Die Geschichte dieses hungrigen Schädlings, der den immergrünen Buchsbäumen seit langem schwer zusetzt, erinnert an den Siegeszug der Reblaus. Diese reiste vor 150 Jahren von Nordamerika auf einem Dampfschiff gen Europa und vernichtete innerhalb von 20 Jahren zwei Drittel der Weinstöcke. Der ostasiatische Falter mit dem niedlichen Namen Buchsbaumzünsler gelangte über Pflanzenimporte im Jahr 2006 zu uns. Seitdem ist sein Raubzug ungebremst und die leuchtend grüne Raupe frisst systematisch die hiesigen Buchsbäume kahl. Von der Rheinebene aus eroberte der Schädling viele Gegenden in Südwestdeutschland, mittlerweile breitet er sich auch in Bayern, Österreich, der Schweiz, Frankreich und in den Niederlanden aus.
Der Schmetterling legt seine Eier gezielt auf den Blattunterseiten ab. Seine Raupe wird bis zu fünf Zentimeter groß und hat bis jetzt keine natürlichen Feinde. Pro Jahr können sich bis zu vier Generationen von Buchsbaumzünslern entwickeln, deshalb vermehrte sich der Schädling innerhalb weniger Jahre rasant. Ab Mitte März beginnen die Raupen, an den Buchsbäumen zu nagen und fressen in kurzer Zeit große Mengen an Blättern. Auch vor der Rinde machen sie nicht Halt. Da sich die Raupen vom Bauminneren nach außen fressen, erkennt man den Befall meist recht spät an dem feinen Gespinst der Larven. Diese nisten sich im Inneren der Zierpflanze ein.
Auch im Kreis Esslingen aktiv
Auch im Landkreis Esslingen treibt der Zünsler sein Unwesen. In den Grünflächen der Stadt Esslingen seien bis zu 80 Prozent der Buchspflanzen betroffen, verrät Burkhard Nolte, Leiter des kommunalen Grünflächenamts, und er erklärt: „Nur in intensiv genutzten Anlagen und Parks werden alte, historische Buchse durch regelmäßiges Spritzen erhalten, auch die Kübelpflanzen. Sollte eine Bekämpfung hier keinen Erfolg mehr zeigen, ist sicher über einen Ersatz nachzudenken.“ Alternativpflanzen seien zum Beispiel die Eibe oder der Ilex crenata. „In Nebenanlagen und nicht so intensiv genutzten Parks werden abgestorbene Buchse nicht mehr ersetzt. Auf die Frage, wie man befallene Pflanzen richtig entsorgt, entgegnet Nolte: „Die befallenen Pflanzenteile kann man im Restmüll entsorgen.“
Hansjörg Güthle vom Esslinger Landwirtschaftsamt empfiehlt, abgestorbene Buchse zu den Reisigplätzen zu bringen. Dass im Landkreis ein so hoher Befall herrsche, liege an den fehlenden natürlichen Feinden des Zünslers, so Güthle. Eine Bekämpfung wie beim asiatischen Laubholzkäfer, den die EU als Quarantäneschädling eingestuft habe, sei bei diesem Insekt nicht gegeben. Der Buchsbaumzünsler ist für Menschen ungefährlich.
