Malinda Helmcke, Jana Oberbach, Marisa Mende und Fee Wielath (von links) tanzen nicht nur zusammen - sie sind auch die besten Freundinnen. Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier (Text) und Roberto Bulgrin (Fotos)

Wenn sie schwungvoll und mit großer Finesse übers Parkett fliegen, ist das Publikum hin und weg, denn die Tänzerinnen des Esslinger Ensembles Danza sind eine Klasse für sich. Ihre Choreografien sind mitreißend und sprühen vor Kreativität, und sie leben von der Begeisterung der etwa 30 jungen Damen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. Mit jeder Faser leben sie ihre Leidenschaft für den Showtanz, und wer ihnen zuschaut, würde kaum ahnen, wie viel Schweiß und Training, wie viel Kraft und Anstrengung, wie viel tänzerisches Talent und technisches Geschick vonnöten sind, damit diese tolle Truppe immer neue begeisternde Showtänze auf die Bühne bringt. Das hat sich längst herumgesprochen: Immer wieder setzt Danza bei hochkarätigen Veranstaltungen Akzente. Demnächst dürfen sich die Tänzerinnen mit den besten Ensembles der Republik beim Deutschen Turnfest in Berlin messen - der verdiente Lohn für all den Trainingsfleiß und die Leidenschaft, die die jungen Damen in ihre gemeinsame Arbeit investieren.

Wer mit den Danzas ins Gespräch kommt, spürt sofort, dass Tanzen für sie viel mehr ist als nur ein ganz normales Hobby. Sie haben den Rhythmus im Blut, die meisten stehen bereits seit Kindertagen auf der Bühne und fühlen sich dort wie zuhause. So wie Malinda Helmcke, die sich noch gut daran erinnert, wie der Funke bei ihr übersprang: „Ich habe als Kind eine Aufführung des Esslinger Sporttheaters gesehen und war sofort elektrisiert. Am nächsten Tag ließ ich mich dort anmelden.“ Seither ist die heute 21-Jährige dabei, und sie kann sich nichts Schöneres vorstellen. Viele von Malindas Mit-Tänzerinnen fanden genau wie sie über die Esslinger Karnevalsfreunde und deren Sporttheater den Weg zum Showtanz: Während der närrischen Kampagne machten die Karnevalsfreunde mit ihren Tanzensembles immer schon Furore, und weil viele der Gardemädchen das ganze Jahr über tanzen wollten, gründete ihre damalige Trainerin Karin Diederichs das Esslinger Sporttheater. Inzwischen wird in dieser Talentschmiede der Karnevalsfreunde in verschiedenen Altersgruppen getanzt - die Tanzkinder sind die jüngsten, die Danzas sind die erfahrensten und versiertesten Tänzerinnen. Und die Übergänge fließen: Manche von denen, die sich bereits als Kinder aufs Parkett gewagt hatten und seit Jahren dabei sind, geben ihr Können nun als Trainerinnen weiter.

Keine darf aus der Reihe tanzen

Apropos Training: „Ohne unsere Trainerin geht gar nichts. 30 Mädels unter einen Hut zu bekommen, ist gar nicht so leicht“, weiß Marisa Mende (21) - und die anderen stimmen ganz selbstverständlich in dieses ungeteilte Lob mit ein. Das freut Steffi Kovacic, die inzwischen fortführt, was Karin Diederichs einst begonnen hatte. Zweimal die Woche bittet sie zum Training in den Alten Pferdestall in der Esslinger Martinstraße, wo die Karnevalsfreunde ideale Trainingsbedingungen für ihre Garde- und Showtanzgruppen anbieten. Und Kovacic, die tagsüber als Lehrerin an der Plochinger Panoramaschule unterrichtet, weiß auch, was sie an ihren Danzas hat: „Das sind ganz feine junge Frauen, die prima miteinander harmonieren. Anders könnte das alles nie in dieser Perfektion funktionieren. Diese anspruchsvollen Choreografien, wie wir sie bieten, sind nur möglich,

wenn sich alle blind aufeinander verlassen können. Wenn auch nur eines der Mädchen aus der Reihe tanzt, funktioniert die ganze Nummer nicht mehr richtig.“

Doch davon kann bei Danza keine Rede sein. Ein Rädchen greift wie selbstverständlich ins andere, und die jungen Damen haben sichtlich Spaß daran, zusammen mit ihrer Trainerin immer neue Finessen und immer kniffligere Figuren in ihre Choreografien einzubauen. „Die große Kunst ist, alles so wirken zu lassen, als sei es locker und leicht“, weiß Steffi Kovacic. „Das Publikum soll nicht merken, wie viel Arbeit in jeder einzelnen Nummer steckt. Diese Perfektion lässt sich nur erzielen, wenn jeder Schritt unzählige Male geprobt wird. Die meisten kennen sich seit ihrer Kindheit. Wenn man so lange zusammen tanzt, geht vieles von selbst.“

Wer Showtanz auf diesem Niveau erfolgreich pflegen möchte, muss sein Leben zu einem guten Teil auf diesen Sport abstimmen. „Man muss sich schon darauf konzentrieren“, erklärt Fee Wielath (22). „Ich bin dabei, seit ich fünf Jahre alt bin - das ist mein ganz großes Hobby, dem viel von meiner Freizeit gehört.“ Zweimal die Woche wird auf jeden Fall trainiert, vor großen Wettkämpfen ist häufig noch ein dritter Abend nötig. Und dann kommen die Auftritte hinzu, die sich gerade in der Faschingszeit, wenn alle Ensembles der Karnevalsfreunde und des Esslinger Sporttheaters doppelt und dreifach gefragt sind, häufen. Doch auch übers Jahr bleibt kaum Zeit zum Durchschnaufen, weil ständig große Auftritte locken: Ob bei den Turngalas des Schwäbischen Turnerbundes oder im Europapark in Rust, ob bei der Eröffnung der Fußball-WM in Berlin, im Tigerenten-Club oder bei der Gymnastik-WM 2015, ob bei großen Kundenveranstaltungen internationaler Unternehmen oder im Bundeskanzleramt auf Einladung von Angela Merkel - überall hat Danza seine Visitenkarten abgegeben. Doch so schillernd die Liste auch bestückt sein mag: Die Einladung

zum Deutschen Turnfest an Pfingsten in Berlin ist für die jungen Damen ein Höhepunkt ihrer Karriere.

