Foto: screenshot www.esslingen.de

Esslingens Bürger sollen schnelleren und einfacheren Zugriff auf Dokumente bekommen. Ein Test der Eßlinger Zeitung hatte ergeben, dass die Homepage in Teilen unübersichtlich und zu kompliziert ist.

EsslingenMit der Digitalisierung kam die Schnelligkeit: Oft geht es um Millisekunden, die über Gewinn und Verlust entscheiden oder über die Rangfolge, in der Google Nachrichten auflistet. Bei der Stadt Esslingen geht es etwas geruhsamer zu. Die in die Jahre gekommene Homepage soll erst im nächsten Jahr erneuert werden - einen sogenannten Relaunch verpasst bekommen, wie es in der Fachsprache heißt.

Die Digitalstrategie klärt unter anderem Fragen wie diese: Wie lassen sich Wege und Wartezeiten auf dem Amt vermeiden, indem Anträge von Bürgern übers Internet abgewickelt werden? Sie enthält auch den frommen Wunsch nach einem bürgernahen und einfach zu bedienenden Internetportal. Dass es das noch nicht ist, hat die Eßlinger Zeitung jüngst in einem Test nachgewiesen. Das Fazit lautete: „Einiges ist gut, vor allem gut gemeint, vieles befriedigend, manches schlecht. Unsere Empfehlung: Die Seite übersichtlicher und nutzerfreundlicher gestalten. Und das nicht irgendwann, sondern möglichst bald.“

Doch die Zukunft muss noch etwas warten. Möglichst bald soll nämlich erst nächstes oder übernächstes Jahr sein, wie von Ingo Rust zu erfahren ist. Weil ja bekanntlich alles mit allem zu tun hat, ist der Finanzbürgermeister auch für das Gebiet „IT und Digitalisierung“ zuständig, wobei IT für Informationstechnik steht, womit wiederum die technische Verarbeitung von Daten und Informationen gemeint ist. Er ist wohl der richtige Mann dafür, denn wie man hört, ist er derjenige an städtischen Konferenztischen, der mit dem Laptop in die Besprechung kommt und dort komplett papierlos arbeitet.

Dabei will die Stadt auf Anregungen zurückgreifen, die von Bürgern kamen, die gehört wurden, als die Digitalstrategie noch im Werden war. Diese Anregungen decken sich laut Rust teilweise mit den Ergebnissen der EZ-Analyse. Vieles ist auf der Webseite nur umständlich oder schwer zu finden. Die Lehre: Der Bürger soll mit maximal drei Klicks ans Ziel gelangen. Das ist eine Zielgröße, die auch in der Wirtschaft häufig genannt wird, wenn Unternehmen dazu übergehen, ihre Waren online anzubieten. Mit jedem Klick mehr wächst nämlich das Risiko, dass der Kunde abspringt. In der Wirtschaft bedeutet das für das Unternehmen, es hat einen Käufer verloren. In der Stadt bedeutet es, es hat einen Bürger frustriert. Wirklich Geld verloren geht der Stadt aber nicht, wenn ein Nutzer sauer wird, weil das Internetportal zu kompliziert aufgebaut ist. Vielleicht ist das auch der Grund, warum viele Städte – nicht nur Esslingen – mit ihrer Digitalstrategie dem technologischen Fortschritt um einige Jahre hinterherhinken.

Was aber verloren gehen dürfte, ist Vertrauen. Wie wichtig das Vertrauen der Bürger in die Institutionen ist, rückte bei vielen aber erst ins Bewusstsein, als rechtslastige und zugleich staatskritische Protestbewegungen massenhaften Zulauf gewannen. Eine vernünftige Digitalstrategie ist daher mehr als „nur“ Service und Zeitersparnis für die Bürger. Digitalisierung kann auch bedeuten, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Für die Neugestaltung der Homepage hat die Stadt bereits Gelder eingeplant. „2020 wollen wir den Relaunch anpacken“, verspricht Rust. Wohlwissend, dass „Anpacken“ und „Umsetzen“ zweierlei Paar Schuh’ sind. Ob die neue Homepage auch 2020 steht, darauf will sich Rust noch nicht festlegen.

