Geballte Schöpferkraft: Die zehn Finalisten des Innovationspreis-Wettbewerbs des Landkreises Esslingen mit den Laudatoren und Landrat Eininger (links). Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Beim Wettbewerb um den Innovationspreis der Wirtschaftsförderung des Landkreises Esslingen wurden zehn Firmen ausgezeichnet.

EsslingenVor zwei Jahren war es Pinion, die kleine Firma aus Denkendorf, die die Fahrradwelt mit ihrem Schaltgetriebe revolutionierte, jetzt ist es das Wolfschlugener Unternehmen Schäfer, das mit seinen weltweit ersten selbstklebenden Etiketten aus 100-prozentig recyceltem Polyethylen für Schlagzeilen sorgt. Es steckt jede Menge Erfindergeist in den kleinen und mittelständischen Firmen im Landkreis Esslingen. Wer das bislang anzweifelte, dem wären am Montagabend in der Kundenhalle der Kreissparkasse die Augen aufgegangen. Was da Schöpferkraft präsentiert wurde, kann sich mehr als sehen lassen.
Zum 9. Male hatte die Wirtschaftsförderung des Landkreises Esslingen den Innovationspreis ausgeschrieben. Nach 39 Bewerbungen vor zwei Jahren hatten diesmal nur 23 Kleinunternehmer und Mittelständler ihre Erfindungen und kreativen Produkte eingereicht. Zehn davon schafften es ins Finale und zu einer öffentlichen Würdigung vor großem Publikum. Auf das Podium der drei Besten schafften es neben Schäfer-Etiketten das Esslinger Startup-Unternehmen RP-Engineering mit einem innovativen Messgerät für Seile und Comemso aus Ostfildern-Ruit, das mit einem kleinen Tester für E-Ladestationen die Fachwelt begeistert (siehe nebenstehende Beiträge).
Die weltweiten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen veränderten sich nahezu täglich, sagte Landrat Heinz Eininger, Schirmherr des Wettbewerbs. Protektionismus, Brexit, die Krisen im Nahen und Mittleren Osten verunsicherten auch die Unternehmen und vor allem die Menschen hierzulande. „Gleichzeitig stehen wir am Beginn der 4. industriellen Revolution. Die Digitalisierung verändert unser Leben“, so Eininger. Der Landkreis stelle sich diesen Aufgaben. Bereits 2017 habe man einen Zukunftsdialog ins Leben gerufen, bei dem Politik, Wirtschaft und Verwaltung gemeinsam Lösungsansätze und Strategien entwickelt haben. Als eine der größten Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort sieht Eininger den Transformationsprozess in der Automobilindustrie. Derzeit werde ein kreisweites Elektromobil-Konzept erstellt, das neben der Ladeinfrastruktur den Fuhrpark des Landratsamtes sowie Chancen und Risiken für den öffentlichen Nahverkehr im Auge hat. „Auch für die Brennstoffzelle sehen wir Zukunftschancen“, sagte der Landrat. Gemeinsam mit der Hochschule Esslingen habe der Landkreis das Projekt „Emissionsfreie Straßenmeisterei“ mit wasserstoff-betriebenen Schwerlastfahrzeugen gestartet.
Als Gastredner setzte sich Professor Stefan Reindl, der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule Nürtingen-Geislingen, genau mit diesem Thema der Transformation in der Autobranche auseinander. „Wir müssen uns gewaltig verändern“, war seine Botschaft, die er mit zum Teil deutlichen Worten darlegte. Vor allem müsse man „endlich aufhören, alles schlecht zu reden“. Deutschland brauche eine integrierte Mobilität, die ökologischen wie ökonomischen Anforderungen genüge, so Reindl. Mobilität von morgen benötige zwingend eine Offenheit für neue Technologien. Den neuen Herausforderungen sei man noch nicht gewachsen, so Reindl. Er vermisst ein gesellschaftliches wie auch wirtschaftliches Umdenken. Und man brauche eine nachhaltige systemische Transformation. Es gehe darum, Verkehr zu vermeiden, zu optimieren und zu verlagern.
Fahrverbote hält Stefan Reindl, der selbst Benzin im Blut hat und, wie er verriet, einen Porsche fährt, für „Blödsinn“. In Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sieht er einen „Totalausfall“, denn „er toppt mit seiner Symbolpolitik eine schlechte Idee mit einer anderen“.
„Warum die Existenz des Verbrennungsmotors noch künstlich 20 Jahre hinauszögern?“, fragte der Professor provokant. Viel besser sei, es Fristen zu setzen. Warum? „Das gibt allen Sicherheit.“ Die größten Chancen sieht der Wissenschaftler im batterie-elektrischen Antrieb. Vor allem müsse man bei der Frage des Antriebs von morgen „endlich einen Schwerpunkt setzen und in irgendeine Richtung Gas geben“. Die Akteure der Automobilwirtschaft tun sich nach der Beobachtung Reindls schwer mit den notwendigen Veränderungen und dem Prozess der Transformation. Gefragt seien in Zukunft mehr denn je kundenorientierte Netzwerke. Und es brauche mehr Kooperation zwischen den Automobilherstellern. Erste Voraussetzung dafür sei aber ein Problembewusstsein.
Die weiteren sieben Finalteilnehmer: Daidalos inox profile systems GmbH aus Leinfelden-Echterdingen, Kurz Karkassenhandel GmbH aus Wendlingen, Margret Lutz GmbH & Co. KG (MLV) aus Nürtingen, mayersport Mayer aus Ostfildern-Ruit, Mercedes-Benz Fuel Cell GmbH aus Kirchheim, mk-messtechnik GmbH aus Notzingen und Schempp-Hirth Flugzeugbau GmbH aus Kirchheim.
Den nächsten Wettbewerb um den Innovationspreis des Landkreises Esslingen gibt es 2021.