Daran hat in der 90. Minute kaum noch einer geglaubt: Die ersten Autokorsos für das deutsche WM-Team 2018 konnten doch noch starten. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Leiden und Jubeln im Rudel: In der vollen EZ-WM-Arena bei Audi Hahn in Esslingen sind die Fans gemeinsam im Wechselbad der Gefühle geschwommen.

EsslingenDie Vorfreude ist riesig, die Anspannung auch.“ Mit diesem Satz hat ARD-Kommentator Tom Bartels wohl den Gemütszustand eines ganzen Landes zusammengefasst. Nach der Auftaktpleite gegen Mexiko war der Druck auf die deutsche Nationalmannschaft enorm. In einer atemlosen Zitterpartie erkämpften sich Jogis Jungs das 2:1 gegen die Schweden. Eine Niederlage im russischen Sotschi hätte den Deutschen erstmals in der WM-Geschichte bereits in der Vorrunde das Aus beschert.

Um das zu verhindern, fieberten die Fans frenetisch mit: Eine prall gefüllte EZ- WM-Arena bei Hahn Audi Esslingen unterstützte die deutsche Elf mit Leibeskräften. Zurücklehnen war zu keinem Zeitpunkt möglich. Viele vertane Chancen vorne, Patzer hinten, Erwartungsdruck im Nacken. In der 32. Minute dann: Tor für Schweden durch Ola Toivonen – Schockstarre. Verursacht durch einen Fehlpass von Toni Kroos und unhaltbar für Torhüter Manuel Neuer, der ansonsten glänzend pariert hat. Fassungslose Gesichter unter den Esslingerinnen und Esslingern, die Freunde und Familie zum Public Viewing mitgenommen haben.

Die dunklen Wolken über der EZ-WM-Arena in der ersten Spielhälfte: Symbol für einen neuen Negativrekord der Nationalelf? Das Wetter hielt jedenfalls, später drangen sogar vereinzelte Sonnenstrahlen durch. Ähnlich die Vorrunden-Partie Deutschland-Schweden. Drei Minuten nach Anpfiff zur zweiten Halbzeit löste das Knie des heransprintenden Marco Reus den Schockzustand mit dem Anschlusstreffer auf. Aufatmen vor der sieben mal vier Meter großen Leinwand in der Alleenstraße – Entwarnung sieht jedoch anders aus. Für Robin, der mit Freunden an diesem Abend pünktlich eine halbe Stunde vor Spielbeginn eintrudelte, wäre eine Niederlage unvorstellbar gewesen. „Das wäre schon eine krasse Enttäuschung“, so der Fußball-Fan vor dem Anpfiff. Was tun in so einem Fall? „Betrinken“, antwortet sein Kumpel pragmatisch. Doch der Super-GAU des Titelträgers blieb aus.

Auch viele andere beim Public Viewing, das von Hahn Automobile, der Eßlinger Zeitung und der Agentur X-Events veranstaltet wurde, waren im Vorfeld guter Dinge. Die erste halbe Stunde bestärkte das nur, die vielen ungenutzten Tor-Chancen stimmten die Bildschirm-Brüller zunächst euphorisch. Das verkehrte sich mit zunehmender Spieldauer jedoch ins Gegenteil. Die Anspannung vor Ort steigerte sich ins Unermessliche. Mit dem Freistoß-Treffer von Kroos ins lange Eck in buchstäblich letzter Minute klappte es mit dem heiß ersehnten Sieg gegen die Schweden und einem krönenden Abschluss eines nervenaufreibenden Spiels.

Nach Kroos‘ Treffer tobte die Menge, Menschen lagen sich in den Armen, teilten den emotionsgeladenen Moment miteinander. Hupende Autokorsos mischten sich in die Luft rund um den Neckar an diesem Abend. Ein 1:1 hätte zwar nicht direkt ein Rückflugticket für die deutsche Elf bedeutet, die Aussicht wäre aber dennoch sehr düster gewesen. Denn dann hätte man auf einen Sieg der Mexikaner hoffen müssen. Auch Harald Stöhr, der bei einer Verlosung Karten für das Public Viewing gewonnen hatte, erlebte ein Wechselbad der Gefühle. Vor Beginn der Partie hatte er kaum an einem Sieg Deutschlands gezweifelt, eine gewisse Anspannung nach der Niederlage gegen Mexiko konnte er jedoch nicht leugnen. Wenig optimistisch war er dem deutschen Team am Anfang der zweiten Hälfte gegenüber gestanden. Zum Schlusspfiff schließlich fand er kaum noch Worte: „Einfach super.“ Mehr könne man nicht sagen.

Nächsten Mittwoch geht es dann weiter gegen Südkorea. Wenn die Schweden jetzt die Mexikaner besiegen, dann stünden alle drei Teams mit sechs Punkten da. Das Torverhältnis würde in so einem Fall schließlich über das Weiterkommen entscheiden. Es bleibt also spannend.