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Um Menschen für das Thema Handhygiene zu sensibilisieren, hat die Weltgesundheitsorganisation den 15. Oktober zum Internationalen Hände-Waschtag erklärt. Albrecht Wiedenmann erklärt, wie man sich richtig die Hände wäscht.

Kreis EsslingenUm Menschen für das Thema Handhygiene zu sensibilisieren, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 15. Oktober 2008 den Internationalen Hände-Waschtag ins Leben gerufen. Seither wird einmal im Jahr die Wichtigkeit des Händewaschens unterstrichen. Doch wie reinigt man seine Hände korrekt? Und welche Rolle spielt dabei die Jahreszeit? Wir haben Albrecht Wiedenmann, Sachgebietsleiter Infektionsschutz und Umwelthygiene des Landkreises Esslingen, dazu befragt.

Herr Wiedenmann, es gibt Leute, die waschen sich in jeder erdenklichen Situation die Hände. Ist das noch vernünftig oder schon verrückt?
Wie bei allem im Leben gibt es auch beim Händewaschen ein gesundes Mittelmaß.

Es ist also durchaus möglich, sich die Hände zu oft zu waschen?
Natürlich. Es gibt sogenannte Sauberkeitsneurosen, also wenn man sich die Hände auch dann wäscht, obwohl es gar nicht erforderlich ist und gar keinen Anlass gibt.

Kann Händewaschen schädlich sein?
Letztendlich schadet zu häufiges Waschen vor allem der eigenen Haut. Durch die Seife entfernt man bei jedem Waschvorgang natürliches Hautfett, was dazu führt, dass die Haut rissiger und anfälliger für Entzündungen wird. Deswegen sollte man nach dem Händewaschen auf die anschließende Hautpflege achten.

Dennoch gibt es Momente, wo am Händewaschen kein Weg vorbeiführt.
Das stimmt. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet in diesem Fall gute Hinweise. Wenn man nach Hause kommt, sollte man sich immer die Hände waschen, weil man draußen zwangsläufig irgendwelche Dinge angefasst hat, wo Keime zu finden sind. Außerdem sollten die Hände nach dem Toilettengang, vor Mahlzeiten und erst recht, wenn man Mahlzeiten zubereitet, gereinigt werden. So verhindert man, dass Krankheitserreger ins Essen gelangen können. Auch nach dem Kontakt mit Abfällen und Tieren empfiehlt sich eine Reinigung.

Was sind denn die häufigsten Keimquellen in der Öffentlichkeit?
Im Prinzip die Bereiche, in denen sich viele Menschen auf engem Raum aufhalten und Gegenstände und Flächen, die häufig mit der Hand angefasst beziehungsweise direkt oder indirekt mit Sekreten des Nasen-Rachenraums oder Ausscheidungen in Berührung kommen. Dazu zählen beispielsweise Handkontaktflächen in öffentlichen Toiletten, Haltegriffe in Bussen oder der Handlauf am Einkaufswagen.

Aber wie werden die Keimquellen letztlich zur Gefahr für uns Menschen?
Wenn ich eine unbelebte Oberfläche wie zum Beispiel eine Türklinke anfasse, dann sind da ja keine groben Verschmutzungen zu erkennen. Das heißt, da sind, wenn überhaupt, nur ganz kleine Mengen von Krankheitserregern dran. Gefährlich wird es erst, wenn ich die in Lebensmittel reinbringe oder mit Schleimhäuten und den Augen in Berührung bringe. Erst dann können die Erreger in den Körper eindringen, sich vermehren und mich oder auch andere Personen krank machen.

Und um dem entgegenzuwirken, sollten wir uns ab und an die Hände waschen?
Genau. In diesem Fall hat das Händewaschen eine große Bedeutung.

Wann sind die Hände denn sauber, also, wie wasche ich sie richtig?
Der Waschvorgang sollte mindestens 20 bis 30 Sekunden dauern. Dabei ist wichtig, dass man die Hände mit warmem Wasser befeuchtet und anschließend die Seife drauf gibt, diese gut verteilt und alles einschäumt. Dabei sollte man auch die Bereiche zwischen den Fingern, die Fingerkuppen und unter den Nägeln waschen. Auch der Daumen wird gerne vergessen. Zum Schluss sollten die Hände abgespült und abgetrocknet werden. Es ist ganz gut, sich einen Bewegungsablauf anzugewöhnen.

Ist die Dauer so entscheidend, oder lohnt es sich auch, die Hände kurz zu waschen?
Es ist wissenschaftlich untersucht, dass das Ausmaß der Keimreduktion von der Dauer des Waschens abhängt. Durch Beobachtungsstudien weiß man allerdings, dass die meisten Leute nur zehn Sekunden die Hände waschen. Das ist nicht völlig unwirksam, aber zehn Sekunden länger bringt einen deutlich besseren Effekt.

Welche Bedeutung hat das Händewaschen speziell jetzt in der kalten Jahreszeit, wo das Immunsystem eher dazu neigt, ein bisschen anfälliger zu sein?
Generell gibt es in den Wintermonaten einfach mehr Menschen, die krank sind, herumhusten oder herumniesen. Dies führt dazu, dass auch Kontaktflächen in der Öffentlichkeit häufiger mit Keimen belegt sind. Man kann also im Prinzip von einem Teufelskreis sprechen. Der Ausgangspunkt des Ganzen ist aber weniger die Handhygiene als die Tatsache, dass der Übertragungsmechanismus von Krankheiten in der kalten Jahreszeit einfach besser funktioniert. Die erhöhte Gefahr, dass Erreger durch die Hände übertragen werden, ist dann nur eine Folgeerscheinung. Auch in diesem Fall hilft es, die Hände regelmäßig zu waschen.

Eine aktuelle Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ergab, dass Frauen „signifikant häufiger“ ihre Hände reinigen als Männer – wie erklären Sie sich das?
Die Bundeszentrale geht auf die möglichen Gründe leider nicht ein. Ich könnte mir aber vorstellen, dass das genetische und kulturelle Gründe hat. Bei Frauen ist das Pflegeverhalten noch stärker verankert. Frauen bereiten häufiger Lebensmittel zu, versorgen und unterstützen Kinder und sind in Pflegeberufen tätig. Dadurch erhöht sich auch die Zahl der Anlässe, bei denen Händewaschen sinnvoll ist. Männer dagegen üben tendenziell häufiger Berufe aus, wo man sich die Hände sichtbar schmutzig machen muss und sie gar nicht ständig reinigen kann. Ich denke dabei an den Straßenbau oder eine Kfz-Werkstatt.

Wie kann man innerhalb der Bevölkerung eine Art Bewusstsein für die Wichtigkeit des Händewaschens schaffen?
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist da sehr bemüht. Im Internet (www.infektionsschutz.de/hygienetipps) werden für verschiedene Alltagssituationen Empfehlungen gegeben. Zudem, und das ist meines Erachtens nach einer der wichtigsten Ansatzpunkte, gibt es viel Aufklärungsmaterial im Erziehungsbereich, also für Kindergärten und Schulen. Bildungseinrichtungen können sehr gut zu einem Bewusstsein beitragen und sollten dies auch.

Das Interview führte Jan Geißler.

Zur Person

Albrecht Wiedenmann (57) ist seit 2007 Sachgebietsleiter für Infektionsschutz und Umwelthygiene im Gesundheitsamt des Landkreises Esslingen. Der Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin studierte und promovierte an der Universität Tübingen.