte in der Antarktis zu unterstützen. Und ganz egal, ob sie im Kreis von Freunden oder bei Vorträgen vor Schülern oder Erwachsenen von ihren Erfahrungen berichten – überall spüren die Hummels: „Die Faszination, die diese Region auf viele ausübt, ist riesengroß.“