„Es ist toll, wenn man sich mit den 15 besten Showtanzgruppen in Deutschland messen darf“, findet Jana Oberbach (20). „Ganz egal, wie wir abschneiden - allein dabei zu sein ist schon eine große Ehre.“ Und Malinda Helmcke ergänzt: „Wir tanzen für unser Leben gern - das allein ist schon Ansporn genug. Aber wenn man auf der Bühne steht, beflügelt das noch viel mehr. Und jetzt wird das alles mit unserem Auftritt in Berlin sogar noch getoppt. Das ist der Wahnsinn.“ Für den es eigentlich nur noch eine Steigerung geben kann: den Titel „Showtanzgruppe des Jahres“, der am Ende winken könnte.

So wichtig wie der sportliche Erfolg ist für die jungen Tänzerinnen das Gemeinschaftsgefühl. „Wir freuen uns jedes Mal, wenn wir uns zum Training treffen“, sagt Marisa Mende. „Schon deshalb empfinden wir die Übungsabende im Alten Pferdestall nicht als lästige Pflicht, sondern bei aller Anstrengung als ein Vergnügen.“ Auch das ist ein Grund dafür, dass es für die allermeisten ganz selbstverständlich ist, über viele Jahre hinweg dabei zu bleiben. Und wie bringt man die Begeisterung fürs Tanzen mit den schulischen Verpflichtungen in Einklang? Das lässt sich für Marisa Mende leicht erklären: „Zum Tanzen gehört ganz viel Disziplin. Wer sich die erst einmal angeeignet hat, profitiert auch für sein übriges Leben davon. Man lernt, sein Leben besser zu organisieren und auf direktem Weg zum Ziel zu kommen.“ Und wenn es doch einmal zu viel werden sollte? „Leichtfertig hört niemand auf“, ist sich Fee Wielath sicher. „Und wenn trotzdem mal eine von uns nicht weitermachen kann, weil Schule oder Beruf dazwischenkommen, ist das jedes Mal ganz traurig - für die anderen, die weitermachen, aber auch für die, die geht.“ Schließlich teilen die jungen Frauen nicht nur die Liebe zum Tanz - sie sind über die Jahre auch die besten Freundinnen geworden. „Und wenn irgendwann mal eine von uns heiratet, haben wir uns bereits fest versprochen, dass wir bei jeder Hochzeit für das Brautpaar tanzen werden“, schmunzelt Malinda Helmcke.

Showtanz lebt vom Teamgedanken

Mit einer so begeisterten Truppe zu arbeiten, ist für Steffi Kovacic neben all der Arbeit auch ein Vergnügen: „Natürlich muss jemand von Zeit zu Zeit den Rhythmus vorgeben, doch bei uns funktioniert ganz vieles im Team. Wenn mir mal eine zündende Idee fehlen sollte, bin ich dankbar, wenn alle ihre Kreativität einbringen und wenn wir zusammen das bestmögliche Ergebnis erzielen. Showtanz lebt vom Teamgedanken - eine muss für die andere da sein. So macht das am meisten Spaß, und man erreicht die bestmöglichen Ergebnisse.“ 15 bis 20 aufwendige Choreografien haben die Danzas in ihrem Repertoire. „Und jeden dieser Tänze hat man irgendwo im Gehirn auf Abruf gespeichert“, sagt Malinda Helmcke und schmunzelt. „Wenn es sein muss, könnte man uns auch mitten in der Nacht wecken, und wir wären ganz rasch im richtigen Takt. Es reicht schon, dass man im Radio die ersten Töne einer Melodie hört, zu der wir eine Choreografie erarbeitet haben, und schon ist man in Gedanken wieder in den einzelnen Figuren drin.“

Trotzdem ist solch ein Auftritt vor großem Publikum natürlich etwas ganz anderes als die regelmäßigen Trainingsabende im Karnevalsfreunde-Zentrum in der Martinstraße. „Am spannendsten ist es, wenn man nicht nur einzelne Nummern aufführt, sondern ein ganzes Programm präsentiert“, verrät Steffi Kovacic. „Für jeden Tanz haben wir ein eigenes Kostüm - da muss es hinter der Bühne zwischen den Nummern möglichst fix gehen. Doch auch da hilft eine der anderen.“ Und wie steckt man den ganzen Stress weg, den ein Auftritt mit sich bringt? „Der Nervenkitzel gehört dazu“, zeigt sich Fee Wielath ganz locker. „Man braucht auch ein bisschen Druck, um Höchstleistungen zu bringen. Der Druck kann manchmal ganz hilfreich sein.“ Und Malinda Helmcke ergänzt: „Wenn man monatelang an einer Nummer gefeilt hat, will man auch zeigen, was man kann. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man sein Bestes gibt und spürt, wie die Leute im Saal mit glänzenden Augen zuschauen. Für diese Momente macht man das alles.“