Würde eine Lärmschutzwand an der B10 gebaut, würden die Villen weitgehend davon verdeckt. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Die Bewohner der Villenzeile an der Bundesstraße 10 wünschen sich eine Lärmschutzwand. Das Baureferat im Regierungspräsidium hat eine Machbarkeitsstudie gemacht. Zwischen Vogelsangbrücke und Alicensteg wäre eine Wand möglich.

EsslingenDie Bewohner der Villenzeile an der Berkheimer Straße/B10 haben zwar wunderschöne Häuser, aber auch die vielbefahrene vierspurige Bundesstraße direkt vor der Haustür. Es ist also sehr laut. Wegen eines Anwohnerbriefs hat der Esslinger Landtagsabgeordnete Wolfgang Drexler (SPD) die Planung für eine Lärmschutzwand angestoßen. Am Mittwochabend wurden die Bewohner dieser denkmalgeschützten Häuser – die meisten sind auch Eigentümer – über den Stand der Planung durch das Regierungspräsidium informiert. „Ich habe mir gedacht, es bringt ja nichts, wenn nur ich das anschaue“, sagte Drexler zur Begrüßung der Gäste. „Sie müssen das ja sehen und sagen, was Sie davon halten.“

„Wir haben im Prinzip eine Machbarkeitsstudie gemacht“, erklärte Matthias Bauer, Chef des Baureferats Süd im Regierungspräsidium. Ergebnis: Im Prinzip ist eine Wand möglich zwischen Höhe Vogelsangbrücke und Alicensteg. Man habe ausgerechnet, welchen Schallschutz die Wand mit vier, fünf und sechs Metern Höhe bringen würde. Vier Meter bringen wenig Schallschutz, fünf viel und sechs Meter ein bisschen mehr als fünf Meter. Bauer erklärte, dass seine Behörde dabei ausschließlich den Lärm von der B10 berechne. Der Verkehrslärm zum Beispiel von der Vogelsangbrücke spiele dabei keine Rolle. Lärm werde nicht gemessen, sondern stets berechnet und zwar unter anderem aus Überflugdaten, Geländeprofil und Verkehrszählungen. So sei das nun mal in Deutschland geregelt.

Dass immer nur eine Lärmquelle berücksichtigt wird, hat offenbar mit Kosten zu tun. So ist etwa der Bund für Verkehrslärm von einer Bundesstraße – und eventuellen Schutz davor – zuständig, Lärmschutz von Bahntrassen geht auf Kosten der Deutschen Bahn AG. Das Verfahren fanden nicht alle Anwesenden realitätsnah. Ändern lasse sich das aber nicht, sagte Bauer.

Mit einem guten Dutzend Besucher waren nahezu alle Besitzer der etwa 100 Jahre alten Villen gekommen, die Reaktion auf die mögliche Lärmschutzwand fiel unterschiedlich aus. „Wir haben gute Lärmschutzfenster“, erklärte eine Bewohnerin. So eine Wand versperre doch die Aussicht auf die Stadt. Mehrere andere nickten. Auch befänden sich in den Erdgeschossen der Häuser meist Wirtschaftsräume und keine Wohnräume. Und wahrscheinlich wirke die Wand ja vor allem für die unteren Stockwerke. Außerdem könne man hier nicht beurteilen, wie viel Lärm so eine fünf oder sechs Meter hohe Wand tatsächlich wegnähme. Ob man dafür eine hässliche und laut Regierungspräsidium eine Million Euro teure Alu-Wand vor der Nase haben wolle?

Drexler staunte. Damit habe er nicht gerechnet: „Das ist ein typischer Zielkonflikt: Lärmschutz oder freie Sicht. Das müssen Sie entscheiden.“ Schön sei doch, dass die Anwesenden tatsächlich entscheiden könnten, ob eine Wand kommt oder nicht. „Das kommt in der Bundesrepublik Deutschland in der Form äußerst selten vor.“ Doch mit der gebotenen Information fühlten sich die Villen-Bewohner an diesem Abend im Mehrgenerationenhaus in der Pliensauvorstadt nicht entscheidungsfähig. So wurde verabredet, dass man sich in ein bis zwei Monaten wieder treffen werde. Dann will die Behörde genauer vorstellen, welche Wirkung eine Lärmschutzwand für die einzelnen Häuser in unterschiedlichen Höhen bringen könnte. Und dann wird entschieden.