Quelle: Unbekannt

Jedes Jahr gibt es neue Herausforderungen für das eingespielte Techniker-Team der WLB. Für die fünfwöchige Spielzeit wird viel Aufwand betrieben.

EsslingenHinter hohen Absperrungen wurde in der vergangenen Woche auf dem Esslinger Kessler-Platz geschuftet: Viele Passanten warfen neugierig einen Blick durch einen Spalt zwischen den Baustellen-Planen, um die baulichen Vorbereitungen für die diesjährige Freilicht-Inszenierung der Württembergischen Landesbühne zu beobachten: Mit viel Erfahrung, Know-how, logistischer Finesse und Muskelkraft hat ein rund 20-köpfiges Team von Theater-Technikern an vier Tagen den Aufbau gemeistert. Mittlerweile steht die Tribüne mit den Sitzplätzen fürs Publikum, die Scheinwerfertürme sind montiert und auf einer eigens errichteten großen Rampe hat das Bühnenbild Gestalt angenommen. Seit dem Wochenende laufen die Proben im Freien, bis zum Samstag, 22. Juni, hat das Ensemble unter der Regie von Christof Küster Zeit für den Feinschliff, denn dann findet hier die Premiere von Friedrich Dürrenmatts tragischer Komödie „Der Besuch der alten Dame“ statt.

„Anfang Februar erhalten und prüfen wir die Pläne und beginnen mit den ersten Planungen“, erläutert Andreas Junghans das aufwendige Vorgehen. Bei der ersten Bauprobe kurz danach wird vor Ort das Bühnenbild von Ausstatterin Marion Eisele mit einfachen Leisten markiert, „um die Größenverhältnisse abschätzen zu können und um zu sehen, ob das auch so funktioniert“, erklärt der Bühneninspektor. Nach letzten Überarbeitungen sind dann die Theaterwerkstätten dran: Die Kulissen für „Der Besuch der alten Dame“ sind – so viel darf schon verraten werden – ein Hingucker und natürlich eine Sonderanfertigung, die in einer konzertierten Aktion von Schreinerei, Schlosserei, Malsaal und Dekorationsabteilung unter Leitung des technischen Direktors André Lange gebaut, bemalt und gestaltet wurden.

Ziel: Immer wieder aufs Neue überraschen

Und weil das Ensemble mit den Proben im Saal begonnen hat lange bevor die Open-Air-Bühne hinter der Stadtkirche stand, wurde zusätzlich ein behelfsmäßiges Indoor-Bühnenbild gebaut: „Dafür wird aus vorrätigem Standardmaterial eine ähnliche Bühnensituation hergestellt, damit die Schauspieler erste Orientierungsmöglichkeiten haben“, erläutert der Bühneninspektor.

Andreas Junghans ist seit 20 Jahren im WLB-Team dabei und hat in dieser Zeit jede Menge Erfahrung bei Planung, Einrichtung und Aufbau des temporären Theatersaals im Freien gesammelt, fängt also nicht jedes Mal wieder bei Null an: Weil die Esslinger Theatermacher aber den Ehrgeiz haben, ihr Publikum immer wieder aufs Neue zu überraschen, werden nicht nur Maille-Park und Kessler-Platz im Wechsel bespielt. Es wird auch die Position von Bühne und Tribüne für jede Inszenierung neu bestimmt. „Es muss jedes Jahr alles komplett neu eingemessen und positioniert werden. Es ist jedes Jahr ein neuer Aufbau, und es ist jedes Jahr immer ein bisschen anders“, betont Junghans. Parallel dazu werden die notwendigen Genehmigungen für die Freiluft-Veranstaltung bei Bau- und Ordnungsamt eingeholt, die Feuerwehr wird informiert und die aufwendige Infrastruktur für das Spektakel wird geplant: Von der Anmietung der Toilettenhäuschen über die Aufstellung des Kassenwagens bis hin zum Gerüstmeister, der als Fachmann eigens für den Aufbau der Zuschauertribüne engagiert wird. Diese ist übers Jahr auf dem Zollberg-Theatergelände auf einem LKW-Wechselaufbau eingelagert.

Anfang vergangener Woche wurden die Teile auf dem Platz hinter der Stadtkirche angeliefert und mit einem Stapler abgeladen. „Ab diesem Zeitpunkt geht das alles nur noch händisch und mit Muskelkraft“, betont Junghans den enormen Kraftaufwand, der in diesem Jahr auch noch bei hochsommerlichen Temperaturen bewältigt werden musste. „Das ist wirklich Knochenarbeit. Man ist am Ende des Tages fix und fertig und kann sich oft kaum mehr bewegen“, weiß der 39-Jährige. Dabei muss alles perfekt sein, denn nach getaner Arbeit überprüft das Bauamt abschließend den ordnungsgemäßen Aufbau der Tribüne, die zusätzlich alle fünf Jahre durch den TÜV abgenommen wird.

Gefälle sorgt für Herausforderungen beim Aufbau

Der Kessler-Platz mit seinem Gefälle und den vielen Unebenheiten im Kopfsteinpflaster stellt die Techniker vor große Herausforderungen, damit alle Aufbauten eben und sicher stehen. Fluchtwege müssen beachtet, Durchfahrten eingehalten und Feuerwehraufstellflächen ausgewiesen werden. Absprachen mit Kessler müssen eingehalten werden, damit die Sektkellerei auch während der gut fünfwöchigen Freilicht-Spielzeit per Lastwagen mit Wein und Flaschen beliefert werden kann. Je exakter die Planung im Vorfeld, desto weniger bringen unliebsame Überraschungen das Technik-Team in die Bredouille: „Ich bin immer froh, wenn die Planung funktioniert. Und in diesem Jahr hat sie funktioniert“, freut sich Andreas Junghans.

Wenn alle Aufbauten stehen und die Proben beginnen, sind weiterhin Tape und Kabelbinder griffbereit und pfiffige Lösungen gefragt: „Wenn die Schauspieler das erste Mal auf der Originalbühne spielen und sich im Originalbühnenbild bewegen, dann gibt es immer Sachen, die noch korrigiert werden müssen“, betont Andreas Junghans, „aber das ist immer so, bei jedem Theaterstück, bei jeder Bühne, egal ob im Saal oder im Freien.“