Während am Esslinger Busbahnhof meist Leere herrschte, war der Rathausplatz voll mit den lautstarken Streikenden aus dem Öffentlichen Dienst. Quelle: Unbekannt

Angestellte im Öffentlichen Dienst haben am Mittwoch in Esslingen die Arbeit niedergelegt. Mehr als 500 machten auf der Streikkundgebung auf dem Rathausplatz Lärm. Ihre Forderungen lesen Sie hier.

EsslingenAm Mittwoch ist auch in Esslingen im Öffentlichen Dienst gestreikt worden. Angestellte in der Pflege, bei der Kreissparkasse, bei den Städtischen Verkehrsbetrieben, bei den Kitas oder den Kliniken legten ihre Arbeit nieder. Laut Veranstalter demonstrierten zudem mehr als 500 Streikende ihren Unmut bei einer Kundgebung auf dem Rathausplatz. Bei den Bussen fuhren beispielsweise die Linien 101, 105, 113, 115 und 118 gar nicht, auf den Linien 102 und 103 waren nur vereinzelt Busse unterwegs. Die Fahrgäste, die der EZ-Reporter gegen 11 Uhr am Busbahnhof Esslingen befragte, nahmen es alle gelassen. Manche hatten zuvor gar nichts vom Streik gewusst oder diesen schon wieder vergessen. Elke Knapp wollte mit dem 113er zum Landratsamt. „Das ist kein Problem, dann nehme ich die Linie 104, ich könnte ja auch laufen.“ Edith Shirley stand am Zollberg an der Haltestelle, da rief jemand aus einer Wohnung heraus und informierte sie über den Streik. „Ich bin dann zum Arzt am anderen Ende des Zollbergs gelaufen. Insgesamt habe ich zwei Stunden verloren.“ Weil sich auch pädagogische Fachkräfte am Streik beteiligten, blieben gestern in Esslingen eine ganze Reihe der 30 städtischen Kindertageseinrichtungen geschlossen. Obwohl die Stadtverwaltung rechtzeitig auf den Ausstand hingewiesen hatte, stellte das manche Eltern vor eine Herausforderung, weil sie kurzfristig nach alternativen Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder suchen oder im Zweifelsfall selbst zuhause bleiben mussten. Und wer gestern die Esslinger Stadtbücherei besuchen wollte, stand dort auch vor verschlossenen Türen: Das Bibliothekspersonal beteiligte sich ebenfalls am Warnstreik.

„Tropfen auf den heißen Stein“

Kurz vor 12 Uhr zog dann eine lange Schlange von Streikenden mit Flaggen und Trillerpfeifen zum Rathausplatz, die Gewerkschaft Verdi hatte im ganzen Landkreis Esslingen zur Kundgebung aufgerufen. Die anderen DGB-Gewerkschaften erklärten ihre Solidarität. Mario Taccogna, Betriebsratsvorsitzender von Index, sagte: „Ihr im sozialen Bereich habt eine große gesellschaftliche Verantwortung, deshalb ist die Erhöhung von sechs Prozent nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Hauptredner war Verdi-Landesbezirksleiter Martin Gross. Seine Klage über „kein Angebot für niemanden“ von Arbeitgeberseite wurde mit lauten Buhrufen untermalt. „Die Staatssekretäre kamen in Zeiten voller Kassen mit leeren Händen an den Verhandlungstisch. In der nächsten Runde erwarte ich einen echten Minister mit einem echten Angebot. So gut ging es dem Staat noch nie, seit ich auf der Welt bin. Seit drei Jahren macht der Bund Gewinne.“

Der Durchschnitt als Maßstab

Der Maßstab, so Gross weiter, dürfe nicht die reichste oder ärmste Stadt sein, sondern der Durchschnitt. Wer, was er öfters höre, als Kommune die „besten Leute“ als Mitarbeiter wolle, bekomme eben auch welche, die Rückgrat haben, wenn es um die eigene Sache geht. Der Öffentliche Dienst müsse mit der Privatwirtschaft um Nachwuchskräfte konkurrieren, betonte Gerhard Frank, Vorsitzender des DGB-Kreisverbands Esslingen-Göppingen. „Euer Streik ist ein Beitrag zur Problemlösung in einer reichen Gesellschaft.“ Die Steuerverteilung müsse zugunsten der Kommunen verändert werden. Nach den Ansprachen berichteten einige Arbeitnehmer aus der Arbeitspraxis. Holger Borgas, seit 1989 in der Pflege tätig, erzählte von der Nachtwache – allein mit 30 oder 40 Patienten und womöglich noch Neuaufnahmen im Notfall. „Manche Kollegen kommen da morgens heulend raus. Die wollen einen guten Job machen.“ Astrid Happel, Personalratsvorsitzende, berichtete, was passieren kann, wenn Stellen nicht genügend attraktiv und Bewerber sehr knapp sind. „Manche Stellen müssen wir zwei bis drei Mal ausschreiben.“ Auch eine Auszubildende kam zu Wort, berichtete von teuren Mieten und dem bangen Geldzählen, ob es für den geplanten Urlaub reicht. Für die Auszubildenden fordert Verdi 30 Tage Urlaub und monatlich 100 Euro mehr.