Chefkoch Foto: Roberto Bulgrin/bulgrin - Roberto Bulgrin/bulgrin

Mehr als nur Pizza und Pasta: Das italienische Restaurant überzeugt mit seinen ausgefallenen Gerichten.

EsslingenVereinsgaststätten sind für Gastronomen eine besondere Herausforderung. Gut und günstig muss das Angebot sein, dann läuft das Geschäft. Und im Schwabenland gilt diese Anforderung mehr denn je. Severo Mastrogiorgio geht mit einer anspruchsvolleren Küche einen eigenen Weg und hat damit – bisher zumindest – Erfolg. Im Februar 2018 hatte der 33-Jährige, dessen Familie aus Apulien im Süden Italiens stammt, der aber selbst in Kirchheim geboren ist, den „Sängerkranz I Tenori“ übernommen. In einer sehr schwierigen Zeit, wie der gelernte Koch erzählt. Vor ihm hatten dort zwei Italiener ihr Glück als Pächter versucht und waren nicht glücklich geworden.

„Es läuft gut. Ich bin zufrieden“, sagt Mastrogiorgio nach gut eineinhalb Jahren. Die Zahl der Gäste am Abend unseres Besuchs – es ist ein Freitag – bestätigt das. Mehr als die Hälfte der etwa 50 Plätze ist besetzt, was ganz ordentlich ist. Mit ein paar Investitionen hat der 33-Jährige versucht, ein bisschen mehr Flair in den riesigen Gastraum, der sich durch eine Trennwand unterteilen lässt, zu zaubern. An der einen oder anderen Stelle mag das gelungen sind. Aber es ist und bleibt eine Vereinsgaststätte, die den Charme der 70er- oder 80er-Jahre ausstrahlt. Aber das Ambiente ist das eine. Der erste Grund für das Kommen ist das Essen. Und das ist, um es vorweg zu nehmen, eine ganze Ecke besser und ausgefallener als das, was man von 08/15-Italienern gewohnt ist. Mastrogiorgio und sein Team servieren anspruchsvolle Gerichte, die auch von der Experimentierfreude des Kochs und seines Pizzabäckers zeugen, aber nicht gerade günstig sind. Zumindest gilt das für die Empfehlungskarte, die alle 14 Tage wechselt.

Bei der Vorspeise entscheiden wir uns für gebratene Austernpilze mit Garnelen und Ackersalat (11,90 Euro) und Miesmuscheln im Weinsud (14 Euro). Eine gute Wahl. Beides ein Gaumengenuss. Der Sud ist für empfindliche Esser vielleicht ein bisschen zu salzig, aber Austern und Garnelen sind sehr lecker angemacht. So kann es gerne weiter gehen.

Als Fleischgericht bietet die Empfehlungskarte geschmorte Ochsenbacke mit Kartoffel-Kürbis-Püree an (19,50 Euro). In Kombination mit der Marsalasoße ein Fest für die Geschmackssinne. Die Ochsenbacke sehr zart und damit ganz nach dem Gusto des Testessers. Bei der Pizza zeigt sich die Experimentierkunst der Köche. Mit 14 Euro ziemlich hochpreisig, dafür aber mit Zutaten, die man normalerweise nicht auf einer Pizza findet: Wirsing, Blumenkohl, Oliven und Salsiccia, die pikante Wurst aus Italien. Damit sich der Geschmack des Blumenkohls nicht zu sehr in den Vordergrund drängt, wird er fein geraspelt. Überraschung gelungen. Mal was ganz anderes als immer nur Pizza Capricciosa oder Prosciutto.

Neues ausprobieren und mit außergewöhnlichen Zutaten spielen – das macht Severo, wie ihn seine Stammgäste nennen, gerne. Seine Philosophie: „Deutsche Technik mit italienischer Einfachheit verbinden.“ Bei der Auswahl seiner Produkte geht der 33-Jährige keine Kompromisse ein. „Qualität ist das A und O“, sagt er.

Eigentlich passt nach so üppiger Kost nichts mehr in den Magen. Aber gerne lassen wir uns als Nachspeise zu einem Tartufo classico mit einem Schuss Baileys (6,90 Euro) überreden. Eine gelungene Abrundung. Dass sich der Besuch gelohnt hat, dazu haben auch die beiden Bedienungen beigetragen: immer aufmerksam und freundlich. Qualität hat natürlich ihren Preis. Inklusive der beiden Weine, einem Primitivo und einem weißen Traminer, kostet der Spaß 82 Euro. Günstig ist anderswo. Aber dieses Gaumenerlebnis haben wir uns gerne gegönnt.