Esslingens Stadtbücherei erzielt hohe Beliebtheitswerte, doch die Enge wird zunehmend zum Problem. Foto: Rudel Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier

Seit vielen Jahren ist es ein offenes Geheimnis, dass die Esslinger Stadtbücherei an ihre räumlichen Grenzen stößt. 2013 hat eine Machbarkeitsstudie Wege aufgezeigt, wie sich das Gebäude in der Heugasse fit machen ließe für die Zukunft - seither ist es still geworden um die Pläne für eine Bücherei-Erweiterung. Angesichts knapper Kassen spricht keiner mehr von einer großen Lösung. Und solange keine Grundsatzentscheidung über den künftigen Standort gefallen ist, lassen dringend nötige Modernisierungen im Bebenhäuser Pfleghof auf sich warten. Nun drückt die SPD-Gemeinderatsfraktion aufs Tempo und fordert eine Festlegung auf den aktuellen Standort in der Heugasse sowie Szenarien für die Stadtbücherei der Zukunft.

Wer durchs Gebäude geht, muss nach den Problemen nicht lange suchen: Der Platz ist knapp, ruhige Arbeitsbereiche lassen sich kaum von den belebten Publikumsflächen separieren - und dass eine Einrichtung, die an jedem Öffnungstag rund 1000 Besucher zählt, nicht problemlos barrierefrei nutzbar ist, bringt nicht nur Besucher mit körperlichen Handicaps auf die Palme. Häufig ist der Aufzug außer Betrieb, die Toiletten sind alles andere als einladend, die alte Brandmeldeanlage löst immer wieder falschen Alarm aus. Und dass die 27 Jahre seit dem Einzug vielfach Spuren hinterlassen haben, wird beim Rundgang durch das historische Gebäude offenkundig.

Weil all das lange bekannt ist, will die SPD-Gemeinderatsfraktion nun Nägel mit Köpfen machen. In einem Antrag unter dem Titel „Zukunft für die Stadtbücherei“ fordern der kulturpolitische Sprecher Richard Kramartschik sowie seine Kollegen Christa Müller und Klaus Hummel einen Grundsatzbeschluss für den Standort in der Heugasse. Andere Standorte sollen nicht weiter verfolgt werden. Begründung: „Die Stadtbücherei ist ein wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Infrastruktur der östlichen Altstadt. Sie bringt für diesen Besucherfrequenz und damit auch Kunden für Einzelhandel und Gastronomie.“

Der Kulturausschuss hatte vor Jahresfrist beschlossen: „Dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen in der Hauptstelle der Bücherei sind in den Jahren 2016 bis 2018 durchzuführen.“ Im Betriebsausschuss der Städtischen Gebäude Esslingen (SGE) wurde zuletzt im April über notwendige Instandhaltungen berichtet. „Dabei wurde wieder deutlich, dass notwendige, aber teure Maßnahmen erst nach einer Grundsatzentscheidung über die Zukunft der Stadtbücherei sinnvoll sind“, erklärt die SPD und beantragt deshalb, „bis spätestens in der übernächsten Kulturausschusssitzung eine Entscheidung zu treffen, damit neben den notwendigen Instandhaltungen auch die dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen angegangen werden können“.

Konzepte von minimal bis maximal

Bis März 2017 erwartet die SPD „mindestens vier Varianten für eine Sanierung und bauliche Erweiterung“. Die Bandbreite der Vorschläge soll von einer Sanierung im Bestand ohne Flächenerweiterung bis zur maximal möglichen Erweiterung inklusive des Nachbargebäudes, das der Stadt schon gehört, reichen. Für jede Variante werden Flächenangaben, Kostenschätzungen sowie eine Pro-und-Contra-Bewertung aus Nutzersicht erwartet. Außerdem beantragt die SPD, die Stadtverwaltung möge bis Ende März 2017 „ein inhaltliches Konzept für eine zukunftsfähige Stadtbücherei inklusive des vorhandenen dezentralen Angebots in den Stadtteilen Berkheim und Zollberg und dem Bücherbus vorlegen“.

Die Stadtbücherei im Kurzporträt

Geschichte: Die Esslinger Stadtbücherei wurde 1921 gegründet. Seither war sie in unterschiedlichen Gebäuden der Innenstadt untergebracht - seit 1989 hat die Bücherei-Hauptstelle ihren Platz im Bebenhäuser Pfleghof in der Heugasse. Der damalige Kulturbürgermeister Dieter Deuschle hatte sich in den 1980er-Jahren für eine große Lösung stark gemacht. Von dieser weitsichtigen Entscheidung des damaligen Gemeinderats profitiert die Esslinger Stadtbücherei noch heute. Außerdem gibt es in Berkheim eine Zweigstelle, die mit Unterstützung zahlreicher ehrenamtlicher Kräfte betrieben wird. Für diejenigen, die nicht so einfach in die Stadtbücherei kommen können, tourt regelmäßig ein Bücherbus durch die Stadtteile.

Gegenwart: An jedem Öffnungstag nutzen rund 1000 Besucher die Angebote der Bücherei-Hauptstelle. Jährlich werden dort etwa eine Million Bücher, Zeitschriften, CDs und DVDs verliehen. Aktuell stehen ungefähr 1800 Quadratmeter Publikumsfläche zur Verfügung. Damit rangiert Esslingen im landesweiten Vergleich der Städte ähnlicher Größe nur noch auf dem drittletzten Platz.

Zukunft: Wollte die Esslinger Stadtbücherei im Landesvergleich einen Platz im soliden Mittelfeld erreichen, müsste die Publikumsfläche auf etwa 3200 Quadratmeter erweitert werden. Eine Machbarkeitsstudie hat nachgewiesen, dass das am aktuellen Standort möglich wäre.