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Viele kennen ihn nur als Straßennamen: Christian Fink. Der Pianist Robert Bärwald hat Werke des Komponisten neu eingespielt.

EsslingenChristian Fink, 1831 geboren und 1911 in Esslingen gestorben, war Komponist, Orgelinterpret, Musiktheoretiker, Pädagoge am hiesigen Lehrerseminar, Musikdirektor an der Stadtkirche St. Dionys und musikalischer Leiter des Oratorienvereins und zu seiner Zeit weit über Württemberg hinaus bekannt. Heute ist der Musiker in Vergessenheit geraten, in Esslingen erinnern die Christian-Fink-Straße und eine Plakette an seinem Wohnhaus am Hafenmarkt an ihn. Der Pianist Robert Bärwald hat im Esslinger Stadtarchiv, wo Finks Nachlass ruht, das musikalische Werk Finks aus seinem Dornröschenschlaf geweckt: „Christian Fink wirkte mit seinen Kompositionen weit über Esslingen hinaus. Und er war eine prägende Figur des Esslinger Musiklebens im 19. Jahrhundert.“ Jetzt hat Robert Bärwald gemeinsam mit der Sopranistin Christine Reber eine CD mit Liedern und Klavierwerken von Christian Fink eingespielt, die am 20. Januar bei einem Konzert im Alten Rathaus vorgestellt wird.

„Der Alte“ ein Urenkel Finks

Schon seit längerem führt Robert Bärwald Finks Kompositionen in Konzerten auf. Mit dem CD-Projekt, für das er Idee, Konzeption und Produktion besorgte, möchte er die Lieder und Klaviersonaten, die bislang im Stadtarchiv schlummerten, hör- und erlebbar machen. Außerdem hat er sich vorgenommen, jene Noten von Finks Werken, die heute nicht mehr verlegt werden, neu auflegen zu lassen. Mit kriminalistischer Spürnase hat Robert Bärwald im Nachlassverzeichnis des Stadtarchivs, das 153 Werke Finks nachweist, die Originalunterlagen durchforstet: Zu wissen, dass Christian Fink diese Noten und Partituren einst geschrieben und in der Hand gehalten hat, habe ihn sehr berührt. Immer wieder beobachtet Bärwald, der selbst in Esslingen geboren ist, dass gerade die örtliche Musikgeschichte stiefmütterlich behandelt wird: „Christian Fink muss ein wahnsinniges Arbeitspensum geleistet haben. Er war damals in Deutschland sehr bekannt als Musiktheoretiker und als Organist. Er hat am Esslinger Lehrerseminar seine Berufung gefunden und Generationen von Musiklehrern ausgebildet. Er war als Stadtkantor für die Esslinger Chorszene überaus wichtig. Und er hat viele Lieder geschrieben, die meisten für seine Frau Rosa, die über 30 Jahre lang Solistin in den Aufführungen des Oratorienvereins war.“ Bärwald nahm Kontakt zur Urenkelin Christian Finks auf, die in Aichwald lebt, und entdeckte beim Stöbern im Archiv, dass auch der Schauspieler Rolf Schimpf, vor allem bekannt aus der Krimi-Serie „Der Alte“, ein Urenkel von Fink ist.

Auf der CD findet sich vor allem kammermusikalisches Repertoire aus der ersten Hälfte von Finks Leben: „Das sind alles Jugendwerke, die hier in Esslingen entstanden sind“, erzählt Bärwald. Wenn der Pianist Christian Finks Kompositionen musikalisch einschätzen soll, gerät er ins Schwärmen über das musikalische Talent des Musikprofessors und Tondichters: „Das ist wunderschöne Musik im romantischen Geist, im Stil von Mendelssohn, Schumann und Brahms. Sie ist relativ klassisch im Aufbau, aber – wie Fink wohl selbst – sehr temperamentvoll. Überall steht ‚Risolutissimo‘. Das ist Musik, die unmittelbar das Herz anspricht, sehr lyrisch und mit wahnsinnig viel rhythmischer Energie.“

Die Tätigkeit am Esslinger Lehrerseminar, damals in den Räumen der Musikschule untergebracht, wo Robert Bärwald heute unterrichtet und einmal im Jahr selbst Schulungen für Klavierlehrer macht, war dabei von herausragender Bedeutung für das Wirken Finks. „Die im 19. und frühen 20. Jahrhundert überall in Deutschland neugegründeten Seminare waren als Ausbildungsstätten für Volksschullehrer prägend. In der Seminarausbildung spielte Musik dabei eine entscheidende Rolle – innerhalb des Seminars, aber auch außerhalb, weil die Musiklehrenden im musischen und kulturellen Geschehen ihrer Städte tief verankert waren“, heißt es im informativen ausführlichen Booklet, das der CD beiliegt. Robert Bärwald, der auch an der Musikhochschule Stuttgart unterrichtet, hat die CD als „Herzensprojekt“ mit ganz viel persönlichem Engagement realisiert. Umso mehr freut sich der 40-Jährige, dass er Offenheit, Begeisterung und großzügige Unterstützung durch das Stadtarchiv, das Städtische Kulturamt, die Weiler-Stiftung, die Städtische Musikschule und die Musikhochschule Stuttgart gefunden hat.

Konzert im Alten Rathaus: „Esslinger Entdeckung: Lieder und Klavierwerke von Christian Fink“

Der Komponist: Der 1831 geborene Christian Fink wurde am Stuttgarter Waisenhausseminar zum Lehrer ausgebildet und studierte dank einer Stiftung von Königin Olga von 1853 bis 1855 in Leipzig und Dresden Musik, Orgel und Klavier. 1860 wurde er zum Musiklehrer an das Esslinger Lehrerseminar und zum Musikdirektor an der Stadtkirche St. Dionys berufen. 1861 bis 1869 wurde er Chorleiter des Esslinger Liederkranzes, 1862 erhielt er den Professorentitel und ab 1863 war er auch musikalischer Leiter des Oratorienvereins. Er komponierte Werke für Orgel, Klavier und Chor und galt als geachteter Liedkomponist. Er starb 1911 in Esslingen.

Das Konzert: Am Sonntag, 20. Januar, um 17 Uhr präsentieren Robert Bärwald (Klavier) und Christine Reber (Sopran) im Bürgersaal des Alten Rathauses Lieder und Klavierwerke von Christian Fink. Moderiert wird die Veranstaltung von Professor Joachim Kremer, der über Fink und die musikgeschichtliche Tradition des Esslinger Lehrerseminars sprechen wird. Der Eintritt ist frei. Die CD mit der Welt-Ersteinspielung von Finks frühen Werken ist beim Konzert zu erwerben oder online zu bestellen unter www.robert-baerwald.com