Auch die Stadt Esslingen verzeichnet 2016 etwas weniger Übernachtungsgäste als im sehr guten Jahr 2015. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Der seit 2010 andauernde Aufwärtstrend bei den Übernachtungszahlen ist im vergangenen Jahr gestoppt worden. Im Landkreis Esslingen wurde bis Ende November ein Minus von 2,2 Prozent bei allen Beherbergungsbetrieben errechnet. Ausschlaggebend ist der Geschäftstourimus, der in der Industrieregion etwas schwächelt, so interpretiert Tanja Gems, Tourismusförderin im Landratsamt, die Zahlen. Michael Metzler von der Esslinger Stadtmarketing bestätigt die Tendenz, wertet sie jedoch noch nicht als alarmierend.

Von Roland Kurz und Christian Dörmann

Die Wirtschaftskrise in China und wohl auch die Angst vor Terroranschlägen haben die Bereitschaft zu Geschäftsreisen gebremst, meint Tanja Gems. Der Landkreis Esslingen mit Flughafen und Landesmesse sei davon stärker betroffen als Landkreise außerhalb des Ballungsraums. Der Rückgang bei den Auslandsgästen betrug immerhin 6,7 Prozent, der Rückgang insgesamt 2,2 Prozent. Mit 1,3 Millionen Übernachtungsgästen liegt der Kreis Esslingen aber nach wie vor mit großem Abstand an der Spitze der Landkreise in der Region. Ganz oben steht die Landeshauptstadt mit 3, 4 Millionen Übernachtungen bis November - ein Plus von 3,9 Prozent.

Im Plus bleibt auch die Region Stuttgart insgesamt. Bis Ende November wurden 1,6 Prozent mehr Übernachtungen verzeichnet, obwohl die Übernachtungen ausländischer Gäste um 1,0 Prozent zurückgingen. Unter den Landkreisen zählt noch Ludwigsburg zu jenen mit leichtem Minus: Um 3,2 Prozent gingen die Übernachtungszahlen zurück, im Rems-Murr-Kreis waren es minus 0,8 Prozent bis Ende November.

In der Stadt Esslingen ist der Aufwärtstrend fürs Erste auch gestoppt worden. Die Übernachtungszahlen sind 2016 leicht zurückgegangen. Für Michael Metzler, den Geschäftsführer der Esslinger Stadtmarketing und Tourismus GmbH, keine alarmierende Entwicklung, denn tatsächlich zeigt die Gästebilanz seit 15 Jahren einen Trend nach oben an. Für das Jahr 2015 meldete die EST einen Rekord mit 225 394 Übernachtungen in der Stadt, wobei auf das Konto ausländischer Gäste allein 63 544 Übernachtungen gingen. Die Zahlen für 2016 liegen zwar noch nicht vollständig vor, aber bis zum Oktober schlug bei den Übernachtungen ein Minus von drei bis vier Prozent zu Buche. Hochgerechnet geht die Prognose für das gesamte Jahr 2016 von etwa 216 500 Übernachtungen aus, rund 63 200 davon betreffen Gäste aus dem Ausland.

Für den leichten Schwund gibt es nach der Beobachtung Michael Metzlers wohl mehrere Gründe. Nicht in Abrede stellen will er eine zunehmende Unsicherheit nach den Terroranschlägen im In- und Ausland. „Da spürt man einen leichten Einfluss, aber unter dem Strich würde ich das Thema nicht allzu hoch hängen“, sagt der EST-Geschäftsführer. Doch wenn zum Beispiel die US-Regierung eine Reisewarnung für den Besuch deutscher Weihnachtsmärkte herausgebe, bleibe dies nicht ohne Folgen.

Eine weitere Ursache, weshalb die Übernachtungszahlen 2016 nicht das Vorjahresniveau erreicht haben, könnten der Rückgang von Übernachtungsmöglichkeiten in der Stadt sein. 2015 gab es noch 24 Beherbergungsbetriebe, zwei mehr als im vergangenen Jahr. „Auch das Angebot beeinflusst natürlich die Zahlen“, sagt Metzler. Ein weiterer Gradmesser dafür, welche Rolle der Geschäfts- und Freizeittourismus in einer Stadt spielt, ist die Bettenauslastung in den Hotels und Pensionen. Diese betrug in Esslingen im vergangenen Jahr fast 45 Prozent gegenüber 46 Prozent 2015. Das ist ein vergleichsweise hoher Wert. 2016 liegt aber immerhin höher als 2014 mit einer Auslastung von 44 Prozent.

Dellen in der Statistik trotz eines insgesamt positiven Trends hat es laut Michael Metzler immer gebeben. Das war etwa in den Jahren 2009 und 2013, als man jeweils hinter die Vorjahreszahlen zurückfiel. Insofern bleibt der EST-Chef zuversichtlich: „Ich sehe weiterhin eine positive Entwicklung.“

Hoteldirektor Jürgen Köhler vom Mövenpick Stuttgart Airport & Messe war überrascht als er im Monatsbericht des Statistischen Landesamts die Minuszahlen entdeckte. „Wir haben das bei uns selbst so nicht registriert“, sagt der Chef des Vier-Sterne-Hotels mit 326 Zimmern. Er habe die gleichen Übernachtungszahlen wie 2015. Allenfalls sei seine Erwartung nicht erfüllt worden, dass es weiter nach oben gehe. Damit hatte er in einem geraden Jahr wie 2016, also ein „Messejahr“, insgeheim gerechnet. 2015 sei aber auch außerordentlich gut gelaufen, was ebenfalls eine Erklärung für den Stillstand sein könne. Er werde jetzt seine Zahlen genauer analysieren, sagt Köhler. Möglicherweise spiele die Furcht vor Terroranschlägen bei den arabischen Staaten eine Rolle, andererseits könne dieselbe Furcht dazu führen, das der deutsche Inlandstourismus steige.

Keinen Rückgang hat das Hotel „Lamm“ in Scharnhausen - fünf Kilometer vom Flughafen entfernt - registriert. „Wir sind mit dem Jahr 2016 zufrieden“, sagt Rezeptionsleitung Monika Kanella. Auch im Hotel „Drei Morgen“ in Leinfelden-Echterdingen kann Empfangsleiter Felix Zander nur sagen, dass die Zahlen „nicht nach oben“ gegangen seien.

Betten und Herkunftsländer

Kapazität: 2016 gab es im Landkreis in 173 Beherbergungsbetriebe 9911 Betten

Belegung Januar bis November:

Übernachtungen: 1, 39 Millionen

Rückgang gesamt: - 2,2 Prozent

Ausländische Gäste: 373 500

Rückgang: - 6,7 Prozent

Auslastung gesamt: 42,7 Prozent

Herkunft

Ausländische Gäste in Baden-Württemberg in 2016 (bis November)

Europa: 8,1 Mio. (+ 2,1 %)

Schweiz: 2,2 Mio. (+ 2,2 %)

Niederlande: 1,1 Mio. (+2,2 %)

USA: 683 000 (+ 6,3 %)

China und Hongkong: 325 000 (- 9,5 %)

Arab. Golfstaaten: 240 000 (- 9,8 %)

Quelle: Statistisches Landesamt