Die Beluga II am Esslinger Neckarufer: An Bord informierte die Crew, wie der Klimawandel die Menschen in die Flucht schlägt. Foto: Stotz Quelle: Unbekannt

Von Peter Stotz

Schmelzende Gletscher, außergewöhnlich starke Wirbelstürme, schwere Regenfälle, überflutete Landstriche, ausgetrocknetes Ackerland - in der politischen Diskussion ist angekommen, dass vielfach die Folgen des Klimawandels dafür verantwortlich sind. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace fährt im Vorfeld der Weltklimakonferenz, die vom 6. bis 17. November in Bonn tagt, mit ihrem Aktionsschiff Beluga II elf Städte an. Auch in Esslingen hat das Schiff zwei Tage lang festgemacht. An Bord gab es Informationen zu einem Problem mit hoher globaler Brisanz, das bislang allerdings noch kaum diskutiert wird: Durch den Klimawandel direkt verursachte Wetterextreme und mittelfristige Klimafolgen sind die Hauptgründe für Flucht und Migration weltweit.

Wie Jannes Schröder von Greenpeace erläuterte, sind jährlich rund 26 Millionen Menschen weltweit aufgrund der Folgen der Klimaveränderung zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen. „Das sind doppelt so viele, wie diejenigen, die wegen Bürgerkrieg und Unruhen fliehen müssen“, sagte er. Schröder veranschaulichte an einem großen Globus, dass fast alle Staaten Afrikas, Asiens und auch des Pazifik darunter leiden. „Die Staaten, die am wenigsten Treibhausgase ausstoßen, sind am härtesten betroffen“, sagte er. „Und in diesem Jahr hat es auch den großen Klimafolgen-Leugner USA erreicht.“

Andrang auf die Städte

Am Beispiel Afghanistan wurde deutlich, dass die Klimaerwärmung zu einem rapiden Abschmelzen der Gletscher im Hochgebirge geführt hat. Dies wiederum ist die Ursache für eine flächige Austrocknung des Landes mit der Folge, dass mittlerweile 75 Prozent der Bevölkerung ihre Heimatgebiete verlassen haben. Weltweit versuchen Klimaflüchtlinge zumeist, in den großen Städten ihrer Länder ihr Überleben zu sichern. Doch dort treffen sie vielfach auf eine mangelhafte Infrastruktur, es fehlt an Trinkwasser, Wohnraum und Arbeit. Zur völligen Verarmung und Perspektivlosigkeit gesellen sich soziale Ressentiments, latente ethnische Konflikte brechen auf, die politisch instrumentalisiert bis zu kriegerischen Auseinandersetzungen führen können und damit eine weitere Fluchtursache begründen. „Der Klimawandel führt zur Binnenflucht, und die schürt schon vorhandene interne Konflikte. Wetterextreme und Klimafolgen wirken also als Migrationsmultiplikatoren“, erklärte Schröder. Deshalb sei es unabdingbar, die Beschlüsse der Pariser Klimakonferenz weltweit umzusetzen, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und durch den Verzicht auf fossile Energieträger treibhausneutral zu werden. „Denn mittelfristig wird auch Europa betroffen sein.“