„Der Aufwand bei der Bekämpfung des Buchsbaumzünslers ist enorm hoch. Das kann man den Kunden nicht mehr zumuten“, berichten Richard und Daniel Messerle. Der beliebte Buchs nahm bei der Baumschule Messerle in Hochdorf rund fünf Prozent des Gesamtanbaus ein. Nur wer ständig am Ball bleibe, könne seine Buchsbäume schützen, sagt Messerle und rät zu einem frühen Schnitt im April, dem regelmäßigen Absammeln der Larven, zu zweimaligem Spritzen mit ökologischen Mitteln in der zweiten Aprilhälfte sowie Anfang Juli und einem weiteren Schnitt im September. „Das Ziel ist, die Raupen vor dem Überwintern zu erwischen. Den Schädling kann man aber nicht mehr ausrotten“, betonen Messerle senior und junior. So haben sie seit diesem Jahr den Buchsanbau drastisch reduziert und sich auf Alternativpflanzen konzentriert. „Der Buchsbaum wird seit 2005 zudem von einer Pilzkrankheit bedroht, die für das Absterben der Triebe sorgt“, sagt Richard Messerle und präsentiert Ausweichpflanzen wie die buchsblättrige Stechpalme mit Namen Ilex, die immergrüne filigrane Lonicera aus der Familie der Geißlätter und die robuste Eibe. Diese Pflanzen stehen nicht auf der Speisekarte des Buchsbaumzünslers. Die Baumschulinhaber laden am Sonntag, 8. Oktober, zum Gewerbe- und Familientag in die Baumschule Messerle im Aspenhof 1. Von 13.30 Uhr bis 14.30 Uhr beantwortet dort ein Pflanzendoktor Fragen rund um Pflanzenprobleme.
Interview mit der Phytomedizinerin Heike Schäfer
Die Agrarwissenschaftlerin Heike Schäfer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Phytomedizin an der Universität Hohenheim. Dieses beschäftigt sich mit der Gesunderhaltung von Pflanzen, um die Erträge zu sichern. Dabei steht auch die Schädlingsbekämpfung an Kulturpflanzen im Mittelpunkt. Heike Schäfer spricht über die Bekämpfung des Buchsbaumzünslers und über andere „neue“ Insekten, die unsere Pflanzen bedrohen.
Welche Schädlinge sind erst in den letzten Jahren aufgetaucht?
Heike Schäfer: Von der EU wurden zum Beispiel der Citrusbockkäfer oder der asiatische Laubholzkäfer als Quarantäneschädlinge eingestuft. Beide Insekten gibt es erst seit ein paar Jahren bei uns. Die EU hat strenge Einfuhrvorschriften und Meldepflichten verordnet, nach denen die Wirtspflanzen genau kontrolliert werden müssen. Beim Eichenprozessionsspinner, der seit 1995 stärker auftritt, gilt nach der europäischen Verordnung sogar eine Notfallsituation, da sein Gespinst beim Menschen schwere allergische Reaktionen auslösen kann. Die Kastanienminiermotte kennen wir seit 1984 und der Maiszünsler wurde schon um 1910 eingeschleppt.
Wie kann man solche Schädlinge wieder loswerden?
Heike Schäfer: Gegen den Maiszünsler werden häufig Schlupfwespen eingesetzt oder auch chemischer Pflanzenschutz. Die Eichenprozessionsspinner bekämpft man mit gezielten Spritzaktionen. Gegen die Kastanienminiermotte unternimmt man nichts, da die Bäume durch die Motte nicht absterben. Zur Bekämpfung des Buchsbaumzünsler sind mittlerweile mehrere ökologische Präparate zugelassen, die in der zweiten Aprilhälfte und in der ersten Julihälfte gespritzt werden können. Zum Beispiel mit Dipel ES oder mit dem schon länger empfohlenen NeemAzal-T/S. Die Mittel haben toxische Wirkung auf die Raupen und die Larven. Auch sollten die befallenen Bäume zweimal im Jahr geschnitten werden. Die Triebe dürfen nicht auf dem Kompost, sondern sollten im Haumüll entsorgt oder verbrannt werden.
Wie sieht es mit natürlichen Feinden aus?
Heike Schäfer: Verschiedene Firmen bieten zum Beispiel Nematoden an gegen den Buchsbaumzünsler. Das sind Fadenwürmer, die als Pulver im Gießwasser auf die Pflanzen gegossen werden. Sie geben ein Bakterium ab, das die Larve abtötet. Die Bekämpfung mit Schlupfwespen zur Parasitierung der Eier funktioniert beispielsweise beim Maiszünsler gut, beim Buchsbaumzünsler befindet sich dies aber noch im Versuchsstadium.
Von Gerlinde Ehehalt