Die moderne Arbeitswelt bietet dem Nachwuchs viele Ausbildungsmöglichkeiten, aber auch große Herausforderungen. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Allein im Landkreis Esslingen blieben in diesem Jahr mehr als 300 Lehrstellen unbesetzt. Experten der Arbeitsagentur raten unbedingt zu einer soliden Berufsausbildung.

Kreis EsslingenDie Zahlen sprechen für sich: Bis zum Start ins neue Ausbildungsjahr waren im Kreis Esslingen 3905 Ausbildungsplätze gemeldet. Da sich im selben Zeitraum lediglich 3233 Bewerberinnen und Bewerber für eine Lehrstelle interessierten, hatten viele die Qual der Wahl. Während Ausbildungsplätze für Industriemechaniker, Industriekaufleute, Kaufleute im Büromanagement und im Einzelhandel oder Kraftfahrzeug-Mechatroniker einmal mehr heiß begehrt waren, blieben in weniger gefragten Berufen Ausbildungsplätze unbesetzt: Für 326 Lehrstellen fanden sich im Kreis Esslingen keine Interessenten. 35 Bewerber blieben unversorgt.

„Der Ausbildungsmarkt in der Region entwickelt sich immer mehr zu einem Markt, auf dem Bewerber beste Chancen auf Ausbildung haben und auch wählerisch sein können“, erklärt Thekla Schlör, die Chefin der Göppinger Arbeitsagentur, die den Kreis Esslingen betreut. Was vielen Schulabgängern ungeahnte Möglichkeiten eröffnet, bringt manche Arbeitgeber in die Bredouille, wie Schlör weiß: „Betriebe können ihren Bedarf an Fachkräften nicht durch Ausbildung im eigenen Haus decken, weil sie nicht mehr die passenden Bewerber finden.

Solide Ausbildung statt schnelles Geld

Sie müssen sich immer mehr nach der Decke strecken und beim Run um Bewerber schnell und kreativ sein, um junge Menschen für ihr Unternehmen und die Ausbildungen, die sie anbieten, zu begeistern.“ Die Gründe sind vielfältiger Natur: Zum einen ist der Trend zu höheren Schulabschlüssen oder gar zum Studium ungebrochen, zum anderen bietet der aktuelle Arbeitsmarkt derzeit auch genügend gut bezahlte Stellen für ungelernte Mitarbeiter. Doch das ist nach Einschätzung von Bettina Münz, der Vize-Chefin der Arbeitsagentur, kurzsichtig gedacht: „Natürlich machen wir uns Gedanken, wie wir den Fachkräftebedarf der Unternehmen sichern können. Wir denken aber auch an die Zukunft der Jugendlichen und können nur immer wieder appellieren, eine solide Ausbildung dem schnellen Verdienst vorzuziehen.“

Aktuell sind die Möglichkeiten auch für Ungelernte nicht schlecht, doch das kann sich auch wieder ändern. Und dann ist eine Berufsausbildung immer noch die beste Voraussetzung, um sich gegen eine drohende Arbeitslosigkeit zu wappnen.

Für Markus Knorpp, den Teamleiter der Berufsberater im Kreis Esslingen, und seine Kollegen wird deshalb eine fundierte und differenzierte Beratung möglicher Bewerber immer wichtiger. „Viele Bewerber konzentrieren sich auf ganz bestimmte Berufe und sind enttäuscht, wenn es damit nicht klappen sollte. In unseren Gesprächen können wir zeigen, dass es oft ganz ähnliche Berufsbilder gibt, in denen sich noch bessere Möglichkeiten bieten. Wichtig ist, dass sich die Jugendlichen in der Beratung für Alternativen öffnen. Ansonsten verpasst man womöglich seinen Traumjob.“ Angesichts der hohen Nachfrage nach Azubis geben viele Arbeitgeber inzwischen auch schwächeren Bewerbern eine Chance. Damit die Ausbildung trotzdem gelingt, bietet die Arbeitsagentur eine Fülle begleitender Hilfen, die es den Jugendlichen ermöglichen, trotz gewisser Defizite zum Ziel zu kommen.

Die Arbeit der Berufsberater

Informieren: 12 000 junge Menschen werden Jahr für Jahr von den 40 Berufsberatern der Agentur für Arbeit in den Landkreisen Esslingen und Göppingen betreut. Die Experten informieren auf vielen Kanälen über Möglichkeiten, die die moderne Arbeitswelt bietet. Neben unterschiedlichsten gedruckten Informationsmaterialien und den Angeboten im Berufsinformationszentrum (BIZ) in Göppingen werden zunehmend digitale Informationskanäle wie berufskundliche Online-Plattformen und verschiedene Apps genutzt.

Beraten: Entscheidend bleibt für die Arbeitsagentur jedoch weiterhin der persönliche Kontakt zwischen Bewerbern und Experten. Die Berufsberaterinnen und -berater sind jedes Jahr in mehr als 600 allgemeinbildenden und beruflichen Schulklassen präsent, sie bieten 2500 Sprechtage an Schulen an, laden 240 Klassen ins BIZ ein und betreuen 18 000 junge Menschen in Einzelberatungen.