Silvia Holzinger und Peter Haas. Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Wer sich seiner selbst vergewissern möchte, sollte die eigenen Wurzeln kennen. Doch die sind manchmal gar nicht so leicht zu finden - vor allem dann, wenn die Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte schmerzlich ist. So ist es auch dem Filmemacher Peter Haas ergangen. „In meiner Familie gab es keine Familienfeste, keine goldene Hochzeit, keine Einladung zum 80. Geburtstag“, erinnert sich der 51-Jährige, dessen Großvater Eduard Haas 1942 im Konzentrationslager Buchenwald von den Nazis ermordet wurde. „Die Familie kam nicht zusammen, und so haben wir uns und unsere Geschichten aus den Augen verloren.“ Weil er mehr erfahren wollte über seinen jüdischen Großvater, hat Haas zusammen mit seiner Partnerin Silvia Holzinger auf eigene Faust recherchiert. So entstand ihr Dokumentarfilm „Auf der Suche nach dem letzten Juden in meiner Familie“, den die beiden am morgigen Donnerstag ab 19 Uhr im Kommunalen Kino Esslingen zeigen. Anschließend gibt es ein Publikumsgespräch.

Gemeinsam mit seiner Partnerin hatte Peter Haas 2009 begonnen, systematisch in Archiven nach biografischen Spuren seines Großvaters zu forschen. Als sich die beiden auf den Weg machten, konnten sie nicht ahnen, dass ihre Spurensuche in Haas’ Familiengeschichte eine fünfjährige Reise werden sollte, die nicht nur für das Filmemacher-Duo Ungeahntes zu Tage förderte. „Die Idee, einen Dokumentarfilm mit meiner Familie zu machen, entstand schon früh“, erinnert sich Haas. Und er ergänzt: „Nicht wir haben uns für den Film entschieden - das Thema und die Forschung hat uns gepackt, und nach einem Jahr steckten wir schon so tief drin, dass wir nicht mehr umkehren konnten.“

Mit der Zeit fügte sich eines zum anderen - bis hin zu der Erkenntnis, dass Peter Haas’ Großvater vier Geschwister hatte. Um mehr zu erfahren, besuchten die Filmemacher Haas’ Cousinen und Cousins. „Mich hat die Haltung meiner eigenen Generation interessiert“, erklärt er. „Mich hat das Unwissen meiner eigenen Generation angezogen. Schließlich hat jeder von uns im Laufe des Lebens eine Haltung zum Holocaust und zu den Folgen in der eigenen Familie entwickelt. Aber darüber wird kaum gesprochen. Das ist ein beinahe unzugängliches Terrain, und es verbieten sich direkte Fragen.“

Doch die Beziehungen zu den zehn Cousinen und Cousins seien „mit der Zeit gewachsen und belastbarer geworden für die zahlreichen Zumutungen, die ich für sie bereithielt“. Bis auf einen Cousin haben sich alle vor die Kamera gewagt und der Veröffentlichung zugestimmt. Was es heißt, ein solches Projekt zu realisieren, und was sie für sich aus der gemeinsamen Arbeit mitgenommen haben, werden Silvia Holzinger und Peter Haas am Donnerstagabend im Filmgespräch mit Thomas Moritz Müller im Kommunalen Kino Esslingen erläutern. „Den Film gegen die inneren und äußeren Widerstände durchzusetzen, hat meine Partnerin und mich alle Kraft gekostet“, sagt Haas. „Ihn nun öffentlich zu präsentieren ist ein Akt der Selbstbehauptung, und ich hoffe, dass mich manchmal Mitglieder der Familie begleiten.“