Sinfonietta Cracovia Foto: Bulgrin - Bulgrin

Mit musikantischem Feuer spielte sich die Geigerin Yi-Jia Susanne Hou beim Esslinger Meisterkonzert durch immer virtuoser werdende Episoden – straff im Strich und technisch makellos.

EsslingenD

ie in Kanada und den USA aufgewachsene Geigerin Yi-Jia Susanne Hou ist eine aparte Persönlichkeit. So energisch wie sie im blütenweißen Abendkleid die Bühne des Neckar Forums betrat, stürzte sie sich auch in den Kopfsatz von Johann Sebastian Bachs Violinkonzert E-Dur. Dieses vor barocker Lebensfreude sprühende Werk schuf Bach in seiner Zeit am Fürstenhof in Köthen, orientierte sich fast exemplarisch am Vivaldi-Stil: Wiederkehrende Ritornelle, klare Dreiklangsmelodik und rauschende Sequenzen im figurativen Solopart. Hou servierte dem Esslinger Publikum im letzten Meisterkonzert der Saison eine frische Interpretation dieses oft gespielten Konzertes. Blitzsauber kam das Laufwerk daher, und da die Solistin immer wieder den Kontakt zum Orchester suchte, gelang auch die Verzahnung mit der präzise begleitenden Sinfonietta Cracovia bestens. Im Adagio entlockte Hou ihrer kostbaren Guarneri del Gesù Geige betörend schöne Töne, zumeist in herrlichem Pianissimo, doch im Spannungsverlauf der Phrasen auch immer wieder in der Tongebung aufblühend. Im Finale war dann Spielfreude Trumpf. Mit musikantischem Feuer spielte sich die Geigerin durch die immer virtuoser werdenden Episoden – straff im Strich und technisch makellos. Auch im Konzert D-Dur KV 218, dem vorletzten der fünf Violinkonzerte Wolfgang Amadeus Mozarts, ließ Hou nichts anbrennen. Sie sorgte für brillant perlendes Laufwerk und zelebrierte die Kadenz im Spannungsfeld zwischen virtuoser Attitüde und differenzierter Klangfärbung. Im langsamen Satz pflegte sie, gestützt auf ein feines, in den Ton integriertes Vibrato, herrliches Legatospiel und scheute auch nicht vor dynamischen Grenzgängen zurück. Dann brach sich tänzerischer Gestus Bahn: Das Rondo sprühte geradezu vor Energie, wobei die virtuosen Passagen durch elegante Einschübe kontrastiert wurden.

Während sich die Sinfonietta Cracovia, das Orchester der polnischen Stadt Krakau, bei der Begleitung der Konzerte als zuverlässiger, jedoch zurückhaltender Sekundant der Solistin auszeichnete, legte das Orchester in Joseph Haydns Sinfonie Es-Dur Nr. 43 richtig los. Jurek Dybal gab vom Konzertmeister-Pult aus die Impulse, und seine Mannschaft ließ im Kopfsatz die Läufe mit Verve dahinrauschen. Dem sauber durchgearbeiteten Adagio folgten ein recht burschikos gespieltes Menuett und das klar konturierte Finale – homogen im Zusammenspiel und sauber intoniert.

Eingangs hatten die Krakauer eine „Symphonia de Nativitate“ gespielt, ein Werk aus dem polnischen Spätbarock mit unbeschwerter, volkstümlicher Melodik, einem gesanglichen Mittelsatz und fröhlichem Kehraus. Wesentlich mehr musikalischen Tiefgang brachte Felix Mendelssohn Bartholdys Sinfonie Nr. 10 h-Moll, das Werk eines Vierzehnjährigen, in dem die spätere Meisterschaft des großen Romantikers bereits vorgezeichnet ist. Die Sinfonietta Cracovia erwies sich als guter Anwalt dieser Musik, musizierte in homogenem Zusammenspiel geschmeidig, und absolvierte die schnellen Passagen mit dem nötigen Elan.