Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

„Alle fürs Klima“ – In Esslingen haben auch Erwachsene an der Fridays for Future-Demo teilgenommen.

EsslingenDer Himmel strahlt an diesem Morgen auf dem Esslinger Marktplatz in einem kräftigen Blau, die ersten Sonnenstrahlen stechen hervor und bringen etwas Wärme zur kalten Herbstluft – von einem leisen Morgen kann in dieser idyllischen Kulisse aber nicht gesprochen werden. Denn: Es ist Demotag. Fridays for Future hat, unter dem Motto „Alle fürs Klima“, zu einer weltweiten Demonstration aufgerufen. Rund 500 Esslinger haben sich mit Plakaten, Trillerpfeifen und Fahrradklingeln auf dem Marktplatz versammelt. Nicht nur Schüler sind aufgerufen für mehr Klimaschutz auf die Straße zu gehen, sondern auch Erwachsene. „Heute hoffen wir dass alle Erwachsenen die sich bis jetzt von den Streiks ferngehalten haben kommen, weil sie genau so in der Verantwortung sind“, sagt Kolja Schultheiß, Mitorganisator der Gruppe.

Dass dann so viele Menschen gekommen sind, habe der 17-jährige Schüler nicht erwartet, erklärt er in seiner Begrüßungsrede auf dem Marktplatz. Dort haben sich pünktlich um neun Uhr neben den Schülern auch viele Erwachsene, Initiativen und Vereine versammelt. „Ich habe mir extra Urlaub genommen, weil die Klimakatastrophe die größte Herausforderung hier auf der Welt ist“, erzählt Petra Schulze vom Verkehrsclub Deutschland.

Lastenräder stehen zwischen den Menschen, eine Pyramide aus grünen Kisten ist am Rand gestapelt – eine Aktion von Foodsharing Esslingen. Ein Mitglied der Initiative zieht sich während der Begrüßungsrede Handschuhe an und verteilt gerettete Brötchen und Äpfel an die Demonstranten. Es ist mittlerweile halb zehn, als sich der Demozug in Bewegung setzt. Kolja Schultheiß steht mit seinem mit Stickern beklebten Megafon am Anfang des Demozuges, direkt hinter der Polizei. Zwei Schüler haben Topfdeckel mitgebracht, klatschen die Deckel zusammen und machen Lärm. Die Demonstranten ziehen am Schelztorturm vorbei in Richtung Bahnhof.

Plötzlich kommt Hektik in der Menge auf, der Demozug stoppt, alle Menschen legen sich auf den Boden. Einige ältere Menschen stellen sich an die Seite, wer noch steht fällt auf. Nach ein paar Sekunden sind alle Demonstranten wieder auf den Beinen – „Aufstehen für den Klimaschutz“ – und die Menge läuft weiter. „Leute lasst das Auto stehn, ihr könnt mit uns zusammen gehn“, lautet einer der Rufe aus der Menge. Mitorganisatoren versuchen unterdessen, gemeinsam mit Polizeibeamten, die Menschenmasse in einer Bahn zu lenken, zu ordnen. Denn neben dem Demozug fahren laut hupende Autos und Busse. Zustimmung? Ablehnung?

In einem der Busse sitzt Sandra. Die 48-Jährige wusste nichts von der Demo. „Ich war gerade ganz platt als der Bus angehalten hat und der Demozug vorbeigelaufen ist. Klimaschutz ist ein schwieriges Thema. Ich würde für die Demo aber keinen Urlaub nehmen.“ Extra für die Demo auf der Arbeit fehlen und sich einen Tag dafür frei nehmen – das ist vor allem für die erwachsenen Demonstranten ein Thema. Martin Seifert, Programmierer, demonstriert mit. Er wohnt nicht in Esslingen und besucht die Stadt während seines Urlaubs. „Ich habe mir aber die Frage gestellt, wäre ich mitgelaufen, wenn ich keinen Urlaub gehabt hätte?“, sagt der 58-Jährige. Und ergänzt: „Ja, ich wäre wahrscheinlich mitgelaufen, hätte das aber mit der Gleitzeit geregelt. Bei uns im Betrieb ist das im Prinzip möglich, aber ich hab das spezielle Problem, dass ich um eine bestimmte Zeit immer Meetings habe. Würde ich es schaffen, meinen Chef zu überzeugen, die Meetings zu verschieben – das weiß ich nicht.“ Fahrradklingel ertönen, der Demozug hat sein vorläufiges Ziel erreicht – der Bahnhofvorplatz. Von dort startet eine Fahrradkolonne in Richtung Stuttgart. Eine Kundgebung und ein Sternmarsch ist in der Landeshauptstadt geplant. Die Armbanduhr zeigt elf Uhr. Den Radlern wird noch zugejubelt, die anderen Demonstranten nehmen, bepackt mit Demo-Schildern, die Bahn.

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