Der amerikanische Trompeter Tim Hagans im Jazzkeller. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Der amerikanische Trompeter Tim Hagans hat Esslinger Wurzeln. In den Jazzkeller kam er nun mit einem dänischen Trio, das sofort viel Druck machte, vor allem der Drummer Anders Mogensen.

EsslingenT

im Hagans fühlt sich Esslingen besonders verbunden. Der Urgroßvater des amerikanischen Trompeters, Gottlob Kopf, ist 1870 von hier nach Philadelphia ausgewandert. In Ohio geboren, wo sein Großonkel noch versucht hat, Wein anzubauen, zog er später nach Schweden und dann wieder zurück in die USA. In den Esslinger Jazzkeller kam er nun mit einem dänischen Trio, das sofort viel Druck machte, vor allem der Drummer Anders Mogensen. Mit dem schon von zahllosen Jazzmusikern eingespielten Standard „I Hear a Rhapsody“ fingen sie an, und es klang gar nicht so rhapsodisch unverbunden, wie es der Titel vermuten lassen könnte. Vielmehr blies Hagans auf seiner Trompete, getrieben von Mogensen in seinem Rücken, fingerfertig schnelle Läufe, und immer wenn er Luft holen musste, setzte der Pianist Carl Winther einige wohlüberlegte Akkorde dazwischen. Der Schlagzeuger polterte so laut, dass der groß gewachsene Bassist Andreas Lang noch so engagiert in die Saiten greifen konnte: er kam rein von der Lautstärke her nur schwer dagegen an.

Der zweite Titel „Space Dozen“, erklärte Hagans, heiße nicht so, weil er, wie für einen Blues üblich, zwölf Takte habe, sondern weil es sich um einen Blues handle, der durch alle zwölf Tonarten wandere. So klang es denn auch: eher abstrakt, atonal, weniger nach Blues. Mehr und mehr zeigte sich, dass Winther nicht nur ein sensibler Begleiter, sondern auch ein Musiker ist, der, immer mitsingend, die komplexesten Harmoniewechsel in klingende Melodien umzusetzen versteht. Bereits sein Vater Jens Winther war Jazztrompeter, er war jünger als Hagans, der ihn noch gekannt hat, und wurde nur 50 Jahre alt. Als Lang an der Reihe war, musste Mogensen einen Gang zurückschalten. Dann wechselte mit „You Don’t Know What Love Is“ die Stimmung. Hagans begann unbegleitet mit Dämpfer, durch die dünnen Melodielinien hindurch war immer auch das Anblasgeräusch zu hören. Nur mit den Besen konnte Mogensen hier mit einsteigen, der immer wenn er sich zurückhalten musste etwas unterfordert wirkte. Nicht so Winther und Lang, die dadurch ein wenig mehr Raum bekamen. Wobei sie kein Problem damit hatten, anschließend mit dem Drummer wieder ordentlich aufzudrehen. Zum letzten Stück vor der Pause, meinte Hagans, sei ihm kein passender Titel eingefallen. Da habe ein Freund vorgeschlagen: „Things You Can Do in a Convertible“ – Dinge, die man in einem Cabriolet tun kann. Er selbst habe nie ein Cabrio besessen – aber eine bessere Idee sei ihm auch nicht gekommen.

Nach der Pause folgte zum überwiegenden Teil ein Carl-Winther-Programm: neue Kompositionen des Pianisten, bei denen die Musiker zum Teil alle noch auf die Notenblätter sehen mussten. Auf einmal wirkten sie eher so, als ob sie untereinander etwas zu besprechen hätten, statt dem Publikum etwas mitzuteilen. Umso direkter legten sie dann im letzten Titel des regulären Programms „No Words“, einer straighten Be-Bop-Nummer, los: Hagans, geschult an Trompetern wie Miles Davis oder Freddie Hubbard; die drei Dänen, jeder für sich sensitiv genug und zusammen eine geballte Kraft. Alle vier kamen jeder noch einmal ordentlich zum Zug und ließen sich danach nicht lange bitten, für einen etwas verhalteneren Titel noch einmal auf die Bühne zu kommen.