Eher schwäbisch-bescheiden wirkt die Sporthalle von außen Foto: Bail - Bail

Mit ES-TV-Video: Knapp neun Millionen Euro flossen in die neue Multifunktionshalle in Weil. Dafür kann sich das Ergebnis auch sehen lassen.

EsslingenVon außen schwäbisch-bescheiden, von innen bombastisch: Oberbürgermeister Jürgen Zieger war vom „Überraschungseffekt“ der aufwendig sanierten Sporthalle in Weil bei der Einweihung am Samstag überwältigt. Knapp neun Millionen Euro wurden investiert. 3,2 Millionen Euro flossen aus einem Förderprogramm des Bundes. Aus der dunklen Sporthalle wurde eine bundesligataugliche Multifunktionshalle, die auch aufgrund des hohen energetischen Standards fast Neubauqualitäten hat. „Wir haben es geschafft“, feierte das Stadtoberhaupt die sportliche Leistung dieses Gelingens.

Aus Zuschussgründen musste das Bauvorhaben bis Ende dieses Jahres fertiggestellt und abgewickelt sein. Nahezu unlösbar. Doch: Alle haben in den eineinhalb Jahren „einen guten Job gemacht“. Im Februar 2016 kam der Förderbescheid. In einem gemeinsamen Kraftakt aller beteiligten städtischen Ämter, deren Mitarbeiter, Planungsbüro Glück und Partner sowie der Handwerksbetriebe wurde aus der einst überdimensionierten Sporthalle eine moderne Sportstätte, die in drei Einheiten unterteilt werden kann. Hinzu kamen drei weitere Gymnastikräume, was die Kapazität verdoppelt.

Jeden Tag wurden etwa 40 000 Euro verbaut. Der Aufwand hat sich gelohnt. Nicht nur optisch strahlt die große Halle mit dem orangefarbenen Boden und den zahlreichen Markierungen, die Handball, Volleyball, Basketball und Fußball und zahlreiche weitere Sportarten erlauben, etwas „wunderbar Freundliches aus“, wie der Oberbürgermeister betonte. Vor allem aber sollen dort Integration und Inklusion zielgerichtet ermöglicht werden. „Es geht nicht nur um den reinen Sport“, so Zieger. Die Angebote seien auch ein Teil der Sozial- und Integrationspolitik der Stadt, die stolz sei, so eine Infrastruktur zu schaffen. Dabei ist die Multifunktionshalle, übrigens die erste barrierefreie Sporthalle in Esslingen, gleichzeitig der erste Schritt für ein ganzes Paket, das im Umfeld der Halle entwickelt wird. Ein Sportpark und ein Bürgerpark sollen entstehen; Baubeginn ist im kommenden Frühjahr.

Ab Montag ist die Halle im Echtbetrieb. „Eine große Chance mit viel Luft nach oben“, so Jürgen Zieger. Dass sie diese Chance nutzen werden, machten die Sportlerinnen der Abteilung Rhythmische Sportgymnastik, die es seit 30 Jahren bei der Sportvereinigung (SV) 1845 gibt, auf sehr anmutige Weise deutlich. Auch wenn es bei der „Premiere“ noch rutschig und ungewohnt war, beim Bällewerfen wurde endlich nicht mehr die Decke getroffen. Auch die Fechtgruppe gab einen kleinen Einblick ins Sportfechten mit Florett und Degen sowie ins Rollstuhlfechten. Noch eine weitere Besonderheit hat die Fechtabteilung, wie Moderator Rafael Treite hervorhob. Abteilungsleiter Udo Zieger und seine Frau Ira, die Rollifechten trainiert, seien Musterbeispiele für das Ehrenamt.

Welche Bedeutung das Engagement von Abteilungsleitern und Trainern hat, die mit Herzblut dabei sind, wurde in der Talkrunde zum Thema „Sportsituation in Esslingen“ deutlich. „Wir brauchen die Motivation von Menschen, die ehrenamtlich tätig sind“, sagte Margot Kemmler, Vorsitzende der SV 1845. Dennoch sei mit der Kleinteiligkeit der Esslinger Vereine kein Blumentopf zu gewinnen. „Wir müssen Vereinsbünde schaffen“, so Kemmler, „um Kräfte zu bündeln.“ Es gebe immer weniger Ehrenamtliche, die Aufgaben für die verbleibenden würden zu viel. Deshalb bedürfe es hauptamtlicher Mitarbeiter. Auch OB Zieger hielt eine gewisse Vereinsgröße für den Spitzensport für notwendig. Es gelte, dass Vereine Dienstleistungen böten und Trainer fänden, die den Anforderungen gerecht würden. Aufgabe der Stadt sei es, eine entsprechende materielle Infrastruktur wie Hallen und Plätze zu schaffen. „Da sind wir auf einem guten Weg.“ Bürgermeister Markus Raab weiß durch den Sportausschuss das Thema in der Kommunalpolitik ernsthaft verankert. Als Mitglied des Sportausschusses und Vorsitzender des Sportverbands Esslingen betonte Ulrich Fehrlen, dass der Esslinger Sport besser als sein Ruf sei, auch wenn nicht die großen Publikumssportarten im Fokus stünden. Schließlich kämen Spitzensportler aus dem Breitensport.

Für Wolfgang Aichele, Vorstandsmitglied des FC Esslingen, ist es eine Frage des gegenseitigen Respekts und der Einsicht, dass es nur im Miteinander gehe. Für Spitzenleistung seien Hauptamtliche wie qualifizierte Trainer mit einer entsprechenden Vergütung notwendig, um Spieler an den Leistungssport heranzuführen.

Die Konkurrenz kommerzieller Sportanbieter bereitete den Talkgästen keine Sorgen. Schließlich biete der Verein auch Heimat, so Raab. „Wer Gemeinschaft sucht, wird in einen Verein gehen“, sagte Fehrlen. „Die Halle ist bundesligatauglich. Jetzt erwarte ich etwas vom Sport“, forderte Verwaltungschef Zieger, der zur Sportentwicklung befragt, Ernst Bloch zitierte: „Man muss immer ins Gelingen verliebt sein.“

Der Abschluss des offiziellen Teils gehörte denjenigen, die die Halle nutzen werden: Fußballkids des FC Esslingen ließen die Bälle zum coolen Sound des Deutschrappers „Fil da Elephant“ tanzen. Die Karate-Abteilung der Turnerschaft Esslingen lieferte den schlagenden Beweis, dass man, um einen Gürtel zu erreichen, eine gewisse Kampf-Choreographie aus verschiedenen Techniken beherrschen muss. Am Nachmittag gab es Schnuppertraining für Kinder und einen Bewegungsparcours.