Bevor sich Verkehrsminister Winfried Hermann und seine Mitstreiter aufs Rad setzen, gibt es mal erst eine Lagebesprechung im Trockenen. Foto: Großhans - Großhans

Von Regen und Matsch haben sich Verkehrsminister Hermann und Kommunalpolitiker nicht abhalten lassen. Sie haben am Samstag eine Trasse des geplanten Radschnellweg durchs Neckartal abgeradelt.

Kreis EsslingenVom heftigen Regen haben sich Landesverkehrsminister Winfried Hermann und ein gutes Dutzend Lokalpolitiker und Landesbeamte bei ihrer Radtour nicht stoppen lassen. Die Fahrrad-Gruppe hat am Samstag eine mögliche Variante des geplanten Radschnellwegs im Neckartal abgefahren. Auf einer rund 24 Kilometer langen Strecke soll es in ein paar Jahren von der Kreisgrenze bei Reichenbach bis zur Kreisgrenze bei Stuttgart gehen.

Als sich die Teilnehmer der verkehrspolitischen Radtour am frühen Nachmittag beim Café Steiner in Plochingen treffen, schüttet es aus Kübeln. Das nutzt Verkehrsminister Hermann (Grüne) für eine kurze Lagebesprechung. Die Stimmung ist gut. Vertreter von Straßenbauämtern, den betroffenen Kommunen und des Konzeptionsbüros sind wie Hermann in voller Fahrradmontur erschienen – oder zumindest geeigneter Kleidung für Regen und Dreck. Denn die Tour führt auch über noch kaum befestigte Schotterwege sowie durch Gras und Matsch.

Bis 2030 soll das Landesnetz über 7000 Kilometer ausgebauter Radwege verfügen. „Davon sind schon weit mehr als 6000 Kilometer vorhanden, aber nicht alle in guter Qualität“, so Winfried Hermann. Der Radschnellweg Neckartal soll mindestens vier Meter breit werden, wenige Straßen kreuzen und die vorhandene Infrastruktur nutzen. Da sei es sinnvoll, so Hermann, „dass sich die Entscheidungsträger eine mögliche Trasse selbst mal ansehen“. Einerseits, damit sich Entscheidungsträger des Kreises vor Ort ein Bild machen können, andererseits auch die Vertreter der Kommunen. Allein mit dem Radschnellweg ist es nicht getan, gibt Plochingens Bürgermeister Frank Buß zu bedenken. Hinzu kommen die Zubringerwege der Kommunen. Und da geht es darum, wie viel der Baulast und des Unterhalts die Gemeinden selbst tragen müssten. Eine Frage, zu der Verkehrsminister Hermann während der Lagebesprechung noch keine konkrete Antwort gibt.

Drei Varianten stehen zur Wahl

Drei Varianten des Radschnellwegs, der mit Strecken des Stuttgarter und Göppinger Kreises angeschlossen werden soll, stehen in der engeren Auswahl. Ein Weg nördlich des Neckars durch die Kommunen, ein Weg südlich des Neckars und eine Variante am Nordufer des Flusses entlang. Die erste wäre am günstigsten, da viel auf vorhandene Straßen zurückgegriffen werden könnte – sie ist jedoch auch lang und wäre häufig im Konflikt mit dem restlichen Straßenverkehr. Südlich des Neckarufers wäre ein Radschnellweg teurer, viele Parkplätze würden durch den Ausbau verschwinden und ein großes Problem wäre der geplante Ausbau der B10.

Die Variante rechts des Neckarufers ist die teuerste, wohl aber auch die mit dem größten Charme. Diese Strecke radelt die Gruppe am Samstag grob ab. „Sie wird hohe Kosten verursachen, da viel ausgebaut oder Brücken gebaut werden müssen“, erklärt Paul Fremer, Geschäftsführer des Planungsbüros Radverkehr-Konzept. Naturschutzfragen und Konflikte mit der Naherholung seien lösbar, die Vorteile gegenüber den anderen Varianten sind aus Sicht des Planers überzeugend: Entlang des Neckars könnte der schnellste Radweg entstehen und es würde kaum Konflikte mit dem Autoverkehr geben. „Es könnte vielleicht bis 2025 geschafft sein, dass alles fertig ist“, sagt Fremer. Eine genaue Kostenkalkulation will er noch nicht veröffentlichen, für die 24 Kilometer könne man jedoch „eine grobe Hausnummer von ein bis zwei Millionen Euro pro Kilometer ansetzen“.

Als die Lagebesprechung beendet ist, hat endlich auch der Regen nachgelassen. Die Teilnehmer steigen auf ihre eigenen Räder oder nutzen geliehene Pedelecs. Trocken und sauber kommt keiner der Radfahrer von der Tour zurück. Schon beim ersten Teilstück geht es über die Wiese zur Reichenbacher Kläranlage, deren Tore Bürgermeister Bernhard Richter kurz aufschließt, um die Radfahrer hindurch zu lassen. Zuvor erklärt der Bürgermeister, wie ein Weg an der Kläranlage vorbeiführen könnte. Dann geht es weiter – durch Matsch, über Schotterwege, zurück zu nassen befestigten Straßen. Das Wetter und die Pfützen haben auch ihr Gutes: „So sieht man an den Löchern auf dem Weg zumindest gleich, wo noch nachzubessern ist“, kommentiert ein Teilnehmer.