Die Kreuzungen der Fahrradstraße sollen künftig besser markiert werden. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Nach einer Durststrecke wegen Personalmangels will die Stadt beim Thema Radverkehr nun kräftig in die Pedale treten. Sie hat jüngst ihre Projekte für 2019 vorgestellt.

EsslingenDie Stadt will den Radverkehr weiter stärken: Bis zum Jahr 2025 soll der Anteil der Radler am Gesamtverkehr in der Stadt auf 15 Prozent gesteigert werden – im Jahr 2011 betrug er sieben Prozent. Das klingt vielleicht wenig, bedarf aber großer Anstrengungen. Nach einer Durststrecke wegen Personalengpässen bei den Verkehrsplanern will die Stadt jetzt in diesem Bereich durchstarten. Nun hat sie vorgestellt, welche Projekte sie im kommenden Jahr auf der Agenda hat.

Mehr Power für den Radverkehr – so lautet das Motto von Oberbürgermeister Jürgen Zieger: „Mit einer ambitionierten Projektliste, mit hohen Budgets und den wieder besetzten Stellen in der Verkehrsplanung wollen wir die Umsetzungsgeschwindigkeit für geplante Radverkehrsprojekte deutlich verstärken“, betont er. Insgesamt sollen im kommenden Jahr rund 2500 Meter Strecke für den Radverkehr ertüchtigt werden. Das ist allerdings nur eine grobe Zielmarke. Gegebenenfalls könnten weitere Projekte umgesetzt werden, die bereits vorbereitet werden – es könne wegen der guten Auftragslage bei den Baufirmen aber auch zu Verzögerungen kommen, heißt es aus dem Rathaus.

Radweg entlang des Hengstenberg-Areals

Konkret geplant sind sechs größere Projekte. So soll ein gemeinsamer Geh- und Radweg entlang des Hengstenberg-Areals bis zur Mettinger Straße eingerichtet werden, Kostenpunkt: 240 000 Euro. Für rund 350 000 Euro will man die Fahrradstraße Hindenburgstraße aufwerten und mit neuen Markierungen versehen (siehe Infobox). Zudem ist geplant, den Geh- und Radweg zwischen dem zukünftigen Hochschul-Neubau und dem Gelände der Stadtwerke zu verlegen und damit das Baufeld für den Neubau frei zu machen. Das kostet voraussichtlich um die 300 000 Euro. Außerdem will die Stadt eine Busspur auf der Augustinerstraße für den Radverkehr freigeben und die alte Pliensaubrücke sanieren. Zudem ist geplant, die marode Brücke an der Mündung des Roßneckarkanals in den Neckar mit einem Neubau zu ersetzen.

Darüber hinaus hat man im Rathaus auch einige langfristigere Projekte im Visier, die im kommenden Jahr konkretisiert werden sollen. So werden derzeit die Verträge für die Mobilitätsstation am Bahnhof samt Fahrradparkhaus und Werkstatt angefertigt. Der Bebauungsplanentwurf für das Vorhaben liegt bereits öffentlich aus. Zudem treibe man die Planungen für die Einführung des Konzepts RegioRad Stuttgart voran. Auch die Pläne für eine sichere Querung der Maille für Radfahrer in Verlängerung der Wehrneckarstraße hat die Stadt auf der Agenda, ebenso den Neckaruferpark und den Champagne-Radweg entlang der Hohenheimerstraße – letztere Projekte können laut Stadtverwaltung voraussichtlich im Jahr 2020 realisiert werden. Außerdem will man neue Angebote für Radler an der Brückenstraße, der Mülbergerstraße, der Grabbrunnenstraße und an der Verbindung am Weißen Stein vorantreiben. Und zu guter Letzt hat man auch weitere Vorplanungen für den Radschnellweg im Blick – allerdings muss dieses Thema mit Land und Kreis abgestimmt werden.

