Stein um Stein wird eine Trockenmauer nach historischem Vorbild gesetzt. Foto: Koch - Koch

Seit 2013 widmet sich der Verein Staffelsteiger dem Erhalt der Trockenmauern. Am Wochenende kamen beim dritten Trockenmauerbau-Workshop unter fachkundiger Anleitung von Otto Rapp wieder einige Meter hinzu.

EsslingenTerrassenweinberge mit ihren charakteristischen Trockenmauern prägen seit der Stauferzeit das Esslinger Stadtbild. Ihrer Erhaltung widmet sich der im Jahr 2013 gegründete Verein Staffelsteiger – und das mit einigem Erfolg: Seither habe man bereits 1000 Quadratmeter Trockenmauern wieder aufgebaut, erzählt der Staffelsteiger-Vorsitzende und erfahrene Wengerter Otto Rapp. „Das sind ungefähr 600 bis 700 Meter Mauer“.

Am Wochenende kamen wieder einige Meter hinzu: Zum dritten Mal hatten die Staffelsteiger zum Trockenmauerbau-Workshop geladen. Unter fachgerechter Anleitung von Otto Rapp machten sich neun Teilnehmer ans Werk. Die ungemütlichen Temperaturen waren angesichts der schweißtreibenden Arbeit schnell vergessen. Nach allen Regeln der historischen Handwerkskunst wurde gehämmert und geklopft, es wurden Steine geschleppt und vermessen. „Wir machen das ganz akkurat“, versicherte Staffelsteiger-Mitglied Michael Langer.

Ganz ohne Mörtel oder Beton kommen die Trockenmauern aus. Nur im unterirdischen Fundament dürfe betoniert werden, erläutert Otto Rapp. Der Gegensatz von trockenen, heißen Flächen an der Außenseite der Mauer und kühlen, feuchten Bereichen im Inneren lässt wertvolle Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten entstehen, darunter Wildbienen, Mauereidechsen, Zimbelkraut oder Mauerpfeffer. Da die Mauersteine tagsüber Sonnenlicht speichern und nachts wieder abgeben, fungieren sie auch als „Heizung“ des Weinbergs.

Dass die mühsam von Hand erbauten Mauern über viele Jahrzehnte Wind und Wetter trotzen ist kein Hexenwerk, sondern traditionelle Handwerkskunst. Wichtig für die Stabilität sei vor allem das Hintergemäuer aus festgeklopften Steinen und Erdreich, sagt Otto Rapp: „Je breiter das Hintergemäuer ist, desto besser.“ Zudem müsse die Mauer mit einer Neigung von rund zehn Prozent gegen den Hang errichtet werden. Verwendet werden die aus dem Mittelalter stammenden Mauersteine aus regionalem Stubensandstein.

Aufgrund des ökologischen Wertes wird der Trockenmauerbau sowohl von der Stadt Esslingen als auch der Unteren Naturschutzbehörde jeweils mit 100 Euro Zuschuss pro Quadratmeter Mauer gefördert. Weitere 100 Euro kommen aus der Vereinskasse der Staffelsteiger hinzu. Für Mauern über zwei Meter Höhe oder Mauerecken erhöht sich der Zuschuss. Kostendeckend seien die Fördersätze dennoch nicht, weswegen nach wie vor die Eigenleistung der Wengerter gefragt sei, erklärt Otto Rapp.

Dass die Kulturlandschaft in Esslingen nach historischem Vorbild gepflegt wird, findet Teilnehmer Manuel Koch beeindruckend. „Davor habe ich einen Riesenrespekt“, sagt der 27-Jährige. Für den Workshop ist er extra aus Weinstadt angereist. Dort seien die Weinberge längst flurbereinigt und die Trockenmauern Geschichte, berichtet der Ingenieur, der selbst „hobbymäßig“ einen 40 Ar umfassenden Weinberg bewirtschaftet. Mit dem erlernten Know-how möchte er die vorhandene Mauer aus Betonpflanzringen an seinem „Weinberghäusle“ entfernen und stattdessen eine Trockenmauer errichten.

Um die Weinbergterrassen attraktiver zu gestalten, ist nach Auskunft von Otto Rapp ein weiterer Weinerlebnispfad in Arbeit. Der 2016 eröffnete Rundweg erfreue sich großer Beliebtheit. Der geplante „Kelterweg“ soll von der Frauenkirche über das von den Staffelsteigern hergerichtete und mit Steinbänken ausgestattete „Staffelsteigerplätzle“ bis zur Kelter führen. Im Juli soll der neue Weg eröffnet werden.