Hintergrund: Der Artikel vom 18.6.2019

Wie gut ist die Homepage der Stadt Esslingen?

Die Stadtverwaltung und der Oberbürgermeister von Esslingen träumen vom virtuellen Rathaus. Und der alte Gemeinderat verteilte in seiner letzten Sitzung bereits eine Menge Vorschusslorbeeren. Immerhin gibt es schon ein Papier mit dem klangvollen Namen Digitalstrategie. Im Mittelpunkt der Strategie steht der Service für die Bürger. Die Redakteure der Eßlinger Zeitung wollten nun wissen: Träumen ist ja schön, aber wie ist eigentlich der Ist-Zustand?

Dabei haben wir einen kleinen, für die Bürger aber deutlich spürbaren Bereich unter die Lupe genommen: Das digitale Tor zur Verwaltung, also die Homepage der Stadt. Wichtig ist, zu erwähnen, dass wir die Ansicht vom PC gewählt haben, die sich von der Smartphone-Ansicht unterscheidet. Ohne Zweifel wäre eine Analyse der Smartphone-Darstellung ebenso spannend, zumal immer mehr Internetnutzer eben diesen Zugang wählen. Unsere Reise beginnt auf der Startseite.

Die Startseite sieht zunächst einmal aufgeräumt aus. Praktisch, quadratisch, gut. Kein großer Schnickschnack, stattdessen relativ übersichtlich. Gleich ins Auge fallen die Losungen „Tradition&Moderne“ sowie „Stadt der Kontraste“. Was ist damit gemeint? Eine Erklärung dazu gibt es nicht. Wäre aber schön, finden wir, denn mit diesen oder ähnlichen Slogans könnten in Deutschland viele Städte werben und tun es auch. Als geübte Online-Nutzer klicken wir auf beide Schriftzüge. Nichts passiert. Es ist eine Sackgasse, es gibt keine Verlinkung. Unser Fazit: Hier wird dem Nutzer ein Gericht vor die Nase gesetzt, aber er darf nur riechen, nicht kosten. Nicht schlüssig ist die Bildauswahl: Zu sehen ist die Tradition (in Form von Häusern), von Moderne oder Kontrasten ist aber weit und breit keine Spur.

Im so genannten Header (der Kopf der Seite) gibt es ein Suchfeld. Das werden wir später ausprobieren. Jetzt sehen wir uns zunächst einmal den Rest der Startseite an, dem Eingangstor zu dem, was beim zweiten und dritten Klick folgt. Unter dem Header finden wir in einer mittleren Box. Hier präsentiert die Stadt gut sichtbar einige Themen, die ihr selbst besonders wichtig sind. Das macht Sinn. Es finden sich Verweise auf das Bürgerfest im Juli, aktuelle Baustellen und die (vergangenen) Wahlen. Unter dieser Box – der Nutzer muss jetzt mit der Maus scrollen, also die Ansicht nach unten verschieben – gibt es weitere Meldungen, unter anderem Termine des Gemeinderats, weitere Veranstaltungen, die Anmeldezahlen für die Schulen und, weiter unten, auch die Digitalstrategie der Stadt.

