In unserer Mobilitätsserie geht es heute um den Berg: In Hegensberg, Liebersbronn, Kimmichsweiler und Oberhof hofft man auf ein Konzept für zukunftsträchtige Mobilität.
Esslingen Auf dem Berg würde man das Thema Mobilität gern grundsätzlich angehen. Deshalb hat der Bürgerausschuss seine Zustimmung zum neuen Flächennutzungsplan auch an eine Bedingung geknüpft: Im Gegenzug zum Ja zu neuen Wohngebieten erwartet man in Hegensberg, Liebersbronn, Kimmichsweiler und Oberhof ein Verkehrskonzept. Denn so wie es jetzt ist, soll es nicht bleiben: Der Autoverkehr nehme zu viel Raum ein, der Rad- und Fußgängerverkehr dagegen zu wenig, finden die Bewohner auf dem Berg.
Das liegt aus ihrer Sicht unter anderem daran, dass die Infrastruktur nicht zu dem passt, was sie sich eigentlich vorstellen. So sei die Hauptstraße in dem Stadtteil – also die Esslinger Straße, die dann in die Liebersbronner und in die Neue Straße übergeht – eine reine Durchgangsstraße. „Das ist gar nicht nötig bei uns, wir sind ja ein reiner Wohnstandort“, findet Thomas Mühleisen vom Bürgerausschuss. Und man wisse, dass der größte Teil des Autoverkehrs aus dem Stadtteil selbst komme. Allerdings sei die Hauptstraße auch nicht besonders gut geeignet für den Radverkehr. Schließlich sei sie eng und die vielen Autos verursachten Lärm und Staub.
Das ist inzwischen ein Problem. Denn mit den E-Bikes sind die Fahrräder auch auf dem Berg angekommen, wohin sich zuvor wegen der Topografie eher wenig Radler verirrt hatten. Und angesichts der Diskussionen über Luftverschmutzung und Klimaschutz rechnet man im Bürgerausschuss damit, dass das Radfahren auch in diesem Stadtteil verstärkt ein Thema wird. Vor allem die Anbindung an die Innenstadt wolle man verbessern – aber nicht nur. „Derzeit gibt es noch gar keinen Radweg auf dem Berg“, betont Bernd Ziegler, Vorsitzender des Bürgerausschusses.
Aber auch ein neues Konzept für Carsharing kann man sich gut vorstellen. Es hat hier bereits ein Angebot gegeben: Car2Go hatte sein Geschäftsgebiet bis auf den Berg ausgeweitet, deshalb gibt es hier auch zwei E-Tankstellen. Doch vor einigen Monaten verkleinerte die Daimler-Tochter ihren Einzugsbereich wieder, der Stadtteil gehört seither nicht mehr dazu. Nun stören die E-Tankstellen in der Ortsmitte von Hegensberg die Bewohner eher. Denn es gebe hier nicht so viele private Elektroautos als dass man gleich zwei Stromtankstellen brauche, sagt Michael Palmert vom Bürgerausschuss. „Deshalb wollen wir uns bemühen, dass es nur noch eine E-Tankstelle gibt, damit nicht gleich zwei Parkplätze dafür wegfallen.“
Schließlich ist Parkplatzmangel auch in diesem Stadtteil ein Problem. „Wir sind zugeparkt“, konstatiert Thomas Mühleisen. Die Lösung könne aber nicht sein, noch mehr Stellplätze zu schaffen: „Je mehr Parkplätze es gibt, desto mehr wird geparkt“, hat er beobachtet. Wenn es auf der Straße Platz gebe, funktionierten manche ihre Garage zum Abstellraum um und stellten das Auto raus. Aus seiner Sicht kann man der Verkehrsprobleme nur Herr werden, indem man die Zahl der Fahrzeuge reduziert. Das hingegen funktioniere nur, wenn es attraktiver ist, zu laufen oder mit dem Rad zu fahren – oder den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen.
Die Busverbindung in die Innenstadt sei im Vergleich zu anderen Stadtteilen auch gar nicht so schlecht, finden die Bürgerausschuss-Mitglieder. Die Linie 138 befördere zwar hauptsächlich Schüler, aber zusammen mit der Linie 108, die unter der Woche im Viertelstundentakt und samstags halbstündig fahre, sowie dem Nachtbus sei man recht gut angebunden. Allerdings sei der Nahverkehr viel zu teuer, findet Bernd Ziegler. Die Fahrt zu zweit vom Berg zum Esslinger Bahnhof und zurück koste zehn Euro: „Das lohnt sich nicht.“ Da sei Autofahren viel günstiger.
