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Seit zehn Jahren produziert Silke Hampel mit ihrem Modelabel „Die rote Zora“ faire Bio-Kleidung. Jetzt ist sie vom Stuttgarter Westen in die Esslinger Küferstraße umgezogen.

EsslingenBlau-weiß geringelt, rot-weiß getupft, geblümt, mit grafischen Mustern versehen oder uni: Die Stoffe, die Silke Hampel für ihre Kollektion auswählt, sollen nicht nur hübsch aussehen. „Ich achte darauf, dass sie aus Bio-Baumwolle sind, eine gute Qualität haben und unter fairen Bedingungen hergestellt werden“, erklärt die Gründerin des Modelabels „Die rote Zora“, die aber nicht Design, sondern Theologie studiert hat. Ihr Engagement in der kirchlichen Fairtrade-Bewegung hat sie auf die Idee gebracht, „dass das, was mit Kaffee funktioniert eigentlich auch in der Mode möglich sein muss“. Mit Stoffen, Schnitten, Garnen, Knöpfen und Nähten kennt sie sich seit ihrem 13. Lebensjahr aus. „Da ich in den 80er-Jahren aufgewachsen bin, wo die Mode ja eher grenzwertig war, hat mir meine Mutter damals einen Nähkurs geschenkt.“ Fortan hat Silke Hampel ihren eigenen Kleidungsstil kreiert und vor zehn Jahren in Waiblingen den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. „Da habe ich dann auch gleich eine Schneidermeisterin eingestellt.“ Zunächst war sie vornehmlich auf Messen und Märkten unterwegs. Vor sieben Jahren hat sich die rote Zora dann im Stuttgarter Westen mit einem Atelier niedergelassen und zudem einen Onlineshop eröffnet.

Den Stil ihrer Kreationen mit ein paar Worten zu beschreiben, das fällt Silke Hampel gar nicht so leicht. „Unsere Kleidung ist cool, schön, ausgefallen und langlebig.“ Und sie soll sich von dem abheben, was in der großen Modewelt gerade angesagt ist. „Wir sind unsere eigenen Trendsetter.“ So lehnt sich die Kollektion „Seemannsgarn“ zwar an den Marinelook an. „Aber wir interpretieren ihn ein wenig anders, sodass er sich vom klassischen Marinestil abhebt.“ Gerne kombiniert die Inhaberin verschiedene Muster miteinander. „Ich liebe den Material– und Mustermix, und ich liebe Grüntöne und vor allem die Farbe Petrol.“ Die Schnitte, die Schneidermeisterin Eileen Domning anfertigt, seien zwar eher auf sportliche Figuren zugeschnitten. „Aber wir arbeiten in den klassisch deutschen Größen von 34 bis 46 bei den Frauen und von Größe 48 bis 58 bei den Männern“, erklärt die Designerin. „Denn diese S-M-L- und XL-Größen, die man heute überall findet, sind überhaupt nicht genormt.“

Ursprünglich hatte die rote Zora nur Frauen im Blick. „Aber viele Männer haben uns bequatscht, dass wir auch mal was für sie machen.“ Für die Männerklamotten wählen Silke Hampel und ihre Mitarbeiterin zwar gedecktere Farben. Doch auch dort lautet die Devise: Nur nicht langweilig sein. So kommt etwa der marinefarbene Bootsmannpulli mit einem blau-weiß geringelten Innenkragen und einer blau-weißen Zugkordel daher.

Zur Philosophie der Firmengründerin gehört es, alles selbst zu machen – vom Design über den Schnitt bis hin zur handwerklichen Produktion vor Ort. Zudem wird die Kollektion nicht ständig gewechselt. „Man bekommt die Sachen auch noch im nächsten Jahr oder kann sich ein dazu passendes Teil kaufen.“ Damit die Kundinnen und Kunden sehen, wie ein Kleidungsstück entsteht, ist es Silke Hampel wichtig, dass Verkauf und Produktion direkt nebeneinander liegen. Diese Voraussetzung hat zwar auch ihr früheres Domizil erfüllt. Doch im Stuttgarter Westen war „Die rote Zora“ ein bisschen ab vom Schuss. Da die Inhaberin des Modelabels merkt, „dass sich das Bewusstsein seit einigen Jahren deutlich verändert hat“ und immer mehr Leute auf fair produzierte sowie regional hergestellte Produkte Wert legen, hatte sie sich in der Landeshauptstadt auf die Suche nach einem zentraler gelegenen Atelier gemacht. „Aber in Stuttgart findet man nichts, was sich ein kleines Label wie unseres leisten kann.“ Zudem muss die Zusammensetzung der Laufkundschaft stimmen. „In eine Gegend, in der nur Ladenketten sind, brauche ich erst gar nicht zu gehen“, sagt die Designerin. Eine Mitarbeiterin schlug vor, sich doch mal in Esslingen umzuschauen.

Da Silke Hampels Mann vor vielen Jahren an der Hochschule studiert hat, kannte sie zwar die Stadt. „Mir war aber nicht bewusst, wie viel sich hier seither getan hat.“ Dass die Wahl auf einen Laden am Anfang der Küferstraße gefallen ist, hat nicht nur mit dem großen Schaufenster, sondern auch mit den Kolleginnen und Kollegen zu tun, die am Ende der Straße in der Nähe des Wolfstors arbeiten. „Auch Wasni produziert handwerklich, stellt etwas Besonderes und eben keine Massenware her. Damit ist hier das Publikum vorhanden“, erklärt Silke Hampel, die auch die direkte Nachbarschaft zum Esslinger Weltladen sowie das „kreativ-handwerkliche Flair“ der Neckarstadt insgesamt schätzt. „Wir befruchten uns gegenseitig“, ist sie überzeugt. Gerade in Zeiten, in denen der Online-Handel zunehmend die Innenstädte bedroht, sei es wichtig, „dass der Inhaber geführte Einzelhandel das Besondere herausstellt“.

Die rote Zora bietet nicht nur fertig Genähtes, man kann auch Nähen lernen. Die meisten, die sich an die Maschine setzen, sind Anfänger. „Viele haben Bürojobs, wollen als Ausgleich mal was Kreatives machen und ausprobieren, ob ihnen das Nähen liegt.“ Macht sie sich mit diesem Angebot am Ende aber nicht selbst Konkurrenz? Silke Hampel schüttelt den Kopf. „Im Gegenteil, wenn die Leute mal merken, wie viel Arbeit in einem T-Shirt steckt, fängt es bei ihnen im Kopf an zu klickern“, hat sie beobachtet. „Denn dann verstehen sie, warum ein Kleidungsstück, das zu fairen Konditionen hergestellt wird, einfach seinen Preis haben muss.“