Kritik von den Grünen und den Linken

Im jüngsten Ausschuss für Technik und Umwelt kamen die Vorhaben überaus gut an. In allen Fraktionen und Gruppen zeigte man sich höchst erfreut über das Paket, das für das nächste Jahr geschnürt wurde. Dennoch gab es auch einige Kritik. So bemängelten der Grünen-Rat Helmut Müller-Werner sowie Tobias Hardt (Linke), dass die Sanierung der Pliensaubrücke und die neue Brücke über den Roßneckar dem Radverkehr zugerechnet werden. „Ich kann nicht erkennen, was davon dem Radverkehr zugute kommt“, so Müller-Werner. Diese Projekte hätten nichts im Radverkehrs-Etat zu suchen. Er habe sich schon gewundert, dass so viel Geld in diesem Bereich eingeplant sei – aber wenn man diese Projekte abziehe, seien die Investitionen in den Radverkehr im kommenden Jahr dann doch nicht mehr ganz so hoch.

Zudem monierten der CDU-Rat Edward-Errol Jaffke und Eberhard Scharpf (Freie Wähler), dass trotz der Einrichtung der Fahrradstraße in der Hindenburgstraße von vielen Radlern immer noch die alte Route in der Plochinger Straße genutzt werde – auch, weil die entsprechenden Markierungen dort noch nicht entfernt worden seien. „Vielen ist wohl nicht klar, dass das kein Radweg mehr ist“, so Jaffke. Das sei sehr gefährlich. Dem stimmte der Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht zu: Man habe das Thema schon länger im Blick und wolle 2019 Umbaupläne dazu vorstellen.

Ungeachtet dessen zeigten sich Wallbrecht und die bei der Stadt für den Radverkehr zuständige Christine Locher in der Ausschusssitzung zufrieden mit den Projekten, die in diesem Jahr bereits umgesetzt wurden. Mit diesen sei Infrastruktur für Radler auf einer Strecke von insgesamt fast 2900 Metern bereitgestellt worden – zu Gesamtkosten von 444 000 Euro. Dazu gehörten unter anderem die Öffnung der Martinstraße in beide Richtungen für den Radverkehr, die Sanierung des Neckartalradwegs zwischen Röntgenstraße und Naturschutzgebiet oder die Einrichtung fahrradtauglicher Waldwege.

Verbesserungen für die Fahrradstraße

Nutzung: Insgesamt bezeichnet die Stadtverwaltung die Fahrradstraße als Erfolg. Der Radverkehr nehme auf der 2015 in ihrer Gesamtlänge von 1,85 Kilometern eingeweihten Strecke zu, während sich der Autoverkehr auf einigen Streckenabschnitten deutlich reduziert habe. Insgesamt liege der Anteil des Radverkehrs leicht über dem des motorisierten Verkehrs. Die Zahl der Unfälle insgesamt habe sich seit Einführung der Fahrradstraße halbiert, die Zahl der Unfälle mit Beteiligung von Radfahrern habe sich hingegen erhöht. Zudem habe sich die vormals unauffällige Kreuzung Olga-/Hindenburgstraße zu einem Unfallschwerpunkt entwickelt. Beschwerden und Auswertungen von Unfällen zeigen laut Stadt allerdings, dass viele Nutzer offenbar unsicher sind, welche Verkehrsregeln hier gelten.

Vorhaben: Um die Unsicherheiten auszuräumen, will die Stadt die Fahrradstraße mit neuen Markierungen versehen. So sollen etwa Kreuzungsbereiche komplett rot markiert, Haltelinien an untergeordneten Einmündungen sowie Abstandsmarkierungen zu den Parkplätzen angebracht werden. Auch Fahrradpiktogramme sollen aufgebracht werden. Zudem will man am Knotenpunkt Olga-/Hindenburgstraße eine Diagonalsperre einrichten, die die Durchfahrt geradeaus verhindern soll.

Entscheidung: Der Ausschuss für Technik und Umwelt stimmte den neuen Markierungen geschlossen zu. Die Freien Wähler lehnten aber die Diagonalsperre ab, weil sie Gewerbetreibende in dem Bereich behindere. Die Entscheidung darüber wurde auf nächstes Jahr vertagt.