Laufen ist ebenfalls günstig, allerdings an vielen Ecken auf dem Berg zu gefährlich, finden die Bewohner. Man sei zu Fuß zwar schnell in den Wiesen, aber innerhalb des Stadtteils seien die Fußwege nicht attraktiv. Insbesondere an der Hauptstraße und an der Kreuzung von Esslinger, Oberesslinger, Liebersbronner und Hofstraße sowie der Straße Am Hausweinberg sei die Situation alles andere als ideal: „Da treffen fünf Straßen aufeinander und es gibt nur einen Fußgänger-Überweg“, kritisiert Michael Palmert. Zwar gelte an dieser Stelle schon eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30, „aber das wird oft missachtet“, berichtet Mühleisen. Auch eine Ampellösung und die Einrichtung eines Kreisverkehrs habe man schon diskutiert, aber beides sei an dieser Stelle nur schwer zu realisieren.
Was aus Sicht der Mitglieder des Bürgerausschusses auch zu viel Verkehr im Stadtteil führt, ist die fehlende Nahversorgung. Zwar gibt es inzwischen zwei Bäcker in der Ortsmitte von Hegensberg, doch die meisten Alltagsbesorgungen müsse man außerhalb des Stadtteils erledigen. Und dafür nehmen die meisten das Auto – vor allem, wenn es um den Großeinkauf geht. Schon lange kämpfen die Bewohner auf dem Berg, wieder einen Nahversorger in ihrem Stadtteil anzusiedeln, doch bislang ohne Erfolg. Für die großen Supermarktketten gibt es keine ausreichend großen Flächen und kleinere Anbieter sahen sich bislang wirtschaftlich nicht in der Lage, einen Laden auf dem Berg zu betreiben. Beim Bürgerausschuss hat man nun einige Ideen, wie eventuell dennoch eine Nahversorgung angeboten werden könnte – zumindest in kleinem Umfang. Das könnte dann auch helfen, den Autoverkehr etwas zu reduzieren. Doch ganz in trockenen Tüchern sind die Projekte noch nicht.
Auf dem Berg hofft man nun, dass im Rahmen eines neuen Verkehrskonzepts all diese Themen aufs Tapet kommen – und zukunftsträchtige Lösungen für den Verkehr gefunden werden.
Stärken, Schwächen und Statistik
die Busanbindung ist vergleichsweise gut, wenn auch nach Ansicht der Bewohner vom Berg zu teuer
Es gibt gleich zwei E-Tankstellen in der Ortsmitte von Hegensberg, allerdings ist der Bedarf nicht mehr so groß, seit das Geschäftsgebiet von Car2Go nicht mehr bis auf den Berg reicht
Immer mehr Radfahrer sind im Stadtteil auf dem Berg zu sehen, weil die Topografie für Radler, die mit dem E-Bike unterwegs sind, nicht mehr ein solches Hindernis ist wie für Radler ohne elektrischen Antrieb
Obwohl immer mehr Radler im Stadtteil fahren, gibt es noch keinen Radweg
Auch für Fußgänger gibt es kaum attraktive Wege – man ist zu Fuß zwar schnell in den Wiesen, doch innerhalb des Ortes und hinunter in die Esslinger Innenstadt fehlen sichere und gut nutzbare Fußwege
Die Hauptstraße ist eine Durchgangsstraße, obwohl der Stadtteil ein reiner Wohnstandort ist. Doch der meiste Verkehr wird durch die Bewohner selbst verursacht
Der Stadtteil ist sehr zugeparkt, sowohl in den Wohnstraßen als auch in der Ortsmitte sind Parkplätze knapp
Zahlen: Zum Stadtteil auf dem Berg gehören die Ortsteile Hegensberg, Liebersbronn, Kimmichsweiler und Oberhof. In Hegensberg waren am 1. Januar 2018 insgesamt 1636 private Fahrzeuge (und 35 gewerbliche Fahrzeuge) angemeldet, in Liebersbronn 920 (34) sowie in Kimmichsweiler/Oberhof 147 (4).