Sowohl auf der rechten wie auch auf der linken Seite befinden sich Hinweise auf weitere Seiten. An dieser Stelle wird es etwas unübersichtlich. Die Namen dieser Unterseiten klingen nämlich ähnlich: es.themen auf der einen Seite und „Top Themen“ auf der anderen, „es.service“ auf der einen, „Top Service“ auf der anderen. Das wirkt überladen. Während wir auf der linken Seite von den Titeln auf weitere Seiten geführt werden, sind die Überschriften auf der rechten Seite nicht verlinkt. Das erscheint uns unlogisch – es wäre technisch vermutlich kein Problem, auch die Titel zu verlinken. Stattdessen sind in kleinerer Schrift weitere Unterpunkte angeführt. Hier kann sich der Nutzer dann aber tatsächlich weiter durchklicken. Dabei kommt er auf weitere Unterpunkte. Er ist jetzt tief im Dickicht der Seite und erlebt, was oft auf komplexen Seiten passiert: Das Wiederfinden an einem anderen Tag wird zur Geduldsprobe, wenn er sich den jeweiligen Pfad nicht abgespeichert hat. Und wer macht das schon, wenn er durch ein Portal surft?
Wir gehen nun zurück zur linken Spalte, und zwar eine Stufe tiefer, indem wir dem Link „es.themen“ folgen. Dort finden wir – diese Mal recht übersichtlich dargestellt – weitere Unterthemen. Hübsch ist der kleine Wortgag, der den Titeln beigegeben wird: „städtisch.es“, „wirtschaftlich.es“, „kulturell.es“, und so weiter.

Auf unserem Weg durch die Tiefen des Portals wählen wir „städtisch.es“ und klicken uns so eine Ebene tiefer. Auch hier wieder der Mangel, dass die Überschrift nicht verlinkt ist. Weiter geht es nur, wenn man unter dem Text auf „weiter“ klickt. Das macht Sinn; dennoch sind es die Nutzer im Internet gewohnt, dass auch die Überschriften verlinkt sind. Sei’s drum: Wir gehen also über „weiter“ weiter und bekommen weitere Unterthemen angeboten: Der Haushaltsplan, die Jugendgemeinderatswahlen, Flucht und Asyl, Einbruchschutz, Wochenmarkt Zollberg. Die Mischung erstaunt uns etwas und erscheint und eine Spur zu beliebig. Wir finden nicht heraus, warum die jeweilige Information hier und nicht an irgendeiner anderer Stelle zu finden ist.
Wir klicken den Haushaltsplan an. Es ist ein PDF-Dokument mit fast 1000 Seiten, dass sich der Nutzer herunterladen kann. Wir finden das gut, dass die Stadt neben diesem Dokument auch noch viele andere – wie zum Beispiel die Digitalstrategie – öffentlich macht. Ob das „Zur Verfügung stellen“ in den weiten Tiefen des Netzes aber auch ausreicht, um die Bürgerinnen und Bürger Esslingens dazu zu animieren, sich noch stärker mit städtischen Angelegenheiten zu beschäftigen, darf bezweifelt werden. Aber womöglich kommen den verantwortlichen Digitalstrategen da noch einige pfiffige Ideen, wie man bürokratische Themen bürgernah und vor allem allgemein lesbar rüberbringen kann.

Zum Schluss probieren wir noch das Suchfenster aus. Wir wollen wissen, wie man sich in diesen (Baustellen)-Tagen am besten durch Esslingen schlängelt. Also geben wir als Suchbegriff „Baustellen“ ein und erhalten 127 Ergebnisse. Um es vorweg zu nehmen: Es ist ziemlich umständlich, an die gewünschten Informationen zu kommen. Über den Titel „Weitere Baustellen“ (an vierter Stelle auf der Liste) nähern wir uns aber dem Ziel. Wir landen auf einer Unterseite, die eine rechte Spalte hat, wo sich neben den Kontaktdaten die sperrige Überschrift „Baustelleninformationssystem“ findet. Von hier gelangt man durch einen Klick auf eine Karte, die sicherlich gut gemeint ist, aber an Unübersichtlichkeit kaum noch zu überbieten ist (siehe Bildkombo rechts unten). Sollte es ein Fahrer tatsächlich wagen, den Umleitungspfeilen zu folgen, kommt er womöglich nie an sein Ziel. Und wenn er nicht gestorben ist, folgt er den Pfeilen heute noch.

Unser Gesamteindruck: Einiges ist gut, vor allem gut gemeint, vieles befriedigend, manches schlecht. Unsere Empfehlung: Die Seite übersichtlicher und nutzerfreundlicher gestalten. Und das nicht irgendwann, sondern möglichst bald.

Die Seite der Stadt erreichen Sie unter http://www.esslingen.de