Professor Stefan Wagner führt den Gästen im Forschungslabor die neue Presse samt digitalem Zwilling vor. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Um die Studierenden der Hochschule Esslingen auf die Industrie 4.0 vorzubereiten, hat die Göppinger Firma Schuler eine Umformpresse samt digitalem Zwilling spendiert.

EsslingenWenn die Techniker der Firma Schuler früher eine neue Presse angefahren haben, ging das nicht ohne den Einsatz von Schraubenschlüssel und Hammer. „Heute braucht man nur noch ein Notebook dazu und muss gar nicht mehr direkt an die Maschine ran“, erklärt der Schuler-Vorstandsvorsitzende Domenico Iacovelli. Um die Studentinnen und Studenten der Hochschule Esslingen am digitalen Fortschritt teilhaben zu lassen und sie auf die Herausforderungen der Industrie 4.0 vorzubereiten, hat das Göppinger Traditionsunternehmen der Hochschule eine neue Presse spendiert. Die kommt allerdings nicht alleine daher. Das Großgerät, das jetzt im Labor für Umformtechnik und Zerspanung der Hochschule feierlich in Betrieb genommen worden ist, hat einen sogenannten digitalen Zwilling. Der repräsentiert das reale Objekt – also die Umformpresse – in der digitalen Welt. Der Zwilling ermöglicht komplexe Simulationen und Analysen und ist für die Digitalisierung von Produktionsprozessen unerlässlich.

Da die Maschine auch digital zur Verfügung steht, „kann man alle Schritte simulieren und auch Ausfälle vorhersehen, rechtzeitig eingreifen und sie abwenden. Das sichert die Prozesssicherheit und damit die Produktivität bei den Kunden“, erläuterte der Vorstandsvorsitzende der Firma Schuler, der froh über die enge Zusammenarbeit mit der Hochschule ist. Denn Wissenschaftler des Virtual Automation Lab (VAL) der Hochschule Esslingen haben die Presse mit dem digitalen Zwilling ausgestattet. Doch dabei alleine soll es nicht bleiben. „In der Fakultät Maschinenbau bauen wir in den nächsten vier Jahren eine Smart-Factory-Testumgebung auf und richten damit einen modernen Industrie 4.0-Leitstand ein“, kündigte Sascha Röck, Leiter des VAL, an.

„Gerade in einer Zeit, in der sich die Technik schnell verändert, ist die Kooperation der Industrie mit der Wissenschaft in der Region immens wichtig“, betonte Domenico Iacovelli. Das sieht auch Professor Wilhelm Buckermann so. „Es ist nicht selbstverständlich, dass wir Geräte von diesem Wert und in dieser Größe geschenkt bekommen“, sagte der Prorektor für Digitalisierung und Kommunikation. Auf einer Reise durch Taiwan hat er kürzlich erlebt, dass die Digitalisierung von Produktionsprozessen zwar auch dort in aller Munde ist. „Technologisch sind wir aber immer noch um Jahre voraus.“ Um diesen Vorsprung zu halten, sei es aber wichtig, die künftigen Ingenieurinnen und Ingenieure an modernen Geräten auszubilden.

„Mit der neuen Presse und ihrem digitalen Zwilling sind wir an der Hochschule gut für die Zukunft gerüstet“, ist Wilhelm Buckermann überzeugt. Zudem profitiere auch die regionale Wirtschaft von modern ausgestatteten Forschungslaboren. „Denn die Unternehmen haben einen großen Nutzen, wenn ihre künftigen Mitarbeiter die Maschinen und Werkzeuge bereits kennen.“ Und das gilt nicht nur für den akademischen Nachwuchs, sondern auch für die Facharbeiterinnen und Facharbeiter.

„Da die Digitalisierung die Arbeitswelt komplett umkrempelt, ist es uns wichtig, dass sie auch an den beruflichen Schulen integraler Bestandteil der Ausbildung ist“, sagte Thomas Eberhard. Um vorne mit dabei zu sein, gibt es auch Kooperationen zwischen den Berufsschulen im Kreis und der Hochschule Esslingen. „Denn nur so werden wir den Strukturwandel bewältigen können“, ist der Dezernent für Infrastruktur und Bildung im Esslinger Landratsamt überzeugt.