Laut und langsam: Aber vor allem sind die Traktoren Liebhaber-Stücke ihrer Besitzer, die mit ihren „Kindern“ sehr sorgsam umgehen. Die Schlepperfreunde Esslingen entfremden die Motoren manchmal auch. Foto: Kaier Quelle: Unbekannt

Von Sabine Försterling

„Nachdem mein Vater die Streuobstwiesen nicht mehr bewirtschaften konnte, bin ich zu meinem ersten Bulldog gekommen“, sagte Frank Reiter und erntete gleich Widerspruch in der geselligen Runde, die sich seit mehr als neun Jahren regelmäßig im Hotel Berkheimer Hof trifft. Der Traktor-Fan fährt nämlich einen Dexheimer, und das sei ein Schmalspurschlepper. Nur der einst von der Firma Heinrich Lanz gebaute Bulldog dürfe so bezeichnet werden, bemerkte ein Mitglied der Schlepperfreunde Esslingen.

Der 69-Jährige ist ersichtlich stolz auf sein Fahrzeug mit dem Baujahr 1939, das er liebevoll restauriert hat und sinnigerweise das Kennzeichen ES-HL 39 trägt: Der Bulldog muss mit einer Lötlampe 15 Minuten lang vorgeglüht und das Lenkrad zunächst demontiert werden, um damit das Schwungrad des Motors anzutreiben. Die alte Technik begeistert die ungefähr 30 Schlepperfreunde, darunter eine Frau aus Hohengehren, die einen Deutz mit dem Baujahr 1958 fährt. „Wenn man heutzutage in eine Autowerkstatt schaut, herrscht dort nur der Computer“, sagte denn auch Reinhard Köster, der zusammen mit seinem Bruder Thomas zu den Gründungsmitgliedern der Schlepperfreunde gehört.

Die Denkendorfer waren dem Aufruf des Inhabers des „Berkheimer Hofs“, Markus Vogt, im Gemeindeblatt gefolgt, einen Traktorstammtisch zu gründen. Sie seien schon als kleine Pimpfe auf Schleppern gesessen und wollten diese vor dem Verschrotten retten. Mit viel Herzblut und großem Zeitaufwand wird geschraubt und gebastelt, denn Ersatzteile kann man nicht so einfach im Laden kaufen. Daher werden bei den regelmäßigen Treffen auch Erfahrungen und Information ausgetauscht.

Das Restaurieren diene der Entschleunigung, sagte Peter Piringer, der im Alltag sonst Vollgas geben muss. Er habe den ersten Fendt Baujahr 1950 im Internet gekauft. Dann folgten der zweite sowie ein roter Porsche. Ein anderer Schlepperfreund hatte bei seiner Suche eine Rarität entdeckt: Einen zweieinhalb Tonnen schweren und 30 PS starken IFA Aktivist der Brandenburger Traktorenwerke mit dem Baujahr 1949. Viele der „Kinder“ der Fans werden aber nur bei Schönwetter ausgefahren. Hans Vogt aus Wolfschlugen arbeitet aber noch regelmäßig mit seinem Hanomag (Baujahr 1954) und spaltet Holz. „Traktoren sind Kraftpakete, und der Sound ist einmalig“, schwärmte Stephan Herdtle, der auf einer Nebenerwerbslandwirtschaft aufgewachsen ist. Wenn dem 49-Jährigen auf seinem Deutz der Wind um die Nase pfeift, gibt ihm das ein Gefühl der Freiheit.

Und so geht es jedes Jahr im Konvoi vom „Berkheimer Hof“ teilweise über die Felder zum Oldtimer-Treffen ins Freilichtmuseum Beuren. Regelmäßig wird im Sommer auf einer Wiese gegrillt, auch wenn man für die 25 Kilometer bis dahin mehr als zwei Stunden braucht. Selbstredend wird der Spieß von einem alten, restaurierten Verdampfermotor angetrieben. „Wir haben in der Pfalz einmal die Weinberge unsicher gemacht“, erzählte Reinhard Köster mit einem Augenzwinkern. Das sei alles nur eine Frage der Zeit. So gebe es auch eingefleischte Liebhaber in Deutschland, die mit ihrem Traktor bis zum Nordkap gefahren sind. Hans Vogt freute sich, dass er mit seinem Hanomag bei einer Ausfahrt nach Ludwigsburg den Porsche seines Kumpels, der nur mit sechs Stundenkilometern unterwegs war, überholte. „Mit unserer Leidenschaft erhalten wir auch ein Stück Kultur“, brachte es der Besitzer des „echten“ Bulldogs auf den Punkt.