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Der Bürgerausschuss Innenstadt will zwar einen Radschnellweg. Aber nicht im geplanten Neckaruferpark. Die Fahrradaktivisten hingegen wollen nicht durch die Stadt.

EsslingenBeide Projekte sind noch am Werden. Aber schon in den Geburtswehen liegen der geplante Radschnellweg von Reichenbach nach Stuttgart und der Esslinger Neckaruferpark auf Kollisionskurs. „ Ja, wir sind für den Radschnellweg“, betont Barbara Frey, Vorsitzende des Bürgerausschusses Innenstadt. „Aber wir sind nicht für die Variante durch den äußerst schmalen Neckaruferpark.“ Für die Radaktivisten wiederum ist eine kreuzungsfreie Verkehrsführung am Neckar entlang die Grundlage dafür, noch mehr Berufspendler zum Umsteigen von vier auf zwei Räder zu bewegen.

Man sei „wie vom Donner gerührt gewesen“, als der Ausschuss für Technik und Umwelt am 13. Mai einstimmig beschlossen hatte, die Trassenvariante 4 für den Radschnellweg prüfen, bewerten und weiterentwickeln zu lassen. Das hat der Bürgerausschuss jetzt den Gemeinderäten mit der Aufforderung zur Rückbesinnung geschrieben. „Die Radwelle schwappt in die Parkplanung und zurück bleibt ein Parktorso, dessen zentrale Funktion ein Radschnellweg mit Straßenbegleitgrün ist“, so die Bilanz von Frey.

Denn mit seiner Entscheidung habe sich der Ausschuss schon im Vorfeld auf die Kombi-Variante 4 festgelegt. Sprich: Der Radler hätte im Esslinger Stadtgebiet zunächst zwei parallel verlaufende Streckenabschnitte zur Wahl. Einer führt über die Fahrradstraße in der Hindenburgstraße in die Stadt, der zweite geht entlang des Neckars. In der Stadtmitte werden sie dann wieder gebündelt und entlang des Flusses weitergeführt. Doch genau dort soll ja zwischen Pliensaubrücke und Einmündung des Rossneckars der neue Neckaruferpark entstehen. Das als mögliche Parkfläche gehandelte Areal ist ein 750 Meter langes und 25 bis maximal 40 Meter schmales Handtuch zwischen Fluss und Bahngleisen. So hieß es jedenfalls im Dezember, als die Stadt die Konzeptstudie für die Grünfläche vorstellte.

Der Bürgerausschuss Innenstadt hatte deshalb schon in seiner Stellungnahme im März zum Radschnellweg gefordert, dass die Stadt die beiden anderen Varianten ausbauen solle, die in der Machbarkeitsstudie des Landkreises aufgelistet sind. Schließlich sei der Neckaruferpark den Weststadtbewohnern schon seit Jahrzehnten als Erholungsfläche in Aussicht gestellt worden, da es in dem hoch verdichteten Wohngebiet kein Spiel- und Erholungsareal gebe. Das schmale Parkgebiet sei an der breitesten Stelle inklusive Böschung 28 Meter breit, an der schmalsten Stelle gerade einmal vier Meter. „Ein Radschnellweg, der nach den Vorgaben mindestens fünf Meter, mit Gehweg 7,50 Meter breit sein soll, würde aus einem dringend benötigten und lang versprochenen Erholungs- und Spielraum zu einem großen Teil einen Radschnellweg mit Straßenbegleitgrün machen. Dazu käme ein großes Sicherheitsrisiko für spielende Kinder und andere Parkbesucher“, hatte der Bürgerausschuss im März an Verwaltung und Gemeinderat geschrieben.

Umso mehr hat es Barbara Frey getroffen, dass der ATU dann im Mai „ausgerechnet diese Variante“ auf Umsetzbarkeit prüfen lassen will. Dabei verdanke diese Trasse ihre Empfehlung lediglich der verkehrstechnischen Machbarkeit. Naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen oder die städtebauliche Integration seien im Rahmen der Machbarkeitsstudie des Landkreises nicht untersucht worden. Zudem bringe Baubürgermeister Willfried Wallbrecht seit 20 Jahren auf die Forderung nach ausreichend Spiel- und Freiflächen für die Weststadt immer nur die Antwort, dass es dort keinen Flächen gebe, aber man ja den Neckaruferpark plane. 2019 habe die Stadt dann endlich das Gelände südlich von Gleis 8 von der Bahn erwerben können. Und endlich habe man sich auch an eine Planung für den Park machen können. Frey: „Doch nun wurde im Radfahr-Hype der Radschnellweg als Allzweckwaffe für die Mobilitätsprobleme entdeckt.“ Dabei gebe es keine Informationen darüber, wie viele Radler ihren Untersatz tatsächlich als Autoersatz nutzten. Wenn der Neckaruferpark seine Funktion als grüner Aufenthaltsraum für die Bürger erfüllen solle, könne das Ergebnis der anstehenden Untersuchung nur lauten: „Nicht geeignet für einen Radweg.“

Joachim Schleicher, Ansprechpartner des ADFC für das Esslinger Stadtgebiet und Mitglied des Bündnisses Esslingen aufs Rad, betont indessen, dass es sehr wohl Zahlen darüber gebe, wie viele Radler ihren Untersatz als Verkehrsmittel nutzen. Auch bezweifelt er die von Frey genannten Zahlen bezüglich der Breite des des Parks an.

„Wir wissen, dass wir in diesem Bereich einen Zielkonflikt haben“, so Baubürgermeister Wallbrecht. In der letzten Gemeinderatssitzung hat das Gremium die Entwurfsplanung für den künftigen Park an ein Nürnberger Landschaftsarchitekturbüro vergeben. Die Planung soll sowohl den Radschnellweg als auch die bisherigen Gedankenspiele für den Park berücksichtigen, die ja Ergebnisse eines Wettbewerbs waren. „Wir verhandeln nach wie vor mit der Bahn, ob wir nicht doch noch mehr Fläche erwerben können“, berichtet Wallbrecht. „Ursprünglich wurde uns ein doppelt so breiter Streifen zugesagt.“ Er hofft, dass man einen für beide Seiten gangbaren Weg findet. Aber für ihn ist die Radschnelltrasse durch den neuen Park gesetzt. Es sei denn, sie wäre dort wirklich gar nicht unterzubringen.