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Mit dem neuen Projekt „Benefit“ macht der Kreisdiakonieverband überschuldeten jungen Leuten ein Hilfsangebot.

EsslingenZunächst hatte er einen Handyvertrag abgeschlossen, dann kam ein auf Pump gekaufter Fernseher. Als Peter M. seinen Job verlor, „ging es mit den Schulden richtig los“, erzählt er. Doch der heute 24-Jährige hatte Glück. Im Beruflichen Ausbildungszentrum in Esslingen (BAZ) lernte er Lena Stumpp kennen, die im Rahmen des Projekts „Cashflow“ beim Kreisdiakonieverband Esslingen im Kirchenbezirk Esslingen als Jugendschuldnerberaterin arbeitet. Da das auf drei Jahre befristete Projekt gezeigt hat, „wie groß der Bedarf bei Jugendlichen ist“, ist Eberhard Haußmann, Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands, froh, dass er nochmals Gelder loseisen konnte. So hat Lena Stumpp im November den Stab an Sophia Scheyhing weitergegeben. Sie wird sich in dem auf den Landkreis ausgeweiteten Projekt „Benefit“ um junge Frauen und Männer kümmern, die in die Schuldenfalle getappt sind und ihnen Auswege zeigen. Denn wer mit Miesen auf dem Konto ins Leben startet, verbaut sich mitunter die Zukunft.

Der Kreisdiakonieverband bietet seit 1975 eine Schuldnerberatung an. Da es im Schnitt aber zwei Jahre dauert, bis man dort einen Termin bekommt, „mussten wir uns für Jugendliche etwas anderes überlegen“, erläutert Eberhard Haußmann bei einer Pressekonferenz. „Denn für junge Leute ist das eine viel zu lange Zeit.“ So wurde 2015 das Projekt „Cashflow“ gestartet, das zu 80 Prozent durch das Deutsche Hilfswerk finanziert wurde und sich an Jugendliche sowie junge Erwachsene bis zum Alter von 27 Jahren wendet. Wer sich bei der Jugendschuldnerberatung meldet, bekommt innerhalb von zwei Wochen einen Termin. Und es gibt einen weiteren Unterschied: „In unserer regulären Schuldnerberatung muss sich der Schuldner selbst melden“, erklärt der Geschäftsführer. „Die Jugendlichen können aber auch über einen Sozialarbeiter, Lehrer oder Betreuer Kontakt aufnehmen.“ Dass dies hilfreich ist, hat Lena Stumpp immer wieder erlebt. „Die Schwelle, bei jemandem anzurufen, den man überhaupt nicht kennt, ist für Jugendliche hoch.“

Dass man sich bereits in jungen Jahren verschuldet, liegt nicht nur an unüberlegt abgeschlossenen Handyverträgen oder Kleinkrediten, die aufgenommen wurden, um sich den Traumurlaub zu finanzieren. „Viele Jugendliche kommen in die Schuldespirale, weil sie nach der Schule keinen Ausbildungsplatz finden oder die Berufsausbildung nicht abschließen, schlecht bezahlte Jobs annehmen oder sich in prekären Arbeitsverhältnissen befinden“, beschreibt Dayena Wittlinger, Leiterin des Beratungs- und Hilfezentrums Esslingen, einige der Ursachen. Hinzu kommen die Verlockungen der Konsumwelt, „in der man heute alles online shoppen kann“ und die Tatsache, „dass es vielen Jugendlichen an der finanziellen Allgemeinbildung fehlt und sie keine wirtschaftliche Haushaltsführung gelernt haben“.

Genau dort setzte auch Lena Stumpp an, nachdem sie sich einen Überblick über die von Peter M. im Laufe der Zeit angehäuften Schulden verschafft hatte. „Sie hat mir viele Tipps gegeben, wie ich mit dem Geld umgehen und auch noch etwas sparen kann“, berichtet der 24-Jährige. Vor allem hat die Beraterin aber auch Kontakt zu den Gläubigern aufgenommen und versucht, sich mit ihnen auf einen Vergleich zu einigen. „Dass sie die Briefe geschrieben hat, war sehr wichtig für mich. Denn man ist oft an einem Punkt, wo man am liebsten aufgeben möchte“, sagt Peter M. Bei der Analyse seines Schuldenbergs hat Lena Stumpp auch geprüft, „ob überhaupt alle Forderungen gerechtfertigt sind“. Aus Erfahrung weiß die Schuldnerberaterin nämlich, „dass viele Forderungen, die gestellt werden, zu hoch sind“. Neben der Beratung und Betreuung gehörte die Präventionsarbeit zu ihrer Aufgabe. Die will Sophia Scheyhing nun ausweiten. „Der Bedarf ist groß“, sagt sie. „Vor allem für Jugendliche, die daheim nicht lernen, mit Geld umzugehen, ist es wichtig, dass sie frühzeitig geschult werden.“

Dank „Cashflow“ hat Peter M. seinen Schuldenberg übrigens innerhalb von zwei Jahren abgebaut und gelernt, mit dem, was er zur Verfügung hat, hauszuhalten. „Ich mache mir jeden Monat einen Zettel, auf den ich alle Fixkosten schreibe“, berichtet er. „So sehe ich, was mir noch für Kleidung übrig bleibt und was ich sparen kann.“ Zudem hat der 24-Jährige neuen Mut gefasst. „Meine Ausbildung als Automechaniker habe ich leider abgebrochen.“ Nun will er es noch einmal versuchen. Im nächsten Monat hat er ein Vorstellungsgespräch bei einem großen Autobauer.