Die Fußgängerzone in der Strohstraße trägt ihren Namen noch nicht zurecht. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Seit Mai ist ein Teil der Strohstraße Fußgängerzone – dennoch brettern viele Verkehrssünder durch. Das Rathaus will noch abwarten, die Anwohner wollen jetzt schon Konsequenzen sehen.

EsslingenSo nicht!“: Nach dem EZ-Bericht über den holprigen Verkehrsversuch in der östlichen Innenstadt ist die Unzufriedenheit von Anwohnern und Anrainern auch in den Leserbriefspalten dieser Zeitung deutlich geworden. Wie berichtet, soll seit Mai eine Fußgängerzone in der Strohstraße die Altstadtrunden der Autofahrer ausbremsen. Doch deren Verkehrsmoral lässt ebenso zu wünschen übrig wie die Beschilderung der Stadt und die zumindest bis vor zwei Wochen noch mehr als überschaubaren Kontrollen des Ordnungsamts. „So nicht!“, will Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht zwar nicht sagen. Aber „nicht optimal“ ist auch kein überzeugendes Etikett, das er dem Verkehrsversuch nach vier Monaten aufdrücken kann. Die anhaltende Gelassenheit im Rathaus ist für die Betroffenen vor Ort ein Ärgernis.

EZ-Leser Jürgen Schäfer ist es jedenfalls ein Rätsel, warum Ordnungsamtschef Gerhard Gorzellik noch länger warten will: „Tatsache ist doch, dass schon jetzt alle 30 Sekunden ein Fahrzeug durch die Strohstraße brettert.“ Auch Anwohner Joachim Middendorf findet es „frustrierend, mit welcher Gelassenheit die Stadt auf Klagen von Bürgern, Hinweisen des Bürgerausschusses und ganzseitige Zeitungsberichte reagiert“.

Gorzellik und Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht bleiben indessen nach wie vor beim anvisierten Zeitplan. Im Herbst lasse man den Verkehr in den relevanten Straßen und Gassen zählen. Dann habe man Fakten und es sei dann am Gemeinderat, daraus auch Konsequenzen zu ziehen. Gorzellik: „Es ist ein steiniger Weg. Aber es hilft uns nicht, wenn wir immer im Nebel herumstochern.“

Man darf jedenfalls gespannt sein, ob sich die zukünftigen Fakten wesentlich von den gefühlten Einschätzungen der Beobachter unterscheiden. Man habe die Autofahrer auch schon vor dem EZ-Bericht über die Probleme in der Strohstraße kontrolliert, sagt jedenfalls Gorzellik – „auch wenn man es nicht hat wahrnehmen wollen“. Danach seien die „Kontrollen etwas auffälliger geworden“. Wie viele Verkehrssünder nach wie vor über die Stroh- und Küferstraße wieder in die Ritterstraße einbiegen, hänge stark von der Tageszeit ab. In den schlimmsten Zeiten – die seien in der Regel mittags – fahre gut alle zwei Minuten ein Fahrzeug durch die Fußgängerzone, in den ruhigsten Zeiten sei es ein Auto in zehn Minuten – so seine bisherigen Stichproben. Gorzellik auf den Vorwurf, die Stadt habe es an warnenden Hinweisen am richtigen Ort fehlen lassen: „Sonst ist immer der Schilderwald in der Kritik.“

Aber wenn man den Verkehrsstrom durch die Innenstadt damit nicht reduziere, sondern nur anders verteile, „dann müssen wir den nächsten Schritt tun“, sagt auch er. Vor zwei Wochen sprach er von dem Gedankenspiel, bereits auf Höhe des Hafenmarkts in der Milchstraße eine Fußgängerzone einzurichten. Die Vorstellung, dass dann aber alle Autofahrer rund um den Postmichel zur Wende ansetzen, ist auch nicht überzeugend, das weiß auch er. Das Fernziel der Verwaltung ist jedenfalls abgesteckt: Wenn man die Ritterstraße zur Fußgängerzone machen würde, hätte man die Touren, die laut einer Erhebung aus der Vergangenheit vor allem der vergeblichen Parkplatzsuche geschuldet sind, von Anfang an unterbunden. Aber das war bislang bei der kontroversen Interessenslage der Betroffenen vor Ort nicht durchsetzbar. Bürgermeister Wilfrid Wallbrecht erinnert an einen Workshop vor drei Jahren mit Anwohnern, Geschäftsleuten, Dienstleistern und Bürgerausschuss: „Damals wollte man diesen Schritt noch nicht gehen.“

Dass eine Fußgängerzone in der Ritterstraße funktionieren könne, ohne dass die östliche Altstadt zum Erliegen komme, zeige jedes Jahr der Adventsmarkt, so Gorzellik. Oder zuletzt auch der Wochenmarkt. Es seien zahlenmäßig auch nicht sehr viele Altstadtbewohner, die man dann auf anderen Wegen in ihre Viertel führen müsse. Im Einzelfall könnte das für die Betroffenen aber schon längere Wege bedeuten – wie sie jetzt zum Beispiel die Benutzer der privaten Tiefgarage in der Strohstraße in Kauf nehmen müssten, räumt er ein. Für alle anderen „gibt es in unseren Parkhäusern genug Platz“, weiß Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht. Gleichwohl „sehe ich auch die Situation im Einzelhandel“, betont der Bürgermeister. „Warten wir mal die Zählung ab, dann werden wir den nächsten Schritt gehen.“ Wie der aussieht, konnte oder wollte Wallbrecht noch nicht sagen.